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Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

Titel: Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Sharon & Miller Lee
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Nasenflügel vor Zorn gebläht. Auf der rechten Wange, gleich unter dem Jochbein, bildete sich bereits ein violetter Bluterguss. Beide Ohrläppchen wiesen kleine Löcher auf; vom linken Loch zog sich eine dünne Blutspur hinunter, als sei es ein wenig eingerissen.
    Wie konnte sie es wagen?, tobte sie innerlich. Meine Ohrringe, die ich an dem Tag, als ich zur Frau wurde, bekommen habe, und die früher meiner Großmutter gehört hatten! Was für eine Frechheit! Die Wut, die plötzlich in ihr hochwallte, verdrängte sogar die Schmerzen und ihre Angst. Priscilla fing an zu zittern und wünschte sich, sie könnte ihre Hände um Dagmars Hals legen und zudrücken.
    Arsdred, sagte sie sich, in dem Versuch, ihre Empörung zu zügeln. Ich kriege alle beide. Aber zuerst muss ich nach Arsdred kommen.
    Allmählich flaute der unbändige Zorn ab, und sie gewann ihre Fassung zurück. Sie kapselte das Gefühl der Wut ein, wie man es ihr beigebracht hatte; doch es ging nicht etwa verloren, es wartete nur darauf, zum rechen Zeitpunkt wieder an die Oberfläche brechen zu dürfen.
    Mit hölzernen Bewegungen stakste sie zum Waschbecken, drehte den Kran auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht.

SCHIFFSJAHR 65, REISETAG 130, VIERTE SCHICHT, 18.00 Uhr

     
     
    S ind Sie eingenickt, Mendoza?«, erkundigte sich Dyson von ihrem Pilotensessel aus.
    Priscilla öffnete die Augen und setzte sich gerade hin. »Ich ruhe mich nur aus.«
    »Tun Sie das. Ankunft in fünf Minuten. Mir wurde mitgeteilt, dass jemand Sie abholt und in das Büro des Captains bringt. Klar?«
    »Klar. Vielen Dank.«
    Dyson schnaubte durch die Nase. »Dafür brauchen Sie sich doch nicht zu bedanken, Mendoza; ich gebe bloß die Fakten weiter.« Sie drückte auf den Kom-Schalter, haspelte ihre Kennnummer herunter und gab einen brummenden Laut von sich, als die Bestätigung eintraf. Danach richtete sie ihre volle Aufmerksamkeit wieder auf die Armaturen.
    Die akribische Präzision und die Lässigkeit, mit der die Pilotin in der exakt vorgeschriebenen Geschwindigkeit in den Orbit einschwenkte, nötigten Priscilla Bewunderung ab. In Gedanken spendete sie Dyson ein Lob, während sie wieder einmal bedauerte, selbst noch keine Pilotenlizenz erworben zu haben.
    Man hörte ein mechanisches Klirren und Scheppern, ehe der Shuttle mit einem abschließenden, energischen Rumms andockte. Mit einer einzigen Handbewegung deaktivierte Dyson die Armaturen. »Wir sind da, Mendoza. Dann steigen Sie mal aus.«
    »Okay.« Sie löste den Sicherheitsgurt und stand auf. »Nochmals vielen Dank.«
    »Für so was werde ich bezahlt, Mendoza. Ist doch besser als alle schönen Worte, nicht?«
    Priscilla grinste. »Wir sehen uns später.«
    Sie trat aus der Luke, ging durch die Tür – und blieb verblüfft stehen.
    Der Boden war mit Teppich ausgelegt; staunend betrachtete sie den luftigen, hell erleuchteten Raum … Sie war in einer prächtigen Empfangshalle gelandet.
    Der Zweck, den dieser Saal erfüllte, war offenkundig. Ungefähr zwölf Fuß weiter zu ihrer Linken gruppierten sich Stühle und Clubsessel; die größeren Sitzmöbel waren für Terraner bestimmt, die kleineren für Liaden. Aber für jedes Volk gab es gleich viele Plätze.
    In einiger Entfernung hatte man ein Podium an die Wand geschoben; darüber entfaltete sich das Bild eines riesigen Baumes mit einer Krone aus dichtem grünem Laub. Hinter dem Wipfel, und ein wenig höher als die Spitze, schwebte ein geflügelter Drache, der im Verhältnis zu dem gigantischen Baum, den er bewachte, beinahe winzig erschien; das bronzefarbene Tier machte einen wilden, gefährlichen Eindruck, und Priscilla kam es vor, als starre der Drache sie aus seinen smaragdgrünen Augen herausfordernd an. Unter den Wurzeln des Baums sah sie eine Reihe von Liaden-Schriftzeichen.
    Priscilla stieß einen leisen Seufzer aus und erinnerte sich an den kleinen Fin Ton, der sie in Liaden unterrichtet hatte; als Gegenleistung spielte sie mit ihm Go. Doch sie hatte nur gelernt, Liaden zu sprechen, das Lesen hatte er ihr nicht beigebracht. Vorsichtig drehte Priscilla den Kopf und betrachtete die rechte Wand, auf der eine Art Collage aus Fotos und Zeichnungen angebracht war.
    Offensichtlich war sie am falschen Ort gelandet. Sie musste noch einmal zur Andockschleuse zurückkehren und nachschauen, ob dort eine andere Tür abzweigte, die in eine weniger feudale Umgebung führte – und wo die Person auf sie wartete, die sie zum Captain bringen sollte.
    Eine halbe Sekunde später

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