Lebenslänglich
wollen Sie denn über Julia wissen?», fragte Nina.
«Hat sie es getan?»
«Die Ermittlungen haben gerade erst begonnen», erwiderte Nina. «Gibt es andere Tatverdächtige?» Nina schwieg.
«Sie müssen sich in einer wahren Zwickmühle befinden», sagte Annika. «Auch beruflich. Sie können sich ja nicht an den Ermittlungen beteiligen, das ist mir klar, und trotzdem …»
«Ich bin an dem Fall beteiligt, ob ich will oder nicht», unterbrach Nina Hoffman sie.
«Der Funkspruch kam bei mir an, und mein Kollege und ich waren als Erste in der Wohnung.»
Annika schaute auf.
«Es muss schwer für Sie sein, objektiv zu bleiben.»
Ein Paar neben ihnen brach unvermittelt in lautes Gelächter aus. Ein anderes Paar erhob sich und schob die Stühle geräuschvoll zurück. Annika legte ihr Besteck auf dem Teller zusammen.
«Objektiv?», fragte Nina.
Annika wartete, bis die Leute nebenan Richtung Ausgang verschwunden waren.
«Niemanden im Voraus zu verurteilen.»
«David wurde im Schlaf erschossen», sagte Nina. «Wir haben direkt neben dem Bett eine Waffe gefunden. Sie konnte der Täterperson bereits zugeordnet werden.»
«Uber Fingerabdrücke? Das ging ja schnell.»
«Es war noch einfacher. Bei der Pistole handelt es sich um Julias Dienstwaffe.»
Annika musste sich zusammenreißen, um nicht nach Luft zu schnappen.
«Woher weiß man das? Sehen die nicht alle gleich aus?»
«Die meisten Polizisten haben eine Sig Sauer 225. Aber jede Pistole trägt eine Waffennummer, die auf den Besitzer eingetragen ist.»
«Darf ich das schreiben?»
«Auf gar keinen Fall.»
Es wurde still zwischen ihnen. Die Gäste um sie herum standen auf und gingen.
«Was glaubt die Polizei, was mit Alexander ist? Lebt er?», fragte Annika, als die Stille allzu drückend wurde. «Hat es Sinn, dass die Öffentlichkeit in die Suche mit einbezogen wird?»
Nina Hoffman sah sie verkniffen an.
«Wir wissen nicht, ob Alexander noch lebt», sagte sie. «Bis auf weiteres gehen wir davon aus. Es ist also unbedingt nötig, dass die Öffentlichkeit wachsam ist.»
«Was könnte ihm passiert sein?»
«Er war eine Woche lang nicht im Kindergarten, Julia hat ihn krankgemeldet. Der Letzte, der ihn gesehen hat, war Erlandsson, der Nachbar in der darunterliegenden Wohnung. Er hat durch den Türspion geschaut und gesehen, dass Julia am Dienstagmorgen das Haus mit dem Jungen zusammen verlassen hat. Sie trug eine geblümte Stofftasche bei sich.»
«Und das darf ich auch nicht schreiben?»
Sie schwiegen eine Weile. Die Kellnerin räumte ihre Teller ab. Beide wollten keinen Kaffee, nur die Rechnung.
«Übrigens», sagte Annika, als sie mit Berits Geld bezahlt hatte und Nina Hoffman begann, ihre Sachen einzupa cken. «Wieso wird in diesem Fall von der Kripo ermittelt? Werden nicht alle Straftaten, die von Polizisten begangen werden, vom Disziplinarausschuss der Polizeileitung untersucht?»
«Julia hat vor ein paar Wochen ihren Dienst quittiert», sagte Nina Hoffman und stand auf.
Sie war groß, überragte Annika um einen Kopf.
«Tatsächlich?», sagte Annika. «Warum?»
Nina blickte sie an und wechselte das Thema.
«Ich kann mit Ihnen zur Bank gehen, wenn Sie wollen. Sie brauchen jemanden, der Ihre Identität bezeugt.»
Annika hielt mitten in einem Schritt inne und sperrte verwundert den Mund auf.
«Das würden Sie tun? Das wäre wirklich super.»
Schweigend gingen sie zur Bankfiliale an der Götgatan.
Die Schlange von Kunden, die in der Mittagspause schnell Geld holen wollten, hatte sich aufgelöst. Annika füllte einen neuen Auszahlungsschein aus und ging direkt an den Schalter zur Kassiererin mit den dicken Brillengläsern.
«So», sagte Annika. «Da bin ich wieder. Und jetzt will ich mein Geld haben.»
Nina Hoffman legte ihren Führerschein und ihre Dienstmarke neben den Auszahlungsschein.
«Ich kann die Identität dieser Frau bestätigen», sagte sie steif.
Die Bankangestellte verzog pikiert die Lippen und nickte kurz. Dann zählte sie 25 000 Kronen in Tausendern ab und reichte sie Annika mit einer knappen Handbewegung.
«Kann ich bitte ein Kuvert haben?», fragte Annika.
Die Kassiererin hüstelte.
«Sobald ich bei einer anderen Bank ein Konto eröffnet habe, komme ich wieder und löse meine Konten bei Ihnen auf», sagte Annika, drehte sich um und verließ die Bank.
Als sie auf die Straße traten, atmete Annika auf, mit einem tiefen und langgezogenen Seufzer.
«Danke», sagte sie und streckte ihre Hand aus. «Wer hätte gedacht, dass es
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