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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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und unverwandt in seine Augen
geschaut. Um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich zurück war, das wusste
er. Der Lukas, den sie kannte. Der, von dem sie noch immer glaubte, dass es der
Echte war.
    Seine eigenen
Erinnerungen an die Transformation beschränkten sich auf Schmerzen und einige
wenige, bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Bilder. Er hatte nur eine
theoretische Vorstellung davon, was Tony erlebt hatte. Er schwankte zwischen
dem Reflex, sich ihr zu Füßen zu werfen und sie um Verzeihung zu bitten und dem
Drang sie auszufragen.
Scham hielt ihn von Letzterem zurück und Entschuldigungen wollte sie keine
hören. Sie bestand darauf, dass sie gewollt hatte, was geschehen war und dass
es ihr gut ging. Nur hin und wieder, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, fing er
einen Blick auf, aus den Augenwinkeln, der anders war. Fragend und
nachdenklich.
Oder bildete er sich das nur ein?
Sie hatte den Dämon gesehen, den er selbst am liebsten verleugnen wollte. Wie
könnte sie ihn jetzt nicht anders ansehen als zuvor?
    Kaum zu glauben,
dass diese Gedanken ihn noch vor wenigen Stunden so sehr beschäftigt hatten.
Wie sehr hatte er sich doch von bedeutungslosen Sorgen und kleinlichen Ängsten
beherrschen lassen. Mit Freunden würde er jetzt alles tun, was Tony sich wünschte
– wenn sie nur zu ihm zurückkehrte!
    Das Handy in
Lukas Jackentasche vibrierte bereits seit einer ganzen Weile, als Lukas sich
dessen bewusst wurde. Zweifellos hatten seine Eltern bemerkt, dass er fort war
und machten sich Sorgen. Als spielte es eine Rolle, ob er heute oder in ein
paar Wochen abtrat. Ein Bluttrinker, der seine Gefährtin verlor, war tot!
Johanns und Noras Bemühungen, diese schlichte Wahrheit zu verdrängen,
verstärkten Lukas gereizte Stimmung.
    Das Handy
klingelte hartnäckig und schließlich zog er es aus der Tasche.
Jans Nummer. Großartig! Vermutlich hatte Christopher, wenn er schon nichts
Neues über Thomas Verbleib zu vermelden hatte, Jan damit aufgemuntert, dass er,
Lukas, auf die gleiche Art draufgehen würde.
Natürlich lag der Verdacht nahe, dass die beiden Entführungen in Zusammenhang
standen. Johann hatte seine Leute darauf angesetzt, wer Lukas und Tony
unbemerkt von Köln nach Klarenberg gefolgt sein könnte.
    Warum wollte Jan
ihn überhaupt sprechen? Bluttrinker neigten nicht grade zur Gründung von
Selbsthilfegruppen.
Das Handy summte wie ein verärgerter Bienenschwarm. Ein nerviges Geräusch.
Lukas erhob sich schwerfällig, während er das Gespräch entgegennahm.
„Ja?“
„Lukas?“, fragte Jans atemlose Stimme. „Lukas, du musst mir einen Gefallen tun!
Hörst du?“
Oh nein, Jan, bitte nicht! Keine Appelle an meinen Lebenswillen, nicht
ausgerechnet von dir! Seine Antwort klang unfreundlicher als beabsichtigt. „Was denn?“
„Christopher geht nicht ans Telefon. Du kannst doch deinen Vater direkt erreichen,
oder?“
„Was willst du denn von Johann?“ Nicht, dass es Lukas an Verständnis für Jans
Verzweiflung mangelte. Aber nicht einmal Jeremias persönlich könnte ihnen im
Augenblick weiterhelfen.
„Er lebt, Lukas!“ Jans Stimme überschlug sich beinahe. „Er ist wieder da, ganz
plötzlich, als wäre er nie fort gewesen. Aber er ist furchtbar weit entfernt.
So weit war er noch nie von mir weg.“
    Lukas überkam ein
Schwindelgefühl. Er wechselte das Handy in die linke Hand, um sich mit der
Rechten an der Wand abzustützen. Jan redete weiter, gehetzt, wie ein Wasserfall.
„Die Entfernung ist so groß, dass ich nicht sagen kann, wo genau. Ich weiß nur
die Richtung.“
„Jan, hör mir zu!“ Lukas hatte sich inzwischen einigermaßen gefasst. „Ruf auf
jeden Fall im Hauptquartier an, bevor du irgendwo hinrennst.“
Im Hintergrund waren Schritte zu hören. Jan öffnete mehrere Türen. Dann hallte
seine Stimme in einem großen, leeren Raum wider.
„Was soll ich denen denn erzählen? Richtung Nordwest?“
„Jan!“ Lukas hörte das Piepen und Klacken sich automatisch öffnender Autotüren.
„Ich leihe mir Etiennes Mercedes. Ich fahre einfach der Nase nach.“
Eine Autotür fiel mit einem satten, schweren Geräusch ins Schloss.
„Auf der 61. Die Richtung stimmt nicht hundertprozentig, ist aber nah dran.“
„Okay!“ Lukas gab die halbherzigen Versuche auf, Jan zum Warten zu überreden. Er
lag ja nicht falsch. Die Blutsverbindung musste ihn letztlich zu seinem
Gefährten führen. Die Frage war nur, was erwartete ihn dort?
„Pass auf, ich bleibe mit dir in Verbindung.“ Lukas eilte die Treppen

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