Lebenssonden: Roman (German Edition)
Agusta, Brea.«
»Nein … Agusta, ich habe im Moment nichts zu tun. Die astronomischen Beobachtungen sind abgeschlossen. Die Sonde ist schon zu nah. Wollte ich jetzt noch das große Teleskop auf sie richten, wäre beschädigte Ausrüstung der Lohn für meine Mühe.«
Mrs. Meriweather wölbte in plötzlichem Interesse die Brauen. »Dann hängen Sie also in der Luft?«
Brea lachte. »Wo Eric auf halber Strecke zwischen hier und dem Lagrangepunkt ist, hängt er im wahrsten Sinn des Wortes in der Luft!«
Die ältere Frau schaute nachdenklich. »Ich musste diese Reise ohne meinen Adjutanten unternehmen. Seine Frau erwartet im nächsten Monat ein Kind, und er wollte sie nicht allein lassen. Möchten Sie nicht meine Sekretärin sein, solange ich hier bin? Wir scheinen uns recht gut zu verstehen, Sie wissen hier Bescheid und können mir ein paar technische Details erklären. Auf jeden Fall werden Sie in den Mittelpunkt des Geschehens rücken.«
Brea wusste zunächst nicht, was sie sagen sollte. »Es wäre mir eine Ehre, Agusta, aber sollte Admiral Liu Ihnen nicht jemanden aus seinem Stab als Adjutant zuweisen?«
Mrs. Meriweather seufzte, und plötzlich sah man ihr jedes einzelne ihrer fünfundsiebzig Jahre an. »Man hat mir die Verantwortung übertragen, dieses erste Zusammentreffen zwischen Menschen und Außerirdischen zu einem Erfolg zu machen. Die Männer und Frauen in Schwarz und Silber gehören zu den fähigsten Leuten überhaupt, aber sie haben ihre Aufgaben und ich habe meine – und mir ist auch daran gelegen, meine Unabhängigkeit zu bewahren. Also, wie sieht es aus?«
»Wie gesagt, es ist mir eine Ehre.«
Admiral Liu nahm die Nachricht ohne eine wahrnehmbare Gefühlsregung zur Kenntnis. Er ließ einen dritten Sitz auf dem Podest im Kontakt-Raum befestigen. Brea nahm darauf Platz und wartete auf die Sonde. Sie versuchte beschäftigt zu wirken, indem sie so tat, als würde sie sich auf einem Palm-Computer Notizen machen. Hauptsächlich saß sie aber auf glühenden Kohlen. Wie alle anderen wurde sie mit jeder Minute aufgeregter.
Ellie Crocker würde den letzten Akt des Dramas auch in der Zentrale erleben. Ihre Aufgaben umfassten die Überwachung des Fernbereichsradars und der Kommunikationsausrüstung sowie die Aufsicht über ihre sechs Techniker. Außerdem waren noch ein halbes Dutzend leitender Wissenschaftler vom Projekt Adler und etwa zwanzig Techniker und Ingenieure im Raum verteilt.
Liu schaute flüchtig in Ellies Richtung und aktivierte dann die Befehlsleitung, über die er alle Mitglieder der Besatzung erreichte. »Wie lange noch bis zur Stunde Null, Leutnant?«
»Neunzig Minuten, wenn sie diesen Kurs beibehält, Sir. Bisher hält sie sich genau in der Mitte der optimalen Geschwindigkeitskurve.«
»Eine Anmerkung dazu, Doktor Rheinhardt?«
Helena zuckte die Achseln. »Schauen Sie mich nicht an, Admiral. Ich bin selbst überrascht, dass sie noch solche Steuerungsmöglichkeiten hat, um auf dieser Seite des Mars zum Stillstand zu kommen. Anscheinend wird die Sonde durch die Notwendigkeit, konstanten Schub aufrechtzuerhalten, nicht behindert – im Gegensatz zu uns.«
Ruhige Stimmen hakten die zahlreichen Checklisten ab. Nach dreißig Minuten drückte Ellie Crocker die Interkom-Taste ALLE STATIONEN. »An alle Schiffe und Personal. Die Zeit ist T minus eine Stunde und weiter abnehmend. Warten Sie auf letzte Befehle.«
»Status-Kontrolle, meine Damen und Herren«, sagte Liu energisch. Der Aufruf verbreitete sich wie ein blinkendes Lauffeuer um die Instrumentenbänke.
»Energieversorgung bereit!«
»Hilfssteuerung bereit!«
»Kameras bereit!«
»Aufzeichnungsgeräte bereit!«
»Radar bereit!«
»Kommunikation bereit!«
»Befehlshabender Offizier bereit! Fragen Sie die Flotte ab, Leutnant Crocker, wenn ich bitten darf.«
»Alle Schiffe melden ihren Status.« Der Countdown durch aufgeregte Stimmen ging weiter. Zum Schluss machte Ellie Admiral Liu Meldung. »Alle bereit, Sir. Gottmann und Hoffnung melden, dass sie auf Gefechtsstation sind.«
Liu nickte. »Sagen Sie ihnen noch einmal, dass sie nur auf ausdrücklichen Befehl handeln dürfen.«
»Jawohl, Sir.« Ellie wiederholte den Befehl, der sofort zweimal bestätigt wurde.
Brea schaute von ihrem Recorder auf. Noch achtundfünfzig Minuten. Sie drehte sich zum großen Bildschirm am vorderen Schott um – er zeigte das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm, das sie während der gesamten Schicht beobachtet hatten, im Format ein mal zwei Meter.
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