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Lebenslang

Lebenslang

Titel: Lebenslang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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dass Ihr Bruder eine Vorliebe für kleine Mädchen hat?«
    Ich sehe Astrid an, die den Kopf schüttelt. »Nein.«
    »Vor gut sechs Jahren hat Ihr Bruder in Wetzlar gewohnt und dort eine Beziehung gehabt. Die Frau war eine alleinerziehende Mutter. Ihre Tochter war zu dieser Zeit im selben Alter wie Julia.«
    Astrid rieb sich die Stirn. »Ja, ich kann mich daran erinnern, dass er da mal eine Freundin hatte. Er hat aber nicht mit mir darüber gesprochen.«
    »Es gab wohl eine sehr unschöne Trennung damals«, fuhr Rodenkirchen fort. »Ein regelrechter Rosenkrieg, obwohl sie nicht miteinander verheiratet gewesen waren. Jedenfalls fuhr diese Frau damals ziemlich schweres Geschütz auf. Sie behauptete, dass Wieland sich an ihrer Tochter vergriffen habe.«
    »Und?«, will ich wissen. »Ist es zu einer Anklage gekommen?«
    Rodenkirchen schüttelte den Kopf. »Das Mädchen sagte, es sei nichts passiert. Auch eine ärztliche Untersuchung hat nichts ergeben.«
    »Also beweist das gar nichts«, stelle ich fest.
    »Na ja«, sagt Schumacher. »Als wir die Wohnung Ihres Schwagers durchsuchten, fanden wir kinderpornografisches Material.«
    Ich wurde blass.
    »Frau Steilberg, können Sie sich vorstellen, dass Ihr Bruder eine sexuelle Beziehung zu Ihrer Tochter unterhielt?«, fragt Rodenkirchen.
    »Nein«, sagte sie zum Fußboden. Mein Puls beginnt zu rasen. Ich stelle die Tasse mit dem Kaffee auf den Tisch, damit ich sie nicht verschütte. Ich spüre, dass sie lügt. Und wenn sogar ich das schon merke, dann ist es weder Schumacher noch Rodenkirchen entgangen. Astrid hat wieder Tränen in den Augen. »Wirklich. Ich wusste es nicht. Das müssen Sie mir glauben.«
    Ich beginne, am ganzen Körper zu zittern. »Hast du etwas geahnt?«
    Astrid kneift die Lippen zusammen.
    »Hast du etwas geahnt?«, schreie ich sie an.
    Schumacher holt tief Luft und schließt die Augen. Rodenkirchen rollt mit seinem Stuhl nah an sie heran, doch sie weicht seinem Blick aus. »Bitte«, sagt er. »Alles weist darauf hin, dass er der Mörder Ihrer Tochter ist. Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie es uns.«
    Jetzt bricht Astrid vollends in Tränen aus. Sie heult gequält auf und sagt etwas, das ich erst nicht verstehe. Schließlich schluckt sie. »Er ist mein Bruder. Wir hatten schon immer ein sehr enges Verhältnis.«
    »Wie eng?«, will Rodenkirchen wissen
    »Es war doch keine böse Absicht.« Sie vergräbt das Gesicht in ihren Händen. »Er ist mein Bruder, und er hat mir nie etwas angetan. Mich nie zu etwas gezwungen. Er war immer für mich da, verstehen Sie?«
    »Ja«, sagt Rodenkirchen. »Ich verstehe.«
    Ich springe auf. »Aber ich verstehe nicht!«, schreie ich sie an. »Die ganze Zeit hast du gewusst, was für ein perverses Schwein dein Bruder ist? Und du hast ihn allein mit unserer Tochter gelassen?«
    »Es tut mir leid!«, wimmert sie. Ihr Gesicht ist eine einzige schmerzverzerrte Fratze, der Rotz läuft ihr aus der Nase, über den Mund, das Kinn hinunter.
    »Du hättest es verhindern können!« Ich will sie packen, doch Schumacher hält mich zurück. »Du hättest es verhindern können!«
    »Es tut mir leid, es tut mir so unendlich leid!«
    »Du hättest es verhindern können!«

I n dieser Nacht hatte Yvonne ausnahmsweise nicht von dem Mord geträumt. Sie sah auf das Ziffernblatt des Weckers, der auf dem Nachttisch stand. Es war halb neun, sehr spät am Morgen für ihre Verhältnisse. Sie setzte sich auf und lauschte. Die Schlafzimmertür stand auf. Nur der Kühlschrank, der in der Küche leise brummte, war zu hören.
    Yvonne schlug die Bettdecke beiseite und zog sich den dünnen Morgenrock an. Auf Zehenspitzen tappte sie ins Wohnzimmer, wo die roten Vorhänge zugezogen waren, und schloss die Augen, denn sie befürchtete, dass Thomas sein Versprechen gebrochen hatte und in der Nacht gegangen war. Doch er schlief noch immer auf der schwarzen Ledercouch, die braune Decke so weit über den Kopf gezogen, dass unten die Beine hervorschauten. Yvonne lächelte und ging in die Küche, um für sie beide einen starken Kaffee aufzubrühen. Es war noch Brot vom Vorabend da, das sie in dünne Scheiben schnitt und toastete. Dann stellte sie alles auf ein Tablett.
    Einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie Thomas schlafen lassen sollte, doch dann goss sie einen Becher voll Kaffee und hielt ihn unter seine Nase. Thomas antwortete mit einem müden Murmeln.
    »Hallo«, flüsterte sie. »Frühstück ist fertig.«
    Er zog sich die Decke über den Kopf und grunzte

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