Lee, Julianne
ihr der Atem. Zwischen den Bäumen blitzte im Sonnenlicht etwas Rotes auf. Rasch kniete sie sich so tief ins Wasser, dass nur noch Augen und Nase über der Oberfläche zu sehen waren. Der Rotrock kam immer näher, und ihr Mut sank, als sie erkannte, dass er unweigerlich über ihre Kleider stolpern würde, die in dem Baum hingen. Sie tauchte kurz auf und flüsterte: »Hilf mir, Tinkerbell.« Dann ließ sie sich von der Strömung mittreiben, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den Soldaten zu legen.
Aber schon bald erreichte sie eine seichte Stelle, wo das Wasser über glatte, runde Steine sprudelte. Sie robbte gerade darüber hinweg, als sie das überraschte »Oho!« des Soldaten hinter sich hörte. Er hatte ihre Kleider entdeckt.
Leah kämpfte sich weiter, doch der Rotrock hatte sie schon im flachen Wasser erspäht. Mit einem hämischen Kichern watete er gleichfalls hinein und kam auf sie zu.
Flucht war sinnlos, also drehte sie sich um und sah ihm entgegen. Dabei richtete sie sich auf, hob das Kinn, als sei sie vollständig bekleidet, und schlug einen gebieterischen Ton an. »Soldat Ihr tätet gut daran, der Tochter von Captain Roger Hadley mit etwas mehr Respekt zu begegnen.«
Er blieb einen Moment lang stehen und glotzte sie an, dann kam er näher. »Mit der Armee Seiner Majestät habe ich nichts mehr zu schaffen, und mit deinem Vater auch nicht, Herzchen.«
Leah wandte sich zur Flucht, doch die Steine waren gefährlich glitschig, und mit ihren nackten Füßen fand sie schlechter Halt als ihr Verfolger in seinen Stiefeln. Nach ein paar Schritten hatte er sie eingeholt, packte sie um die Taille und presste sie mit einem Arm gegen seinen Bauch, während er mit der anderen Hand an seiner Hose herumnestelte. Anscheinend wollte er sie gleich hier und jetzt im Stehen nehmen. Sie kreischte auf und schrie verzweifelt Ciarans Namen, dabei setzte sie sich nach Kräften gegen ihren Peiniger zur Wehr, trat gegen seine Schienbeine und versetzte ihm mit dem Ellbogen einen Hieb gegen die Schläfe, wie sie es Ciaran bei seinen Übungen hatte tun sehen. Doch der Deserteur lachte nur und packte sie noch fester. Leah schrie auf, als sie seine nackte Haut an ihrem Gesäß spürte; er versuchte von hinten in sie einzudringen. Eine große Hand schloss sich um ihre Kehle, und er knurrte, dass er sie erwürgen würde, falls sie nicht still hielte.
Hinter ihr raschelte es im Unterholz. Das musste Ciaran sein. Endlich! Der Rotrock gab sie frei, und sie sank im Wasser auf die Knie. Schwertergeklirr ertönte. Sie blickte auf und sah Ciaran mit dem Schwert in der Linken auf den Soldaten eindringen. Dieser stieß ihn zurück, kletterte ans Ufer und nutzte die gewonnenen Sekunden, um seine Hose wieder zu schließen. Dann grinste er auf den im flachen Wasser stehenden Ciaran hinab.
»Nur zu«, schnarrte er. »Nimm sie dir. Ich will sie sowieso nicht.
Sie stinkt.«
Leah watete zum gegenüberliegenden Ufer und krabbelte an Land. Dort seufzte sie erleichtert auf; der Soldat würde sie beide-
gehen lassen. Aber dann trat ein so kaltes Lächeln auf Ciarans Gesicht, wie sie es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte.
»Och, du verstehst nicht«, sagte er ruhig. »Ich werde dich töten.« Dann ließ er sein Schwert durch die Luft pfeifen und traf den Rotrock seitlich am Bein.
Der Engländer stieß einen lauten Schmerzensschrei aus und holte seinerseits mit dem Säbel aus, doch die Entfernung war zu groß, er reichte nicht ganz an den Gegner heran. Ciaran ließ sich auf ein Knie sinken und zog dabei Brigid aus der Scheide, um den Angriff zu parieren. Gleichzeitig trieb er den Rotrock mit dem Schwert zurück und nutzte seinen Vorteil, um auf einen Stein und von dort ans Ufer zu springen.
Jetzt befand er sich auf einer Höhe mit dem Deserteur und verfügte zudem über den Vorteil zweier unverletzter Beine. Der Soldat hüpfte mühsam auf einem, sein Gesicht war vor Schmerz und Furcht totenbleich geworden. Ciaran stürmte auf ihn zu und griff ihn erbittert an. Wieder prallte Stahl auf Stahl, und plötzlich brach der Rotrock in die Knie. Auch sein anderer Oberschenkel blutete jetzt heftig. Noch ein Mal holte er mit seinem Säbel aus, doch Ciaran wich geschickt aus und umkreiste den Gegner dann lauernd.
Der Rotrock begriff, dass seine Lage aussichtslos war. »Ich ergebe mich!«, rief er laut »Ich ergebe mich! Aber lasst mich am Leben!«
Ciaran verzog keine Miene. Leah erschauerte, als sie seine Augen sah. Darin stand kein Erbarmen
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