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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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mit der Durchsicht der Papiere inne und blickte seinen Bruder an. Die Spitzen seiner Ohren begannen zu glühen. Wie hatte er etwas so Wichtiges versäumen können? Wortlos griff er nach dem dicken Buch und schlug es auf. »Gib mir bitte das Tintenfass und eine Schreibfeder.« Er setzte sich auf die Bettkante, legte das Buch auf seine Knie und malte sorgfaltig Pas und Sarahs volle Namen sowie ihre Todestage auf die entsprechende Seite. Dabei wünschte er, ein Priester könne dies an seiner Stelle tun.
    Während Ciaran auf die Tinte blies und dann das Buch zuklappte, wühlte Calum in einer Kiste herum und förderte ein altes Wachstuchpaket zu Tage. Obwohl er es mit äußerster Vorsicht öffnete, zerfiel das brüchige Tuch unter seinen Fingern, und er hielt ein paar vergilbte Dokumente in der Hand. »Was ist denn das?«
    Ciaran hatte keine Ahnung. Er legte das Buch weg, ging zu Calum hinüber und blickte ihm über die Schulter. Das Papier war gleichfalls brüchig vor Alter, blieb aber ganz, als Calum es auseinanderfaltete.
    Das erste Dokument trug das Siegel König Georgs I. Es war ein Begnadigungsschreiben, das ihren Vater von der Schuld, an einem Aufstand gegen Seine Majestät teilgenommen zu haben, freisprach. Dem Datum des Schreibens nach hatte es sich um den Aufstand von 1715 gehandelt. Für Ciaran und Calum war das nichts Neues, sie hatten viele Geschichten über die Schlacht bei Sheriffmuir gehört und wussten, dass ihr Vater zu einer Zeit begnadigt worden war, wo derartige Gesuche leicht durchzusetzen waren.
    Aber das zweite in dem Paket enthaltene Dokument hatte keiner von ihnen je zuvor gesehen oder davon gehört. Als Ciaran es las, begann sich die Welt plötzlich um ihn herum zu drehen.
    Es war eine Adoptionsurkunde, die besagte, dass Ciaran Robert Ramsay, Sohn von Caitrionagh Sìleas Matheson, von ihrem Ehegatten Dylan Robert Matheson an Sohnes Statt angenommen worden war. Die Urkunde trug das Datum November 1716. Damals war Ciaran zweiundzwanzig Monate alt gewesen.
    »Och« Calum machte große Augen, als ihm die Bedeutung dieses Fundes klar wurde. »Och«, wiederholte er beinahe ehrfürchtig. »Du bist überhaupt kein Matheson.«
    Einen Moment lang herrschte tiefe Stille, dann stürzte sich Ciaran auf seinen Bruder und versuchte, ihm das Dokument zu entreißen, griff aber ins Leere; Calum stürzte mit seiner Beute bereits zur Tür hinaus.
    »Bring das sofort zurück, du hinterhältiger kleiner Dreckskerl!« Ciaran griff nach seinem sgian dubh, änderte dann aber seine Meinung und packte Brigid, den größeren Dolch, der auf dem Bett lag, bevor er Calums Verfolgung aufnahm. Während er die Treppe hinunterstürmte, kreisten seine Gedanken unaufhörlich um das, was er soeben erfahren hatte, und um die möglichen Folgen für ihn. Das Amt des Lairds wurde ausschließlich über die männliche Linie der Familie vererbt. Ein adoptierter Sohn konnte daher niemals erben, wenn noch leibliche Söhne des Lairds am Leben waren. Der Clan würde ihn nicht als neuen Laird akzeptieren, egal wer sein Großvater mütterlicherseits gewesen war.
    Ciaran war im untersten Stock des Westturms angelangt und riss die Tür zu dem Gang auf, in dem sich die Dienstbotenunterkünfte befanden. Calum war nirgendwo zu sehen. Ciaran rannte in den Westturm zurück und dann in den Stall. Kein Calum. Auch in der Sattelkammer hielt er sich nicht versteckt.
    Ciaran stürmte durch die wackelige Tür am Ende des Raumes und dann durch die Baracken, in denen die Burgwache untergebracht war. Seine Schritte dröhnten auf dem dünnen Holzfußboden, wo schlafende Wächter friedlich schnarchten; andere, die noch wach waren, sprangen beim Anblick ihres Lairds auf. Ciaran schenkte ihnen keinerlei Beachtung. Er lief zur hinteren Tür hinaus und dann die Treppe hinunter, die an der Seite des Gebäudes entlangführte.
    Auf dem Burghof blieb er stehen und blickte sich suchend nach seinem kleinen Bruder um. Allmählich wurde ihm das ganze Ausmaß dieser Geschichte bewusst, und er fühlte sich auf einmal hohl und leer.
    Ich bin nicht meines Vaters Sohn.
    Ein eiserner Ring schloss sich um seine Brust. Er bekam kaum noch Luft, drehte sich mit dem Gesicht zur Stallwand und hustete und schluckte dann ein paar Mal hart Als er sich wieder erholt
    hatte, richtete er sich auf und sah sich um. Niemand im Burghof schien auf ihn geachtet zu haben. Für ihn waren alle Farben zu einem stumpfen Grau verblasst und die Welt öde und leer geworden, doch der Rest des Clans ging

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