Lee, Julianne
beteiligt haben. In
mehr als dreißig Jahren hat sich dein Vater in solchen Dingen nie geirrt Glaube ihm, mein Freund. Denk an deine Zukunft und an die Frau, die du liebst. Entscheide dich, welchen Weg du einschlagen willst. Tu es jetzt. Niemand wird es dir verübeln, wenn du dich gegen die Sache entscheidest.«
Einen Moment lang empfand Ciaran den glühenden Wunsch, die Jakobiten im Stich zu lassen und schnurstracks zu Leah zu eilen. Aber dann dachte er daran, dass er für den Rest seines Lebens als Feigling gebrandmarkt sein und sich vor sich selbst schämen würde, und begriff, dass er es nicht über sich bringen könnte, einfach zu desertieren. Noch nicht einmal seinem Vater zuliebe. Es
war zu viel verlangt.
»Das wäre Fahnenflucht, Tink. Ich kann nicht.« »Du musst.«
»Nein, Tinkerbell. Ich muss meine Pflicht tun.« »Und sterben.«
»Wenn ich falle, dann ist es mein Schicksal.« »Och.« Sinann schüttelte unwillig den Kopf. Ihre Wangen färbten sich rosig. »Schicksal!«
Ciaran ballte die Fäuste. »Du hast selbst gesagt, dass man den Lauf der Geschichte nicht ändern kann. Wenn auch nur die kleinste Chance besteht, London einzunehmen und das Land von Georg zu befreien, der sich ohnehin als Deutscher betrachtet und viel lieber in Hannover leben würde, dann muss ich sie ergreifen.« »Selbst wenn...«
»Aye. Was geschehen soll, geschieht. Ich kann nicht mein ganzes Leben nach dem ausrichten, was mein Vater einst in einem Geschichtsbuch gelesen hat.« »Und was ist mit Leah? Ich denke, du liebst sie?« Ciaran nickte. »Aye. Das tue ich auch. Und ich wünsche mir nichts mehr, als zu ihr zurückkehren zu können. Aber nicht, wenn
ichmit meinem Stolz und meinem Rang als Laird dafür bezahlen muss.«
»Dein Vater hat um deiner Mutter willen alles aufgegeben.«
Ciaran sah die Fee an, blinzelte verwirrt und zog dann beide Knie an, um die Arme darauf zu stützen. »Was musste er schon groß aufgeben?«
»Seine Heimat in der Zukunft. Seine Freunde. Seinen...«, sie zog die Brauen zusammen, während sie angestrengt versuchte sich an die richtigen Worte zu erinnern,»... seinen Fernseher; das ist eine Art Kasten, in dem man Geschichten sehen kann, so etwas wie ein Puppentheater, nur mit richtigen Menschen. Er sprach auch von >Kühlschränken<, in denen man Nahrungsmittel wochenlang aufbewahren kann, ohne dass sie verderben. Er lebte in einer Zeit, in der Menschen in Maschinen durch die Luft fliegen konnten ... fliegen konnten wie die Vögel. Und sie werden in Kutschen aus Metall fahren, die schneller sind als das schnellste Pferd. Er sagte sogar«, Sinann beugte sich vor und senkte die Stimme, obwohl sie außer Ciaran niemand hören konnte, »dass einmal ein Mann den Mond aufsuchen wird. Ein Mann namens Armstrong.«
Ciaran musste lachen. »Den Mond? Das gibt es doch gar nicht!« Kichernd fuhr er mit seiner Jagd nach Läusen fort. »Ein Mann fliegt zum Mond! So ein Unsinn!«
Sinann lehnte sich zurück. »Aye. Es ist lächerlich. Ein Feenmärchen.«
Ciaran wurde plötzlich ernst. Er blickte die Fee von der Seite an. Das alte Holzspielzeug fiel ihm ein, das aussah wie ein seltsam geformter Vogel. Sein Vater hatte es vor langer Zeit für ihn geschnitzt, und Ciaran hatte es immer für eine missglückte Schwalbe gehalten. Konnte es sich stattdessen um eine Flugmaschine gehandelt haben?
Endlich meinte er: »Natürlich, ein Mann, der zum Mond fliegt, muss ein Schotte sein.« Wieder beäugte er Sinann. »Aye, er hat wohl viele wundersame Dinge aufgeben müssen. Aber war er dort, wo er herkam, auch der Laird seines Clans und als solcher für das Wohlergehen seiner Leute verantwortlich? Hat er seinen Clan wegen meiner Mutter im Stich gelassen?«
Die Fee seufzte und ließ die Flügel hängen. »Nein.«
Ciaran nickte. »Das dachte ich mir.« Er zog das schwarze Band aus seinem Haar und fuhr mit den Fingern hindurch. »Ich werde meine Leute nie im Stich lassen.«
Am nächsten Tag ergab sich die Burggarnison und wurde durch jakobitische Soldaten ersetzt. Der Prinz und seine Armee blieben noch eine Woche in Carlisle, um sich auszuruhen, dann marschierten sie weiter und erreichten wenige Tage später Manchester. Dort wurde James erneut auf dem Marktplatz zum rechtmäßigen König ausgerufen, und viele Hundert Freiwillige schlossen sich an diesem Tag den Jakobiten an. Unter den Männern herrschte Hochstimmung, sie hielten sich für unbesiegbar, und sogar Ciaran begann neue Hoffnung zu schöpfen.
Als die Armee jedoch
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