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Lebenslang

Lebenslang

Titel: Lebenslang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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auf. »Du weißt doch, dass das nicht möglich ist. Aber ich mache dir einen Vorschlag. Ich komme zu dir raus nach Sachsenhausen, und wir treffen uns im Café bei dir um die Ecke.«
    »Wann?«
    »Du hast Glück. In einer Stunde?«
    »Das würde passen.«
    Ohne ein weiteres Wort legte Schumacher auf.
    Yvonne war fünf Minuten früher da, denn sie wusste, dass Schumacher sehr großen Wert auf Pünktlichkeit legte. Sie wollte auf keinen Fall das Risiko eingehen, zu diesem Treffen zu spät zu kommen. Dazu war es zu wichtig für sie.
    Das Café in der Schifferstraße war zu dieser Zeit so gut wie leer. Früher war sie gerne mit ihrem Mann und ihrem Sohn am Wochenende hier frühstücken gegangen, aber das war nun schon lange vorbei. Trotz der langen Zeit hatte sich das Mobiliar nicht verändert. Sie setzte sich nicht auf ihren alten Stammplatz, sondern wählte den Tisch hinten links in der Ecke. Kaum hatte sie Platz genommen, als Schumacher das Café betrat. Obwohl er mittlerweile über sechzig sein musste, war er noch immer schlank und durchtrainiert. Wahrscheinlich lief er jede Woche noch seine fünfzehn Kilometer durch den Wald. Er trug eine graue, perfekt sitzende Hose und dazu ein schwarzes Poloshirt. Das dichte Haar war mittlerweile grau, und er trug eine Brille. Ansonsten schien er der Alte zu sein. Er setzte sich ihr gegenüber auf den Stuhl. »Hallo«, sagte er nur.
    »Hallo. Schön, dich zu sehen. Du siehst gut aus.«
    Schumacher erwiderte das Kompliment nicht, wobei Yvonne natürlich zugeben musste, dass er keinen Anlass dazu hatte.
    »Was kann ich für dich tun?« Er schaute unnötigerweise auf seine Uhr. »Ich muss in einer Stunde wieder im Präsidium sein.«
    »Ich hoffe, dass es nicht so lange dauern wird«, sagte Yvonne. »Erzähl mir vom Fall Steilberg.«
    Schumacher sah sie überrascht an. »Wie geht es dir?«, fragte er zum zweiten Mal an diesem Tag. »Und bitte nicht die höfliche Version.«
    »Sieht so aus, als würde die Kugel in meinem Kopf doch noch gewinnen.«
    »Du hast sie nicht entfernen lassen«, stellte Schumacher fest.
    »Wenn ich es getan hätte, wärst du der Erste, der davon erfahren hätte.«
    »Warum soll ich dir vom Fall Steilberg erzählen?«
    »Weil ich mich nicht mehr an diese Zeit erinnern kann«, sagte sie.
    »Ist dir vielleicht schon einmal in den Sinn gekommen, dass das vielleicht auch ganz gut so sein könnte? Immerhin hast du damals die Leiche gefunden.«
    Yvonne spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. »Was sagst du da?«, fragte sie mit belegter Stimme.
    Schumacher rieb sich mit einem Stöhnen die Stirn. »Die Sache mit dem zehnjährigen Mädchen hat dich damals ziemlich mitgenommen. Du warst danach für einige Zeit in therapeutischer Behandlung.« Er kniff die Augen zusammen. »Hast du das etwa auch vergessen?«
    »Frank, ich kann mich an so gut wie nichts mehr erinnern. Von den bald fünfzig Jahren meines Lebens sind drei Viertel ausradiert worden. Ich bin froh, dass ich noch meinen Namen weiß, aber damit hört es schon auf. Ich habe damals nicht simuliert, und ich tue es heute auch nicht. Und dass es damals zu den Anschuldigungen gegen dich und die anderen gekommen ist, dafür kann ich nichts.«
    Schumachers Gesicht wurde rot. »Na ja«, sagte er. »Immerhin warst du damals mehr als deutlich, als du behauptet hast, dass die Kugel in deinem Kopf aus der Waffe eines Kollegen stammt.«
    »Frank, bitte. Dir muss doch klar sein, dass ich damals alles Mögliche erzählt habe.«
    »Und das hast du so überzeugend getan, dass du die Karriere zweier Beamter beendet hast.«
    Yvonne stöhnte. »Bitte. Ich kann mich an diese Zeit nicht mehr erinnern. Das musst du mir glauben. Und wenn ich irgendjemandem Unrecht angetan habe, so bitte ich dich und jeden anderen inständig um Verzeihung.«
    Schumacher verschränkte die Hände ineinander und senkte den Kopf. »Okay«, sagte er schließlich. »Also, was möchtest du über die Steilbergs wissen?«
    »Nachdem wir die Leiche des Kindes gefunden hatten, was ist dann geschehen?«
    »Wir haben uns bei der Suche nach dem Täter erst einmal auf die engere Familie beschränkt. Du weißt ja, dass in achtzig Prozent solcher Fälle kein Fremder etwas damit zu tun hat. Immer sind es entweder die Eltern oder andere nahe Verwandte oder Freunde der Familie. In diesem Fall war es ein Verwandter, Wieland Lenz. Nachdem du Julias Leiche gefunden hattest, durchsuchten wir den Lieferwagen des Onkels. Den, den er verschrotten lassen wollte. Die Spuren

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