Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
die Videohülle sah, und bei Filmen wie Das Leuchten der Stille brauchte sie eine ganze Handtasche voller Kleenex.
    »Tut es noch sehr weh? Was sagen denn die Ärzte?«, wollte sie mit belegter Stimme wissen.
    »Dass ich bald wieder in Schuss bin.« Ich musste lachen, weil es im Zusammenhang mit dem, was mir passiert war, ein ziemlich komischer Vergleich war. »Sagen wir lieber, auf dem Damm. Und gegen die Schmerzen kriege ich Tabletten.«
    »Lieselotte will vorläufig bei uns bleiben«, sagte Benedikt.
    »Ich habe ihr das Bett im Gästezimmer bezogen«, sagte Sophie.
    »Und ich habe ihr Notebook schon auf unserem WLAN angemeldet«, fügte Benedikt hinzu. »Ist irgendwie cool, eine Oma zu haben, die online ist. Allerdings dürfen wir nicht Oma zu ihr sagen, sie meinte, das macht alt.«
    »Sie will auch für uns kochen«, sagte Sophie.
    »Esst nichts, wo Pilze oder Bärlauch drin sind«, warf ich ein. Dann kam ich zu einer Frage, die mir schon den ganzen Tag auf dem Herzen brannte. »Was habt ihr eigentlich Timo gesagt?«
    »Dass du dir den Arm gebrochen hast«, sagte Sophie. »Wir wollten ihm nicht unnötig Angst einjagen.«
    Ich war erleichtert. »Das habt ihr gut gemacht!«
    »Leider hat es nichts genützt. Im Kindergarten haben sie ihm dann doch noch die Wahrheit erzählt. Die ganzen Kinder aus seiner Gruppe wussten es schon, es ging ja in der Stadt rum wie ein Lauffeuer.«
    Beklommen dachte ich daran, dass es morgen nicht nur die Stadt, sondern das ganze Land wissen würde. DAS BLATT würde dafür sorgen, dass alle, die bis dahin noch nichts davon gehört hatten, umfassend informiert wären. Sogar mit Foto vom frisch operierten, ungekämmten Opfer. Hoffentlich brachte niemand ein Exemplar mit in den Kindergarten, mein armer kleiner Sohn würde einen fürchterlichen Schreck bekommen.
    »Vielleicht sollte Timo ein paar Tage zu Hause bleiben«, schlug ich vor. »Nur für alle Fälle. Ach ja, und ihr solltet euch nicht wundern, wenn ihr morgen an einem Kiosk vorbeikommt und mich da auf Seite eins vom BLATT seht. Heute war ein Reporter hier und hat mich interviewt und fotografiert.«
    »Lieselotte hat es uns schon erzählt«, sagte Benedikt. »Was meinst du, ob das Geld für einen ordentlichen Jahreswagen reicht, wenn wir unsere alte Karre in Zahlung geben?«
    *
    In der Nacht schlief ich schlecht, schon deshalb, weil ich immer wieder wach wurde. Entweder, weil mir die linke Seite wehtat, oder weil die Nachtschwester reinkam und mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht leuchtete, um sich zu vergewissern, dass ich ruhig schlief.
    Am nächsten Morgen war ich wie gerädert und wollte nur noch nach Hause. Als es draußen allmählich hell wurde, schlief ich noch einmal ein, aber es vergingen höchstens zwanzig Minuten, bis die Schwestern von der Frühschicht kamen, um das Bett zu machen, mir in ein frisches Nachthemd zu helfen und Fieber zu messen. Danach war ich gerade wieder eingedöst, als das Frühstück gebracht wurde. Nachdem das Tablett wieder abgeräumt war, sank ich erneut in Schlummer, aber auch diesmal war mir kein erholsamer Schlaf vergönnt. Ich hatte einen Albtraum, in dem ich den Überfall noch einmal erlebte. Der Bankräuber verschoss ein ganzes Magazin in meine Richtung, ich spürte einen Einschlag nach dem anderen.
    »D-diesmal m-mache ich k-keine h-halben Sachen«, meinte er, während ich röchelnd zu Boden sank.
    »Aber ich wollte dich gar nicht verraten!«, protestierte ich mit letzter Kraft. »Ich habe dein Gesicht überhaupt nicht gesehen!«
    »W-Weibern k-kann m-man nicht trauen«, sagte er.
    Ich blieb hilflos liegen und glotzte auf die versenkten Halogenleuchter an der Decke. Merkwürdig, wieso hatte er so gestottert?
    »Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte er, diesmal völlig stotterfrei.
    Ich machte den Mund auf, um ihn zu verfluchen, doch es kam nur ein unartikuliertes Stöhnen heraus. Davon wurde ich endgültig wach. Die Strahler an der Decke waren nur hässliche Neonröhren und befanden sich in meinem Krankenzimmer. Der Bankräuber war auch nicht der Bankräuber, sondern ein Besucher, der ein paar Schritte von meinem Bett entfernt stand.
    »Die Oberschwester meinte, zwischen Frühstück und Visite wäre die beste Zeit«, sagte er.
    Das war doch … Moment mal, was hatte der denn hier verloren? Mühsam rappelte ich mich zu einer sitzenden Haltung hoch. Mein Körper rächte sich sofort mit stechenden Schmerzen, und ich stöhnte erneut.
    »Nicht doch, Sie sollten sich mit Ihrer schweren Verletzung

Weitere Kostenlose Bücher