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Lebensstrahlen

Titel: Lebensstrahlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Schlüsselbund aus der Tasche und öffnete den ersten großen Koffer. In den Schrank eines chemischen Laboratoriums glaubte Eisenlohr zu blicken, als der türartige Deckel aufging. Dutzende von verschieden geformten Gläsern, zahllose Flaschen mit Chemikalien kamen zum Vorschein. Schon öffnete der Professor den zweiten Koffer, der einen ähnlichen Inhalt aufwies, und überzeugte sich, daß auch hier alles richtig und unbeschädigt an Ort und Stelle war. Erst dann nahm er auf dem Sessel Platz.
    »Ich möchte resümieren, was Herr Holthoff mir bei unserm letzten Zusammensein mitteilte«, eröffnete er die Besprechung.
    »Sie gehen bei Ihren Versuchen von der Arbeitshypothese aus, daß eine keimfreie Gelatine unter dem Einfluß einer bestimmten Strahlung amöboid wird, das heißt also, daß ihre Moleküle sich in einer Art gruppieren, die man als die erste, niedrigste Stufe organischen Lebens ansprechen muß.«
    Eisenlohr und Holthoff nickten zustimmend; Professor Braun sprach weiter:
    »Der Begriff Gelatine ist vieldeutig. Im Handel sind gegenwärtig ungefähr dreitausend verschiedene Sorten erhältlich. Ich habe zweihundert Proben ausgewählt und mitgebracht. Die ersten zehn Gläser dort rechts enthalten eine Gelatine, die mit der Ihrigen identisch ist. Wir könnten damit beginnen, um dann später zu andern Sorten überzugehen.«
    Der halbe Vormittag ging mit Vorversuchen hin.
    Dann war es endlich soweit. Die erste Gelatineprobe konnte vor die Strahlröhre geschoben werden.
    »Wir müssen die Strahlung fünfzehn Minuten wirken lassen und dann sehen, was geworden ist«, sagte Eisenlohr.
    Um sich die Zeit zu vertreiben, blätterte Professor Braun in den Protokollbüchern. Er wollte gerade etwas Anerkennendes sagen und suchte nach passenden Worten, als ein Geräusch von draußen ihn aufmerken ließ.
    Dr. Bruck war von seiner Reise zurückgekehrt und kam die Treppe herauf. Mit kurzem Händedruck begrüßte er Eisenlohr und Holthoff und ließ sich von ihnen mit Professor Braun bekannt machen.
    »Ich sehe, Sie sind bei einem Versuch, ich will nicht stören«, sagte er mit einem Blick auf die Apparatur und ging in einen andern Teil des Laboratoriumssaales.
    Dort stand er vor einer Reihe von Schubladen, deren Inhalt er durchwühlte.
    »Die fünfzehn Minuten sind um«, sagte Eisenlohr. Holthoff lief zu der Schaltwand und setzte die Strahlröhre still. Eisenlohr nahm das Reagenzglas aus der Apparatur heraus.
    Von Braun und Holthoff begleitet, ging er zu der einen Schmalwand des Saales. Ein Druck auf einen Schalter, und eine Starklichtlampe hinter der Optik eines Projektionsapparates flammte auf. Ein anderer Schalterdruck, und lichtdichte Vorhänge an sämtlichen Fenstern gingen herab; nur eine weiße Leinwand leuchtete noch in dem verdunkelten Raum.
    Eisenlohr drehte und regelte an den Linsen; scharf und immer schärfer stellte sich ein mehrhundertfach vergrößertes Bild des Reagenzglases mit seinem Inhalt auf der weißen Fläche dar.
    Haarscharf stand es Jetzt auf der Leinwand, und dort, wo der Strahl vorher die Gelatine getroffen hatte, zeigte sich Bewegung.
    Atemlos starrte Professor Braun auf das Bild. »Es sind wirklich lebende Amöben!« flüsterte er vor sich hin.
    Mit zusammengekniffenen Lidern verfolgte er die Vorgänge auf der Leinwand, sah wie sich dort zwei bewegliche Protoplasmastückchen zu einem größeren verbanden, wie sich dann eine Einschnürung bildete und aus dem vereinigten Körper wieder zwei neue wurden.
    »Die Urzeugung ist Ihnen gelungen, Doktor«, hörte Eisenlohr Brauns Stimme dicht an seinem Ohr. »Ich lege meine Hand dafür ins Feuer: Mit Ihrer Strahlung haben Sie sterile Gelatine zum Leben erweckt …«
    Er hielt inne, weil Michelmann hereinkam. Der Alte flüsterte Eisenlohr etwas zu und reichte ihm eine Besuchskarte. Der las sie im Lichtstrahl des Projektors und ging dann mit Michelmann zusammen zur Tür. Ungeduldig fragte der Professor Dr.
    Holthoff nach dem Grund der Störung. Der horchte ein paar Sekunden auf die Stimmen, die vom Eingang her vernehmbar wurden, und antwortete dann: »Wir bekommen amerikanischen Besuch, Herr Professor. Mister Spranger aus New York, ein Studienfreund Eisenlohrs.«
    »Kommt jetzt nicht sehr gelegen! Ist der Herr auch Physiker?« fragte Braun.
    »Nichts weniger als das«, lachte Holthoff. »Mister Spranger hat sich ein paar Semester in Heidelberg aufgehalten und sich die Kollegs nach seinem eigenen Geschmack ausgesucht, danach hat er sich in den Strudel des

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