Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
korpulenter Mann mit einem ungepflegten blonden Schnauzbart und schüchtern blickenden blauen Augen. Er blinzelte Priscilla an und wandte sich an ihren Aufpasser. »Nun, was ist, Liam. Wen hast du mir denn da mitgebracht?«
Der Kerl festigte seinen Griff um ihren Arm und straffte die Schultern. »Der Computer zeigte an, dass sich jemand an der Tür Drei-A, Korridor sieben, Halle eins zu schaffen machte, in einem der nicht genutzten Bereiche, Meister Farley.«
Der Hafenmeister nickte.
»Ich ging hin, um die Situation zu prüfen. Zuerst dachte ich natürlich an eine Fehlfunktion, wissen Sie.« Er bugsierte Priscilla nach vorn. »Doch dann entdeckte ich in einem der leeren Räume diese Person. Sie behauptet, ihr Name sei Priscilla Mendoza, und sie sei Frachtmeisterin auf der Daxflan, die gerade abgeflogen ist.«
Der Hafenmeister zwinkerte abermals. »Aber was hatten Sie denn in der Lagerhalle zu suchen, Mädchen? Und dann auch noch in diesem Sektor – der steht doch schon seit Jahren leer.«
Priscilla holte tief Luft. Dabei merkte sie, dass ihre Rippen nicht mehr so wehtaten, die höllischen Stiche waren einem dumpfen Dauerschmerz gewichen.
»Händler Olanek und der Zweite Maat Collier gingen in dieses Gebäude, um mit Ihnen zu sprechen, Sir«, erwiderte sie. »Ich blieb draußen und überwachte das Ausladen. Nach einer Weile kam der Zweite Maat zu mir und bat mich, sie in diese Lagerhalle zu begleiten. Sie sagte, der Händler benötigte irgendetwas, das in einem der Räume aufbewahrt würde. Als wir uns in der Halle befanden, steckte sie eine Karte in ein Türschloss und forderte mich dann auf, ihr zu helfen, die Tür aufzuschieben. Die klemmte nämlich …«
»Kein Wunder«, murmelte Liam. »Das verdammte Ding ist seit zehn Jahren nicht mehr geöffnet worden.«
»Danach«, schloss Priscilla, »versetzte der Zweite Maat mir einen Schlag auf den Kopf und sperrte mich in dem Raum ein. Als ich wieder zu mir kam, versuchte ich, das Schloss mithilfe von Magneten, die ich von meinem Lineal ablöste, zu öffnen.«
Meister Farley glotzte sie verständnislos an. »Der Zweite Maat schlug Sie bewusstlos und ließ Sie dann in dem verriegelten Raum zurück? Sie sind doch ihre Bordkameradin. Warum sollte der Zweite Maat so etwas tun?«
»Woher soll ich das wissen?«, schnauzte Priscilla und rang sich dann ein gequältes Lächeln ab. »Hören Sie, darf ich mich vielleicht hinsetzen? Ich habe nämlich fürchterliche Kopfschmerzen.«
»Selbstverständlich, selbstverständlich.« Er blickte verstört drein. »Liam …«
Widerstrebend ließ der Lagerarbeiter sie los und stellte einen Stuhl dicht neben das Pult mit den Monitoren, um demonstrativ hinter der Sitzgelegenheit Posten zu beziehen. Priscilla setzte sich vorsichtig hin und umfasste mit den Händen die Armstützen aus Plastik.
»Danke.«
»Keine Ursache.« Meister Farley seufzte und trommelte mit den Fingerspitzen auf die von Kratzern übersäte Stahlplatte seines Pults. Er kniff kurz die Augen zusammen und machte sie dann wieder auf. »Sie können sich natürlich ausweisen, oder?«
Sie nickte, was ihr neue Schmerzen einbrachte, und abermals flimmerten bunte Lichtpunkte vor ihren Augen. Zu ihrem Verdruss zitterte die Hand, mit der sie dem Hafenmeister ihre Ausweise entgegenhielt, und sie verwünschte ihre Schwäche.
Meister Farley nahm ihr das Päckchen ab und schob eine Karte nach der anderen in das Gerät neben seinem Pult. Aufmerksam betrachtete er den Monitor, dann stieß er einen Seufzer aus und wandte sich ihr zu.
»Nun, Ihre Papiere sind vollkommen in Ordnung. Sie weisen Sie aus als Frachtmeisterin auf der Daxflan, registriert in Chonselta City, Heimatplanet Liad – das geht eindeutig aus diesen Angaben hervor.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nur keinen Reim drauf machen, Mädchen. Warum sollte jemand Ihnen so was antun? Ein Frachtmeister nimmt auf einem Handelsschiff“ einen wichtigen Posten ein. Und dass jemand Ihnen einen Schlag auf den Kopf gegeben und Sie in der Lagerhalle liegen gelassen hat – das Ganze ergibt doch keinen Sinn. Und ich will Ihnen noch was sagen: Händler Olanek war bei mir, und wir haben uns prächtig unterhalten. Aber diesen Zweiten Maat, von dem Sie mir erzählt haben, bekam ich nie zu Gesicht. Und Sie habe ich auch nicht gesehen.«
»Das heißt also, dass Sie mir nicht glauben.«
Einlenkend wedelte er mit der Hand. »Seien Sie doch mal ehrlich, Mädchen. Das Ganze klingt höchst unwahrscheinlich.«
»Sie haben
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