Leerer Kuehlschrank volle Windeln
einmal die Taschentuchbox und das Schnuffeltuch vom Tisch gefeuert werden. Nach zehn Minuten ist Johanna bereit für Level vier: Den Strampler. Richtig: Jetzt müssen fünf Öffnungen bedient werden. Ich fühle mich wie in einem Computerspiel, bin mir jedoch dessen bewusst, dass ich nur ein Leben habe. Auch dieses Level muss ich fehlerfrei hinter mich bringen. Obwohl wir schon in der vierten Schwierigkeitsstufe sind, fällt mir der Strampler etwas leichter, da er in der Mitte offen ist und ich im Prinzip nur alle vier Gliedmaßen hineinstopfen und im Anschluss vorn alles zuknöpfen muss. Aber genau das ist die Crux: Die Knöpfe sind nicht so einfach zu treffen, weil mein personifizierter Wackeldackel ununterbrochen weiterwackelt. Wenn Sie wissen wollen, wie sich das anfühlt: Trinken Sie drei Gin Tonic und packen Sie danach ein Geburtstagsgeschenk ein!
Habe ich diesen Akt gemeistert, steht die Dauerbespaßung im Wohnzimmer an. Mittlerweile ist unser kleiner Duracell-Hase sehr anspruchsvoll geworden. Nur Lieder singen wäre zu einfach – obwohl ich inzwischen ein ganzes Kinderlieder-Repertoire anzubieten habe. Nö. Sie verbringt die ersten wenigen Minuten in ihrem Laufgitter und bekommt erlesene Spielsachen serviert, während ich mir in der Zwischenzeit in der Küche einen Tee und eine Schüssel Cornflakes bereiten kann. Und wehe, das dauert zu lange! Dann wird geningelt, was das Zeug hält. Glauben Sie mir: Nichts verursacht mehr Druck auf einen Papa als eine unzufriedene Tochter. Maximal zehn Minuten gibt sie mir. Alles, was länger dauert, käme dem Durchschneiden des falschen Drahtes an einer Zeitbombe gleich. Also immer schön fix machen und nicht trödeln!
Johanna macht mir unmissverständlich klar, wenn sie keinen Bock mehr auf ihr Mini-Alcatraz hat. Dann legen wir uns auf das Sofa und spielen eine Runde, wobei wir sämtliche Positionen einnehmen, die man nur einnehmen kann. Ein bisschen wie Papa-Baby-Yoga. Oder Pilates. Oder Zumba. Ich habe keine Ahnung, was dem, was wir hier treiben, am nächsten kommt. Ich habe bisher weder das eine noch das andere besucht. Zu Hause mache ich in Sachen Verrenkungen eine Ausnahme. Denn insgesamt müssen zwei Stunden bis zum nächsten Baby-Nickerchen überbrückt werden. Und so fliegt mein kleiner Lachsack auf meinen Knien liegend über die Couch, dann liegen wir Bauch auf Bauch (sie natürlich oben) und sie klatscht mir mit ihren vollgesabberten Händchen ins Gesicht, wobei sie bevorzugt in die Nasenlöcher oder die Mundwinkel greift und vor Freude laut juchzt, wenn sie daran zieht. Dann wiederum verbiegt sie sich so sehr, dass sie sich ihre Füße in den Mund steckt. Am liebsten beide gleichzeitig. Sie kugelt sich über das Sofa und stürzt sich auf halbleere Wasserflaschen wie Lance Armstrong auf Testosteron. Auf den Flaschen trommelt sie mindestens genauso gut herum wie die Typen aus der Blue Man Group. Mit einer unglaublichen Akribie fummelt sie die Etiketten ab. So sauber, dass die Plastikflaschen von den Rückgabe-Automaten stets zurück geschoben werden, weil der Strichcode fehlt.
Auch steckt sie sich außer ihren Händen und Füßen alles in den Mund, was darin Platz finden könnte. Was sie in ihre Finger bekommt, landet unverzüglich zwischen ihren Lippen und wird bespeichelt, egal, was es ist und aus welchem Material: Löffel, Wasserflaschen, Kuscheltiere, Verpackungen, Handys, Fernbedienungen, ihre eigene Kleidung und jede Art von Spielzeug. Im Prinzip lebt sie von der Hand in den Mund. Ich habe gelesen, dass Kinder sich so verhalten, wenn ihre ersten Zähne im Anmarsch sind. Wir erwarten täglich den ersten Durchbruch.
Wenn sie genug Morgengymnastik gemacht und ausreichend Gegenstände besabbert hat, wird sie wieder müde. Mein geschultes Auge erkennt das sofort. Sobald sie sich die Augen reibt und den ersten Gähner loslässt, nehme ich sie auf den Arm. Dann presst sie ihren Kopf an meinen Hals und in weniger als fünf Minuten schläft sie ein. Das ist so sicher wie das Versagen der englischen Fußballnationalmannschaft beim Elfmeterschießen. Genau 30 Minuten dauert Johannas Schläfchen, dann reißt sie mit einem Mal die Augen auf und erwartet Spiel, Spaß und gute Laune Teil 2. Ich habe mir vor Johannas Geburt nicht vorstellen können, wie anstrengend Spielen sein kann. Meist erlöst mich Christin nach ein, zwei Stunden und bringt das ins Spiel, wovon ich nichts zu bieten habe. Dann bin ich ohne Umschweife abgemeldet, und während Johanna frühstückt,
Weitere Kostenlose Bücher