Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
Situation. Sie bewegte sich mit der Geschmeidigkeit eines Piloten, besaß das scharfe Augenmaß eines Piloten, kämpfte mit den blitzschnellen Reflexen eines Piloten, und sie landete eine erstaunliche Anzahl von Treffern. Doch die Hiebe, die sie selbst einsteckte, zeigten Wirkung.
Sie duckte sich und donnerte Dagmar die Faust gegen die Schläfe; als Erwiderung erhielt sie einen Schlag auf die rechte Schulter, die vorübergehend ihren Arm lähmte.
Aber sie biss auf die Zähne, und ihr glückte ein wuchtiger linker Haken exakt auf Dagmars Kinnspitze; der Zweite Maat ging in die Knie. Aber die kampferprobte Frau war hart im Nehmen. Sie rappelte sich wieder hoch und deckte Priscilla mit einem wahren Trommelfeuer von Schlägen ein. Poch mittlerweile kämpfte Dagmar unkoordiniert, und allein die Tatsache, dass ihr Opfer, das sie für eine leichte Beute gehalten hatte, eine derart heftige Gegenwehr zeigte, machte ihr schwer zu schaffen. Das Überraschungsmoment war eindeutig auf Priscillas Seite.
Der Ausgang des Kampfes begann sich abzuzeichnen – mit Priscilla als Siegerin. Aus leicht zusammengekniffenen Augen peilte sie Dagmar an, buchstäblich Maß nehmend, und wollte zu dem entscheidenden Schlag ansetzen, der den Zweiten Maat ausknockte …
Der Summton warnte sie; mit einem gewaltigen Satz sprang sie zurück und verwünschte sich, weil sie so dumm gewesen war, sich mit Dagmar auf einen Kampf einzulassen. Sie hätte flüchten sollen, solange es noch möglich gewesen war.
Dagmar hatte ein Vibromesser gezogen.
Gordy war spät dran.
Wie ein Wilder sauste er durch den Stadtpark, die Schwimmvögel aufscheuchend, die auf diesem Planeten als Enten durchgingen, und bog rennend in den Parkton Way ein. Er flitzte an dem Schaufenster mit den kostbaren Schachfiguren vorbei, ohne sie auch nur wahrzunehmen, doch vor Teela’s Schatztruhe drosselte er sein Tempo ein wenig, allerdings aus Respekt vor dem Polizisten, der einen halben Block weiter auf Posten stand.
Eine Abzweigung bot sich an – und zu Gordys größtem Entzücken schien sie auch noch zum Hafen zu führen. Ohne nachzudenken stürmte er hinein, nahm im Galopp die nächste Biegung – und blieb schlitternd stehen. Vor Schreck war er wie erstarrt.
Er erkannte Priscilla Mendoza. Ihre Bluse hing ihr in Fetzen von den Schultern. Vornübergebeugt, in angespannter Haltung, wie ein zweibeiniges, schönes und absolut tödliches Raubtier, umkreiste sie langsam eine große, kräftige Frau, die ihrerseits um Priscilla herumschlich.
Die beiden Kämpferinnen veränderten so weit ihre Position, dass Gordy etwas sehen konnte, was ihm schier den Atem raubte – Priscillas Gegnerin hielt ein Messer in der Hand.
Der Junge schluckte krampfhaft, machte kehrt und hetzte den Weg zurück, den er gekommen war.
Emotionslos hielt Priscilla den Blick auf das Messer gerichtet. Sie konnte es schaffen. Sie war schnell. Dagmar war langsam. Sie beabsichtigte nur, den Zweiten Maat zu entwaffnen, nicht etwa, sich der Klinge zu bemächtigen – sie war keine Messerkämpferin.
Priscilla schnellte nach vorn.
Dagmar vollführte eine Drehung – aber die Ausweichbewegung war zu langsam; Priscillas Schlag traf sie am Handgelenk, und das summende Vibromesser, ein tückisches, hässliches Ding, flog im hohen Bogen durch die Luft und landete in irgendeiner düsteren Ecke. Der Zweite Maat stieß ein wütendes Gebrüll aus und stürzte sich dann auf Priscilla. Mit ihren muskulösen Armen nahm sie die viel schlankere Frau in den Schwitzkasten und drückte so fest zu, dass Priscilla keuchend nach Luft rang …
»Aufhören! Aufhören! Schluss mit diesem Unfug!« Derbe Pranken griffen zu – und dann konnte Priscilla wieder durchatmen.
Erschöpft ließ sie sich nach vorn sinken; aus lauter Dankbarkeit, dem Würgegriff entkommen zu sein, nahm sie kaum wahr, dass man ihr eiserne Handfesseln anlegte. Als sie dann schwer atmend den Kopf hob, gewahrte sie Dagmar. Der Zweite Maat schien in einer jämmerlichen Verfassung zu sein. Offenbar hatte sie eine Ladung mit einer Stunnerpistole abgekriegt; in gekrümmter Haltung, das Gesicht bläulich verfärbt, stand sie vor einer Hauswand und erbrach sich.
Der Polizist legte auch ihr Handschellen an und drehte sich dann um. Er hob die Augenbrauen, zielte mit der Stunnerpistole und blaffte: »Und jetzt zu dir, mein Junge. Der Spaß ist vorbei! Gib mir das Ding!«
Gordy blinzelte nervös, drehte das Vibromesser um und reichte es dem Polizisten. Vorsichtig nahm der Mann
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