Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2

anzuhören?«
    »Bitte, fahren Sie fort.«
    »Ich denke, wir beginnen abermals mit Sav Rid. Ich erzähle Ihnen etwas von ihm und Chelsa yo’Vaade, beide Angehörige des Plemia-Clans. Chelsa ist keine schlechte Pilotin, aber sie besitzt keinen nennenswerten Verstand. Sie tut immer nur das, was Sav Rid ihr sagt. Ein Jammer.
    In diesem Zusammenhang ist auch Shan yos’Galan wichtig, der, das dürfen Sie nicht vergessen, ein Dummkopf ist.« Er legte eine Pause ein, und seine Augenbrauen zuckten. »Möchten Sie etwas sagen, Priscilla?«
    »Ja. Ich frage mich, wie ein Dummkopfes bis zum Meisterhändler bringen kann.«
    Er grinste. »Das ist einfacher, als Sie sich vorstellen können. Und Meisterhändler zu werden, war das Geringste, was mein Vater von mir erwartete.« Sein Gesicht nahm einen ernsthaften Ausdruck an. »Einige Leute glauben, dass Shan yos’Galan ein Dummkopf ist, Priscilla. Das kann durchaus von Vorteil sein. Es gibt auch andere, die mich nicht für blöd halten, falls Ihnen das ein Trost ist, Priscilla, aber Sav Rid gehört zu der ersten Gruppe.
    Nun zur weiteren Entwicklung. Im Zuge seiner Händlertätigkeit bunkerte Sav Rid als Fracht eine große Menge Mezzik-Wurzeln – eine leicht verderbliche, aber sehr profitable Ware, wenn man Brinix anläuft. Der Planet lag auf Sav Rids Kurs, deshalb kaufte er die Wurzeln. Sein Schiff machte den Sprung aus dem Tulon-System und nahm Kurs auf Brinix. Ungefähr eine Stunde nachdem die Passage in Tulon Prime angedockt hatte, kehrte die Daxflan zurück. Kurz darauf traf ich Sav Rid in der Handelskammer und hörte mir seine Geschichte an. Die Daxflan wurde dringend wegen anderer Geschäfte gebraucht, die der Plemia-Clan in die Wege geleitet hatte. Die Mezzik-Wurzeln würden verrotten, ehe er sie liefern konnte. Ob ich vielleicht in die Nähe von Brinix käme? Vielleicht könnte ich die Fracht zu einem günstigen Preis kaufen, um einem anderen Liaden aus der Klemme zu helfen und dabei noch einen guten Gewinn einzufahren?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Es war ein Schnäppchen, und ich griff zu. Es kann immer mal passieren, dass man in einer Clan-Angelegenheit aushelfen und kurzfristig umdisponieren muss. Dann gilt es, die Fracht so schnell wie möglich loszuwerden. Von dem ehrenwerten Händler wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt nichts, bis auf die Tatsache, dass er sich mit meiner Schwester gestritten hatte – was, nebenbei bemerkt, kein Kunststück ist. Wir zwei sind beispielsweise nur sehr selten einer Meinung. Der Preis für die Wurzeln wurde bezahlt, die Fracht umgeladen. Als die Passage klar zum Auslaufen war, sprangen wir aus dem System und steuerten Brinix an. Doch der gesamte Planet stand unter medizinischer Quarantäne, die noch mindestens ein Ortsjahr aufrechterhalten werden sollte; bis dahin wären die Mezzik-Wurzeln längst verfault.« Er schaltete eine Pause ein, um zu trinken.
    »Der Manager des Towers war sehr höflich – und äußerst erstaunt. Erst wenige Tage zuvor sei das Handelsschiff Daxflan unter Captain yo’Vaade im Orbit gewesen, und man hatte versprochen, die Nachricht von der Quarantäne nach Tulon zu bringen.«
    Priscilla sog tief den Atem ein. »Wie hoch war Ihr Verlust?«
    »Vierzig Cantra. Aber dies hat meinen Ruf, ein Vollidiot zu sein, gefestigt, und das verbuche ich als Gewinn.« Er schüttelte den Kopf.
    »Bei unserer Rückkehr nach Tulon hatte sich diese Posse schon in der ganzen Handelskammer herumgesprochen. Zwei Minuten nach unserem Sprung aus dem Tulon-System war die Nachricht über die Quarantäne publik geworden. Die Daxflan war ausgelaufen, mit einem neuen Frachtmeister an Bord.«
    »Und all das tat Sav Rid aus Rache, weil Ihre Schwester ihn verprellt hat?« Priscilla furchte die Stirn.
    »Nun ja«, erwiderte der Captain, »da bin ich mir nicht so sicher. Nova ist alt genug, um ihre Ehre selbst zu verteidigen. Wenn Sav Rid sich von ihr beleidigt fühlte, dann müsste er von ihr Genugtuung fordern. Aber vielleicht dachte er, dass ich diese Verbindung nicht billigte – als Oberhaupt der Familie habe ich nämlich ein Veto-Recht, wissen Sie. Aber ich hatte kein Verbot ausgesprochen und hätte mich vermutlich jeden Kommentars enthalten, selbst wenn Nova sich entschlossen hätte, Sav Rids Gefährtin zu werden. Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit, mir eine Meinung zu bilden, denn dass Sav Rid um Nova warb, erfuhr ich erst, nachdem es zu diesem Eklat gekommen war. Obendrein hinterbrachte man mir die Einzelheiten dieser