lebt gefaehrlich
nach Yozgat, um die Menschen zu finden, die mich aus Bulgarien in die Türkei geschmuggelt haben.«
Sie versank in Nachdenken. Dann fuhr sie leise fort: »Ich weiß nicht, was Sie von Zigeunern halten. Sie sind oft gehaßt und gefürchtet. Vielleicht wissen Sie nicht, daß Zigeuner trotz oder vielleicht sogar wegen - dieses weit verbreiteten Vorurteils den Alliierten im Zweiten Weltkrieg wertvolle Dienste leisteten. Das heißt jene, die sich Hitlers Zugriff entziehen : konnten.« »Zigeuner!« rief Mrs. Pollifax überrascht aus.
»Ja. Manche sind heute noch Nomaden und reisen durch ganz
Europa. Andere wieder sind seßhaft geworden, wie die Zigeuner in Istanbul, die im sogenannten Blechdorf wohnen.« Fast schüchtern sagte sie: »Bei ihnen hielt ich mich versteckt, als ich Stefan und Otto zum erstenmal habe entfliehen können und auf Sie gewartet habe.«
»Dann waren es also Zigeuner, die Ihnen den Grenzübertritt in die Türkei ermöglichten?« fragte Mrs. Pollifax erstaunt.
»Ja. Es ist gar nicht so leicht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Vor vielen Jahren habe ich mich mit ihnen angefreundet und ihre Sprache erlernt. Ich habe einige absolut verläßliche Freunde unter ihnen, und das hat genügt, daß mich alle anderen akzeptieren. Ja, mit ihnen habe ich die Grenze überschritten, und den Inglescus habe ich mich anvertraut. Sie haben mir versprochen, einige Tage in Yozgat auf mich zu warten, bevor sie zu einem Hochzeitsfest weiterziehen.«
»Das ist ja fantastisch!« sagte Mrs. Pollifax begeistert. »Dann haben Sie Ihre eigene Untergrundorga nisation!«
Magdas Lächeln vertiefte sich. »Gar nicht so schlecht ausgedrückt. Aber bitte, merken Sie sich den Namen Inglescu, falls mir etwas zustoßen sollte. Sie müssen sie finden und ihnen sagen, daß Magda Sie schickt.«
»Aber sind sie denn genügend vertrauenswürdig, um etwas Wertvolles bei ihnen zu hinterlegen?«
»Ja«, sagte Magda knapp.
»Ich frage mich ständig, weshalb Sie so urplötzlich Ihr bisheriges Leben aufgegeben haben. Man hat mir nämlich Ihre ganze Geschichte erzählt. Sind die Gründe für Ihren plö tzlichen Entschluß bekannt?«
Magda lächelte. »Nein, die kenne nur ich selbst. Ich habe beschlossen, mich ins Privatleben zurückzuziehen.« Mrs. Pollifax sah sie so bestürzt an, daß Magda hell auflachte. »Ja, haben Sie denn gedacht, Menschen wie ich sehnen sich nicht auch mal nach Ruhe? Bestimmt wird das für meine bisherigen Auftraggeber ein Schock sein. Im allgemeinen leben Agenten nicht so lange wie ich. Die meisten sterben sehr bald eines gewaltsamen Todes. Ich aber scheine besonders zäh zu sein wie peinlich! Dabei habe ich nicht mal etwas für die Altersversorgung eingezahlt.«
»Und was haben Sie jetzt vor?« fragte Mrs. Pollifax gespannt.
Magda zuckte die Schultern. »Ich bringe meine eigene Altersversorgung mit, wie Sie noch bemerken werden. Im übrigen wünsche ich mir nichts weiter, als ein geruhsames Leben zu führen, Blumen zu züchten, in der Sonne zu liegen, freundlichen Gedanken nachzuhängen und ein paar gute Freunde zu haben. Die ewige Gewalttätigkeit und die Unsicherheit machen müde. Ich will nicht länger jeder persönlichen Bindung aus dem Weg gehen, aus Angst, einmal einen Menschen, den ich ins Herz geschlossen habe, verraten zu müssen oder von ihm verraten zu werden. Vor allem aber mag ich das Doppelspiel nicht. Begonnen hat es, als ich in Wien Theater spielte. Aber wer hätte vermutet, daß ich die Rolle derart lange und Tag und Nacht spielen würde?«
Ihre Worte gingen Mrs. Pollifax sonderbar nah. Sie dachte an die Biographie in der Times. Natürlich konnte die Zeitung den Schwierigkeiten und Gefahren nic ht gerecht werden, denen diese Frau ausgesetzt gewesen war. Und Magda hatte alles mit Klugheit und Mut gemeistert - und immer allein. Wie hatte sie sich bei diesem Leben nur ihre Unverdorbenheit bewahren können?
Impulsiv drückte Mrs. Polliax Magdas Hand. »Leider gibt es da noch etwas, das uns den Weg nach Yozgat und zu den Zigeunern erschwert«, sagte sie.
»Ja?«
»Vor meiner Abreise aus Washington nannte man mir den Namen eines Mannes in Istanbul, an den wir uns im Notfall um Unterstützung wenden könnten. Ein völlig vertrauenswürdiger Mensch namens Dr. Guilleaume Belleaux.«
»Ach?« sagte Magda interessiert. »Das ist aber sehr beruhigend.«
»Ich weiß nicht. Das Haus, in das Stefan und Otto Sie gestern gebracht haben, um Sie zu betäuben, gehörte leider Dr. Guilleaume Belleaux.«
Magdas Lippen formten ein
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