Lebenssonden: Roman (German Edition)
der Erde entfernt – im harten Vakuum majestätisch ihre Bahn. Es herrschte nach wie vor eine rege Aktivität an Bord des Flaggschiffs, der UNS Graf Bernadotte , deren träge rotierender Rumpf matt im hellen Sonnenlicht glänzte. Fünfzehn andere Schiffe umkreisten sie dicht gestaffelt.
Zwei Schiffe von Bernadottes Kampfgruppe waren moderne Linienschiffe. Eins, der Zerstörer Irving Gottmann , trieb dicht neben dem alternden Koloss. Das andere, der schwer bewaffnete Schlachtkreuzer Kap der guten Hoffnung , war zehntausend Kilometer hinter dem Flottenverband in einen Patrouillenorbit gegangen. Im Übrigen bestand die Flotte aus umgebauten Frachtern, Tankschiffen und Schleppern. Letztere standen für den Fall bereit, dass die Sonde über den Rendezvouspunkt hinausschoss. Berechnungen hatten ergeben, dass die Sonde wie prognostiziert ihre I-Masse abgestoßen hatte. Die meisten Experten waren sich indes einig, dass sie zu einem präzisen Bremsmanöver nicht imstande wäre, weil sie konstanten Schub aufrechterhalten musste.
Am letzten Tag der Annäherung war die wartende menschliche Kriegsflotte im heißen Glühen der Sondenabgase gebadet worden. Die Schiffsrümpfe reflektierten das xenonblaue Licht wie von einem Lichtbogen-Schweißgerät.
Die Bullaugen waren mit Blenden und die Kameras mit Schutzkappen versehen worden. Alle außer den robustesten Instrumenten waren von dem winzigen violettweißen Stern abgewandt, der zu ihnen herabstieg.
Die letzte »Nachtwache« begann mit der ersten Schicht am 24. Januar 2066, als die Sonde sich der wartenden Flotte bis auf vierhunderttausend Kilometer beziehungsweise fünf Stunden genähert hatte. Die Zentrale der Bernadotte hatte man in eine Radar- und Funkstation umfunktioniert, in der alle Informationen über die sich nähernde Sonde eingingen. Und dort saß auch Admiral Liu mit versteinertem Gesicht im Mittelpunkt eines Konsolen-Rings. Er drehte sich langsam auf dem Stuhl und lauschte aufmerksam dem Stimmengewirr auf den Schiff-Schiff- und Intraschiff-Funkverbindungen.
»Admiral, sind wir bereit?«
»So bereit, wie wir nur sein können, Frau Botschafterin. Ob das jedoch ausreicht, wird die Zeit weisen.«
Mrs. Agusta Meriweather nickte auf dem Beobachterplatz neben ihm und widmete sich dann wieder der Beobachtung der Aktivitäten in der Zentrale. Wegen ihres erfolgreichen Einsatzes für die Sonden-Resolution war sie in den Rang eines Sonderbotschafters erhoben worden. Mrs. Meriweather war erst vor sechs Stunden nach einer beschwerlichen – und in ihrem Alter gefährlichen – Reise hier angekommen. Trotz der Strapazen, der sie sich beim Start und später bei den Beschleunigungs-/Verzögerungs-Phasen des Flugs von der Erde unterzogen hatte, schien sie immer noch fit wie ein Turnschuh.
Das Schiff war nach ihrem Eintreffen kaum wieder in Rotation versetzt worden, als die Botschafterin auch schon den Wunsch äußerte, das Schiff zu besichtigen. Weil alle anderen beschäftigt waren, beauftragte Liu Brea Gallagher mit der Führung – nachdem er sie zuvor diskret gebeten hatte, nachsichtig mit der alten Frau zu sein. Brea bemühte sich auch um Nachsicht, doch ging Mrs. Meriweather ihr trotzdem gehörig auf die Nerven. Sie bestand darauf, alles zu sehen, sodass die Führung fast volle zwei Stunden dauerte.
Schließlich führte Brea sie in die Offiziersmesse, wo Mrs. Meriweather persönlichere Themen anschnitt.
»Ich habe gehört, dass Sie und der stattliche Major sich ein paar Tage freigenommen und die Bahamas besucht haben, als Sie im letzten Jahr auf der Erde waren. Und, wie war’s?«
»Sehr schön«, sagte Brea.
»Und wo steckt Major – Stassel, nicht wahr – nun?«
Brea lächelte verhalten. »Leider ist er bei der eingemotteten Flotte geblieben und befehligt die Gruppe, die die Sonde beobachtet, während wir mit der Bernie hierher geflogen sind.«
Mrs. Meriweather schaute Brea neugierig an. »Sie scheinen den Major zu mögen. Die Trennung muss schwer für Sie sein.«
Brea nickte. »Ich hatte darum gebeten, bei den anderen Astronomen bleiben zu können, als das Projekt aufgeteilt wurde. Leider wurde ich hier gebraucht. Wir haben uns fast seit zwei Monaten nicht mehr gesehen. Gott sei Dank ist die andere Beobachtungsstation inzwischen stillgelegt worden, und wir werden uns bald wieder sehen.«
Mrs. Meriweather wirkte betroffen. »Ich halte Sie doch nicht von der Arbeit ab, oder?«
Brea schüttelte den Kopf. »Nein, nein, Frau …«
»Meine Freunde nennen mich
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