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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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hinunter,
mehrere Stufen auf einmal. „Ich werde dich wohl nicht einholen können. Bis Köln
sind es knappe zwei Stunden. - Anderthalb“, berichtigte er sich, als er aus der
Eingangstür trat und sein Blick auf Noras signalrotes Cabriolet fiel.
„Lukas nein“, beschwichtigte Jan. „Du musst nicht Kavallerie spielen. Tony ist
bestimmt nicht begeistert ...“
„Dann haben sie es dir nicht gesagt?“ Lukas rutschte hinter das Lenkrad. „Tony
ist seit gestern verschwunden. Entführt. Ich kann sie nicht mehr spüren.“
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Lukas ließ den Motor aufheulen. Ungerührt
überfuhr er die rote Ampel an der Einmündung zur Hauptstraße, als Jan fragte:
„Ich nehme an, sie ist nicht vor einer knappen viertel Stunde wieder
aufgetaucht?“
„Nein. Thomas ist die einzige Spur, die ich habe.“

 
     
36
    Erneut stand
Vincente vor der schmiedeeisernen Tür, tief unter seiner Kirche. Das
Brecheisen, das er in den Händen wog, hatte er gestohlen. Von Walsers
sogenanntem ‚Sicherheitsdienst‘ . Die Entscheidung zu treffen, die ihn
hierher zurück führte, war eine Sache von Sekunden gewesen, nachdem er die
Fotos gesehen hatte.
Helmut musste die Bilder schon vor ein paar Tagen aufgenommen haben, vor dem
Klub, in dem dieser unglückliche Junge gearbeitet hatte. Der Junge, den sie
töten würden, sobald sie die Frau in ihre Gewalt brachten.
    Vincente hatte
sie sofort erkannt. Er erinnerte sich an alle Kinder, die er unterrichtet
hatte. Aber sie war weit mehr als ein Gesicht mit einem Namen dazu.
Antonia Lemberg. Tony, wie sie sich von ihren Mitschülern nennen ließ.Manche hatten andere Namen für sie gehabt. Freaky Tony oder Tony,
die Hexe . So nannten viele sie hinter ihrem Rücken. Einige auch ganz offen.
    Er würde in
seinem ganzen Leben nicht vergessen, wie sie in der kleinen Pause zu ihm kam,
diesen beschwörenden Blick. Es dauerte ein paar Minuten, bis er begriff, dass
es in der wirren Geschichte, die sie ihm erzählte, gar nicht um sie selbst
ging. Sie sprach von ihm. Von etwas, was sie gesehen hatte, in ihren Gedanken.
Und dass die Dinge, die sie in ihren Gedanken sah, eintrafen.
    Vincente
erinnerte sich noch viel zu gut an die Gänsehaut, die ihn überlief, während sein
Verstand ins Trudeln geriet.
Wenn er jemals so etwas wie Menschenkenntnis besessen hatte, dann sagte dieses
aufgelöste Mädchen vor ihm nichts als die reine Wahrheit!
Er erinnerte sich auch an die beiden anderen Schülerinnen, die, unbemerkt von
ihr, draußen im Flur herumlungerten und jedes Wort mithörten. Sie würden alles,
was sie mitbekamen, brühwarm weitererzählen. Das war unausweichlich.
Er versuchte, dem Mädchen einen Ausweg anzubieten. Hatte sie schlecht geträumt?
Nahm sie womöglich irgendwelche Medikamente?
Sie ließ sich nicht beirren, redete weiter auf ihn ein. Ihm blieb nichts übrig,
als seine ganze Autorität zusammenzunehmen und sie wegzuschicken. Mit dem Rat,
sich gründlich auszuschlafen.
Was hätte er sagen sollen?
Das Auto stehen zu lassen, wie sie es so vehement verlangt hatte, war völlig
ausgeschlossen. Natürlich bemerkte er, dass einige ihrer Klassenkameraden ihn
beobachteten, als er die Schule verließ. Also setzte er sich in seinen Golf und
fuhr davon, obwohl seine Hände zitterten.
    Nachdem er um ein
paar Ecken gebogen war, fühlte er sich ruhiger. Ohne den Anblick ihres ernsten
Gesichts und ihrer fiebernden Augen kamen ihm seine eigenen Bedenken lachhaft
vor. Wenigstens hatte er sich nichts anmerken lassen.
    Vor ihm lag die
Kreuzung mit der Durchgangsstraße. Von Weitem sah er, wie die Ampel auf Grün
sprang. Wenn er jetzt Gas gab, ein wenig mehr, als innerorts erlaubt, konnte er
es noch innerhalb der Grünphase schaffen, das wusste er. Schließlich fuhr er
die Strecke jeden Tag. Vincentes Fuß senkte sich fast automatisch auf das
Gaspedal. Es war wenig Verkehr, wie üblich zu dieser Tageszeit. Vincentes Blick
fiel in den Rückspiegel. Er wusste nicht warum. Gleich erreichte er die
Kreuzung.
Da waren sie wieder, Antonias graue Augen, ernst, hilflos, vorwurfsvoll.
„Vater Vincente! Bitte! Sie werden sterben. Ich habe es gesehen!“ Er
würde sterben, weil sie es nicht geschafft hatte, ihn zu überzeugen!
    Vincente trat die
Bremse voll durch, wenige Meter vor der Kreuzung. Es reichte nicht mehr. Sein
Wagen schlingerte über die Haltelinie, mit quietschenden Reifen, und prallte
seitlich gegen den Lkw, der ungebremst die rote Ampel überfuhr.
    Vincente machte
sich, was das betraf, nie

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