Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebenssonden: Roman (German Edition)

Lebenssonden: Roman (German Edition)

Titel: Lebenssonden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
Vom Netzwerk:
aus er zur Tycho-Basis weiterreisen würde.
    Stassel erreichte das Ende des Felsentunnels, der unter dem Raumhafen von Crisium gebohrt worden war und betrat eine Druckkuppel. Gefiltertes Sonnenlicht fiel in einem schrägen Winkel ein, der dem geschulten Auge sagte, dass es noch zwei Tage bis zum örtlichen Sonnenuntergang waren. Er ging zum Ticketschalter, stellte die Reisetasche auf dem Boden ab und überreichte der kühlen Blonden, die am Schalter saß, das Ticket. Sie schob es ins Lesegerät und verzog das Gesicht zu einem professionellen Lächeln wie ein Prominenter im Rampenlicht.
    »Auf dem Rückweg nach Tycho, Major? Röhre Sechs – sie wird gerade geladen.«
    »Danke.« Er nahm die Reisetasche, eilte zur bezeichneten Röhre und bestieg die Kapsel: ein zehn Meter langes Ei mit paarweise angeordneten Beschleunigungsliegen auf jeder Seite eines schmalen Durchgangs und einem sonst recht spartanischen Interieur. Als Stassel einstieg, waren nur noch zwei Plätze frei. Einer neben einem silberhaarigen Mann, dem »Murmeltier« förmlich auf die Stirn geschrieben stand. Er schien der schwatzhafte Typ zu sein; also ging Stassel an ihm vorbei und nahm den letzten freien Platz im vorderen Bereich der Kabine ein.
    Seine Sitznachbarin drehte den Kopf, als er sich setzte. Er lächelte und nickte. »Hallo.«
    »Auch Hallo.«
    Stassel schätzte das Mädchen auf zwölf oder dreizehn – jedenfalls kurz vor der Pubertät. Sie war offensichtlich nicht von der Erde, aber wohl auch kein Lunik. Vielleicht von einer Lagrangekolonie oder Forschungsstation auf dem Mars. Er reichte ihr die Hand. »Ich kenne gern die Namen meiner Reisegefährten. Ich heiße Eric, und wie heißt du?«
    Sie schüttelte ihm gemessen die Hand. »Ich bin Lisandra Moore von Ceres. Sie können mich Lisa nennen, wenn Sie möchten.«
    »Aha, ein ›Gürtler‹. Reist du mit jemandem zusammen?«
    Ihr Nicken war eine knappe Geste, ein bloßes Rucken des Kopfs. »Meine Betreuerin sitzt in der hinteren Reihe. Wir wollten eigentlich beide einen Fensterplatz, aber es war nur noch dieser hier frei.«
    »Machst du auf der Erde Ferien?«
    »Nein, ich soll dort zur Schule gehen.« Lisa schaute, als ob sie auf eine Chilischote gebissen hätte.
    »Ich vermute, du bist nicht sehr begeistert über diese Aussicht.«
    »Wen wundert’s? Zu Hause habe ich wie jeder andere wöchentlich eine Stunde in der Zentrifuge zugebracht. Das ist schon schlimm genug. Können Sie sich vorstellen, dass die Schwerkraft Sie die ganze Zeit herunterzieht? Es muss sein, als ob man bis zum Hals im Schlamm durch einen Sumpf watet.«
    »Was weißt du denn von Schlamm?«
    »Nur das, was ich in meinem E-Buch gelesen habe.« Sie drehte sich um und schaute auf den Massetreiber, der auf der Ebene zu sehen war. »Wird dieses Ding uns wirklich nach Tycho schießen?«
    »Das hoffe ich doch«, sagte er mit einem sarkastischen Unterton. »Es wäre dumm, wenn es das nicht täte.«
    »Ohne Raketen?«
    »Keine Angst, die Kapsel hat ein Nottriebwerk. Aber wenn alles klargeht, brauchen wir es nicht.« Stassel beugte sich zum Fenster und warf einen Blick nach draußen. Der Hauptraumhafen war auf der anderen Seite der Terminalkuppel und von hier aus nicht zu sehen. Vor ihm ragte eine Massetreiber-Trasse auf – eine Reihe immer höherer und weiter voneinander entfernter Türme, die von Induktions-Ringen gekrönt wurden. Das im spitzen Winkel einfallende Sonnenlicht warf lange Schatten über die Basaltwellen des Mare Crisium.
    »Siehst du diese Türme? Sie weisen nach Südwesten. In ein paar Minuten werden wir hindurchflutschen und wie von einem Katapult geschossen die dreitausend Kilometer bis nach Tycho überwinden. Am anderen Ende gibt es einen Massetreiber wie diesen. Der Crisium-Computer spricht mit dem Tycho-Computer und sagt ihm, wann wir dort ankommen werden. Sobald das Tycho-Gehirn uns über dem Horizont auftauchen sieht, wird es unsere Steuertriebwerke so dirigieren, dass wir die Öffnung seines Massetreibers anfliegen und uns dann einfangen, bevor wir uns auf dem ganzen Boden des Tycho-Kraters verteilen.«
    Sie unterhielten sich über die Probleme, die das Zielen mit einer ballistischen Flugkapsel mit sich brachte. Stassel staunte angesichts von Lisas Kenntnissen der Orbitalmechanik. Das Mädchen wusste besser über die Komplikationen Bescheid als fünfundneunzig Prozent der Erwachsenen, die die Kapseln tagtäglich verwendeten.
    Die beiden waren noch immer ins Gespräch vertieft, als es in Stassels Ohren

Weitere Kostenlose Bücher