Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
City, Ortsjahr 728, Mittagsbasar
P ort City auf Arsdred brodelte. Die Hafenstadt quoll über vor Besuchern und Einheimischen; es wurde gedrängt, gerempelt, gebrüllt. Die Leute sangen, tanzten, manche gingen nackt und stellten ihre schweißglänzende Haut zur Schau, andere hüllten sich von Kopf bis Fuß in knallbunte Gewänder und glitzernden Schmuck.
Ein großer Teil des Lärms und der Farbenpracht stammte von den Händlern, die hier ihre Waren feilboten. Sie lungerten hinter ihren Ständen, hampelten vor ihren Läden herum, postierten sich neben Karren, auf denen sich Krempel türmte, von dem nur die Göttin wissen mochte, was dieser Ramsch eigentlich darstellte.
Diese Tandler waren Arsdredi, dunkelhäutige Terraner mit Rehaugen, Hakennasen und einer Wortgewandtheit, die kaum noch zu übertreffen war. Gekleidet waren sie in mehrere Lagen hauchdünner, farbenfroher Stoffbahnen, die sie übereinander trugen, und im grellen Licht der im Zenit stehenden Sonnen priesen sie temperamentvoll und zungenfertig ihre Waren an, scheinbar ohne einen einzigen Tropfen Schweiß zu vergießen.
Zu dem Radau trugen auch die Personen bei, die als mögliche Kunden angelockt werden sollten. Durch die schmalen Gassen drängten sich Angehörige von mindestens einem halben Dutzend Rassen: Terraner jedweden Aussehens; zierliche, anmutige Liaden; Peladins, an denen das Auffallendste vielleicht die schwarzen Augen waren; haarlose Trimuvat; schweigsame Uhlvore.
Priscilla fuhr erschrocken zusammen, als sie aus dem Augenwinkel einen Blick auf eine gigantische Gestalt erhaschte. Sie fragte sich, ob selbst die Yxtrang hier einen Zwischenstopp einlegten, aber was sie sah, war nur ein hünenhafter Aus mit goldfarbenen Haaren und einem Vollbart. Er beugte sich tief herunter, als er mit dröhnendem Bass eine Bemerkung zu der winzigen Frau machte, die an seiner Seite einherhüpfte.
»Sonnensteine, schöne Frau? Prachtvolle Juwelen – sie würden Ihnen ausgezeichnet stehen, bei Ihrer hellen Haut und dem schwarzen Haar! Azurblau ist Ihre Farbe! Ich hätte da ein paar erlesene Stücke zur Auswahl. Für den lächerlichen Betrag von einem Zwanzigbit gehören sie Ihnen – eine Lappalie, wenn man bedenkt, dass das Geld auf dem Altar Ihrer Schönheit geopfert wird! Treten Sie näher und probieren Sie aus, wie Ihnen der Schmuck steht!«
»Feinste Tuche, junge Lady! Schals, Halsbänder! In Karmesinrot, Indigoblau, Gold, Serpentin, Xanthin! Sie können sich die Tücher um den Kopf wickeln, um die Taille schlingen -was immer die Mode gerade vorschreibt. Edelstes Material zu einem absolut fairen Preis.«
»Feines Porzellan, werte Dame? Bücher … eisgekühlte Getränke … Weihrauch … Geschmeide …«
Stille.
Priscilla bog um eine Ecke und fand sich in einem Teil des Basars wieder, in dem weniger Trubel herrschte; erleichtert atmete sie auf. Der Dienstplan hatte ihr gleich am ersten Tag ihrer Ankunft Landurlaub gewährt. Am dritten Tag waren Rusty und Lina an der Reihe; die Liadenfrau machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung, denn viel lieber wäre sie zusammen mit Priscilla auf die Planetenober fläche geflogen. Rusty zuckte nur gelassen mit den Schultern und meinte: »Vielleicht habt ihr nächstes Mal mehr Glück.«
Insgeheim war Priscilla froh, dass sie allein durch die Stadt stromern konnte. Jemand, der sie während ihres Landgangs begleitete, hätte sehr schnell den desolaten Zustand ihrer Finanzen entdeckt. Wie abgebrannt sie war, wollte sie vor ihren Freunden verheimlichen; niemand sollte sich aus Großherzigkeit bemüßigt fühlen, ihr ein Darlehen anzubieten, oder – was noch viel demütigender gewesen wäre – ihr ein bisschen Geld als Geschenk zuzustecken.
Für sie war es das Beste, den freien Tag auf eigene Faust zu gestalten, fand sie, während sie durch die von der Sonne aufgeheizte, enge Straße schlenderte. Die Ruhe und Muße würden ihr guttun, denn der nächste Tag versprach äußerst anstrengend zu werden. Laut Dienstplan war sie dazu eingeteilt, dem Frachtmeister yo’Lanna beim Löschen der Ladung zu helfen.
An der ersten Straßenkreuzung hörte sie hinter sich eine vertraute Stimme.
»Hallo, Ms. Mendoza! Auch auf Landurlaub? Möchten Sie einen Begleiter?«
Sie drehte sich um und blickte lächelnd in Gordy Arbuthnots rundes, sauber geschrubbtes Gesicht. Der Junge sah wie aus dem Ei gepellt aus. »Ich fürchte, ich würde dich nur aufhalten«, lehnte sie freundlich ab. Ein wenig erstaunt fügte sie hinzu: »Du
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