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Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition)

Titel: Lebenslänglich Klassenfahrt: Mehr vom Lehrerkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Bielendorfer
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Acker in eine Schwulenbar mit Karaokemaschine geführt. Ich konnte sehen, wie Herr Jünschkes sich an seinem Bier verschluckte, Frau Möbus schlug ihm zaghaft auf den Rücken, als hätte sie Angst, dass er nach den Erlebnissen des heutigen Tages vielleicht endgültig zerbrechen könnte. Doch dann schwang schon der knisternde Klang einer Gitarre durch den Raum, ein lang gezogener Ton schnitt surrend durch den Kunstnebel. Da stand der Junge, der seit einiger Zeit mein bester Freund war, wie immer die Kappe tief ins Gesicht gezogen, und hielt sich am Mikrofon fest.
    »The world was on fire and no one could save me but you«, hauchte er, und das Publikum erstarrte. Seine Stimme war so tief und schwer, so durchsetzt von Sehnsucht und Schmerz, dass es einer ganzen Nonnenschule zur unbefleckten Empfängnis gereicht hätte. Leider nicht nur der, auch ein Großteil der Männer um uns herum schossen fast Tränen der Rührung ins Gesicht, selbst der Kunstnebel schien einen kurzen Moment innezuhalten und stand regungslos im Raum.
    »Strange what desire will make foolish people doooooo«, seufzte Patrick in die Menge, die ersten Knie der Zuschauer schienen schwach zu werden, vor mir schloss sich ein kahl rasiertes Pärchen in die Arme. Patrick hatte noch nie erwähnt, dass er singen konnte, eigentlich hatte er noch nie erwähnt, überhaupt etwas zu können, in der Schule zeichnete er sich vor allem durch körperliche Anwesenheit aus, er war eher Mobiliar als Schüler. Doch in diesem Moment wurde mir klar, dass in dem Jungen, dessen halbes Gesicht in einem dauerhaften Schatten lag, viel mehr steckte, als man selbst beim zweiten Blick sehen konnte.
    Plötzlich stand Hanna neben mir, sie war in einer Wolke aus Kunstnebel herübergeschwebt, selbst in der stickigen Luft von Bernie’s Bounty funkelte sie wie ein Edelstein im Sonnenlicht.
    »Hör mal, der Patrick ist doch dein Freund, oder?«, flüsterte sie mir zu, vor uns fing Patrick gerade an, den Refrain zu singen, als würde Roy Orbison auf seinen Stimmbändern Rumba tanzen.
    »Ja«, murrte ich mehr, als dass ich sprach, in meinem Kopf klopfte eine Ader ungleichmäßig wie ein betrunkener Grünspecht.
    »Kannst du ihn mal fragen, ob er mal mit mir ins Kino geht?«
    Houston, wir haben ein Problem. Ein Leck in der Außenhülle. Wir verlieren Sauerstoff. Die Ader in meinem Kopf schien zu platzen, wahrscheinlich lief mir gleich Blut aus Nase und Ohren, ein kleiner, roter Springbrunnen der Traurigkeit. Ich versuchte zu atmen, doch der Kunstnebel drang wie flüssiger Zement in meinen Hals, ich lief rot an. Ich nickte mechanisch, als hätte mir jemand in den Nacken geschlagen. Was war ich nur für ein Trottel. Die ganze Zeit hatte ich damit verbracht, Rene Maurer in wechselnden Zungen zu verfluchen, weil er sich an Hanna ranmachte, und nun sah ich auf der Bühne den wahren Feind. Der Feind schnarchte nachts neben mir im Heizungskellerverlies. Der Feind war mein einziger Freund.
    »Super, das ist lieb«, sagte Hanna und schloss ihre Arme kurz um mich, ein distanziertes Zeichen von Dank, wie das Tätscheln der Wange unter Mafiabossen. Als sie wieder im Kunstnebel verschwand, stand ich an die Wand gelehnt wie zu steif gebügelt, kein Muskel konnte sich regen, mein Körper war ein Mahnmal der Enttäuschung.
    »The world was on fire«, sang Patrick erneut, und er ahnte noch gar nicht, wie sehr er noch in dieser Nacht recht bekommen würde.

Heiße Träume
    Dafür, dass unser Zimmer die sympathische Anmutung einer Vernehmungszelle in Abu Ghraib hatte, schlief ich in dieser Nacht tief und fest – vielleicht auch weil Korn- Sprite und englisches Bier eine warme Decke der Verblödung über meine angespannten Synapsen gelegt hatten. Ich träumte, wie sollte es anders sein, natürlich von Hanna Sommer, doch die paar Verbindungen, die in meinem Schädel noch aktiv waren, reichten wohl nicht aus, um Hannas ganze Makellosigkeit abzubilden. Deshalb beschränkte sich mein Gehirn auf die wichtigsten Teile: Gesicht, Hintern, Brüste. Mein Gehirn war anscheinend ein Chauvinist, das sich ein eigenartiges Mischwesen aus Hannas prägnantesten Körperteilen zusammenträumte, das da im Kunstnebel der Karaokebar vor mir stand. Hanna winkte mir zu und nippte an ihrem Cocktail, um uns herum stand eine undefinierbare Menschenmenge, es roch anders – als in der Wirklichkeit – nicht nach billigem Herrenparfüm und Schweiß, sondern nach Rosen, als würde Gott eine ganze Blumenwiese auf uns regnen lassen. Für

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