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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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empörten Protest. Ein recht wohlhabend wirkender Mann kam auf den Galgen zu. Er trug enge Hosen und einen schlichten Mantel, aber beides war noch fast neu und mit aufwendig geschnitzten Knöpfen verziert.
    Der Henker, der in einen zerschlissenen, schäbigen Umhang gehüllt war, blickte sich um. Ein gieriger Funke glomm in seinen Augen auf. Bereitwillig ging er auf das Angebot ein. »Wieviel gebt Ihr mir für ihn?« »Vier Shilling.« »Fünf, und er gehört Euch.« »Vier Shilling sechs.«
    »Abgemacht.« John schnitt das Seil durch, und Aodáns Leichnam fiel wie ein Sack Korn zu Boden. Ciaran zuckte zusammen.
    In geschäftsmäßigem Ton fuhr der Käufer fort: »Ziehst du ihm die Haut ab, wenn ich dir noch zwei Pence gebe?« John drehte sich verwirrt um. »Wozu soll ich ihn denn häuten?« »Ich will mir aus seiner Haut ein Paar Hosen anfertigen lassen.« »Ihr wollt die Haut eines Menschen zu Leder verarbeiten?« Ein solches Anliegen war selbst diesem gefühllosen Burschen, der sich seinen Lebensunterhalt damit verdiente, andere Menschen aufzuknüpfen, noch nicht untergekommen. Sein Gesicht verzerrte sich vor Abscheu.
    Der Käufer schmatzte abfällig mit den Lippen. »Das ist kein Mensch, sondern ein Hochlandschotte, und noch dazu ein Jakobit. Wahrscheinlich werde ich die Haut in Essig einweichen müssen, um den Gestank herauszubekommen.«
    Ciaran schluckte hart, als ihm der Mageninhalt in die Kehle zu steigen drohte, zog langsam seine Pistole und zielte auf den Käufer, doch Sinann schob den Lauf behutsam zur Seite. »Aodán ist tot. Ich möchte nicht, dass du dasselbe Ende
    nimmst.«
    Also verfolgte Ciaran voller Entsetzen, wie der Henker Aodán
    auf den Karren legte, mit dem er die Leiche hatte fortschaffen wollen, mit einem kleinen Messer den Gürtel durchtrennte, ihm Kilt und Hemd vom Leibe riss und zu Boden warf. Mit dem Geschick eines Mannes, der unzählige Schafe abgebalgt hatte schnitt er dann die Haut rund um Aodáns Hals, Handgelenke und Fußknöchel ein, zog das Messer vom Hals bis zur Leistengegend, an den Unterarmen entlang, rund um die Genitalien und schließlich an jedem Bein herunter bis zum Knöchel. Danach schob er seine dicken Finger in die Einschnitte und löste die Haut an den Rändern.
    Hellrotes Blut sickerte aus den Schnitten. Ungerührt drehte der Henker Aodáns Leichnam um und schnitt die Haut am Rücken und am Gesäß ein, bevor er das Messer zur Seite legte. Ciaran drehte sich fast der Magen um. Kalter Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Er wollte nicht länger hinschauen, brachte es aber nicht fertig, den Blick von dem grässlichen Schauspiel abzuwenden.
    Dann begann der Henker, die Haut von Aodáns Rücken zu ziehen. Entsetzliche reißende Geräusche waren zu hören, als sie sich von den Muskeln löste. Ströme von Blut rannen über den Boden des Karrens und tropften zu Boden. Ein streunender Hund kam herbei und fing an, an der Pfütze zu lecken. Gelegentlich musste der Henker das Messer zu Hilfe nehmen, um die Haut ganz vom Körper zu lösen, doch endlich hatte er seine grausige Arbeit beendet und rollte die tropfende Masse zu einem blutigen roten Bündel zusammen.
    Münzen wechselten den Besitzer, und der Käufer nahm seine Beute mit einem verzerrten Lächeln entgegen. In seinen Augen lag ein fiebriger Glanz, dem nichts Menschliches mehr anhaftete.
    Ciaran wandte sich benommen ab. Wieder stieg Übelkeit in ihm auf, und er musste ein paar Mal tief durchatmen. Der Boden schien sich unter seinen Füßen zu heben und zur Seite zu neigen. Mit einer Hand hielt er sich an der steinernen Mauer fest, um
    nicht das Gleichgewicht zu verlieren, dann übergab er sich heftig, bis nur noch grüne Galle kam. Er wusste, dass sich das furchtbare Bild von Aodáns abgehäutetem Leichnam auf immer in sein Gedächtnis eingebrannt hatte.
    Als er sich endlich mit der Hand über den Mund wischte und aufblickte, sah er Sinann mit geschlossenen Augen und gekreuzten Beinen in der Luft schweben. Sie sprach ein paar Worte in einer Sprache, die Ciaran nicht verstand, dann schlug sie die Augen wieder auf. Tränen schimmerten darin. Ciaran spie aus, ehe er fragte: »Was hast du getan?« Ihr Gesicht lief rot an, und ihre Augen flammten zornig auf. »Diese Haut wird niemals zu Leder verarbeitet werden, und wenn sich der Gerber auch noch so sehr bemüht! Meine Macht ist zwar geschwunden, aber so viel kann ich für den armen Aodán noch tun. Kein englisches Schwein wird aus seiner Haut gefertigte Hosen

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