Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
über meine Reaktion.
»Princeps? Was ist das denn?«, schaltet Day sich ein. Er klingt ungeduldig. »Ein paar von uns sind nicht so bewandert in dieser ganzen Republikhierarchie.«
»Der Senatsvorsitzende«, antwortet Razor ruhig, ohne sich zu Day umzudrehen. »Die rechte Hand des Elektors. Sein oder ihr Regierungspartner – und manchmal auch mehr als das. Zumindest ergibt es sich am Ende der zehnjährigen Pflichtausbildung oft so. Die letzte Princeps war Andens Mutter.«
Unwillkürlich sehe ich zu Day hinüber. Sein Kiefer ist angespannt und er sitzt ganz still, alles winzige Anzeichen dafür, dass er lieber nicht hören würde, wie viel der Elektor von mir hält, und dass er mich möglicherweise als zukünftige Partnerin in Erwägung zieht.
Ich räuspere mich. »Diese Gerüchte sind doch bestimmt völlig übertrieben«, bekräftige ich noch einmal, denn mir ist dieses Gespräch genauso unangenehm wie Day. »Und selbst wenn etwas dran sein sollte, dann wäre ich immer noch eine von mehreren Anwärtern für das Amt des Princeps, und ich kann euch jetzt schon sagen, dass alle anderen erfahrene Senatoren sein werden. Aber wie wollt ihr diese Information für euren Mordplan verwenden? Meinst du etwa, ich soll –«
Kaede fällt mir mit einem lauten Lachen ins Wort. »Du wirst ja rot, Iparis«, bemerkt sie. »Gefällt dir die Vorstellung, dass Anden in dich verknallt ist?«
»Nein!«, rufe ich, ein bisschen zu hastig. Jetzt spüre ich erst recht, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass der Grund dafür meine Wut auf Kaede ist.
»Sei doch nicht so verflucht arrogant«, meint sie kichernd. »Anden ist ein hübscher Bursche mit einer ganzen Menge Macht – ziemlich begehrt. Es ist okay, wenn du dich geschmeichelt fühlst. Ich bin sicher, Day versteht das.«
Razor erspart mir eine Antwort, indem er missbilligend die Stirn runzelt. »Kaede. Bitte.«
Sie zieht eine Grimasse und wendet sich dann wieder ihrem Essen zu.
Ich werfe einen Blick zur Couch hinüber. Day starrt an die Decke.
Nach einer kurzen Pause redet Razor weiter. »Selbst nach allem, was passiert ist, kann Anden sich nicht sicher sein, dass du deine Verbrechen gegen die Republik mutwillig begangen hast. Es besteht schließlich immer noch die Möglichkeit, dass Day dich bei seiner Flucht als Geisel genommen hat. Oder dich irgendwie gezwungen hat, dich ihm gegen deinen Willen anzuschließen. Jedenfalls gibt es so viele offene Fragen, dass du nicht als flüchtige Verbrecherin gehandelt wirst, sondern als vermisst giltst. Was ich sagen will, ist: Anden hat sein Interesse an dir bekundet und das heißt, dass du möglicherweise einen gewissen Einfluss auf ihn ausüben könntest.«
»Ihr wollt also, dass ich wieder zur Republik überwechsle?«, frage ich. Meine Worte scheinen im Raum widerzuhallen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Tess unbehaglich auf dem Sofa herumrutscht. Ihre Lippen beben, als wolle sie etwas sagen.
Razor nickt. »Ganz genau. Ursprünglich wollte ich Spione aus meinen eigenen Einheiten einsetzen, um an Anden heranzukommen – aber jetzt haben wir eine viel bessere Alternative. Dich. Du wirst dem Elektor weismachen, dass die Patrioten ihn töten wollen – aber der Plan, von dem du ihm erzählst, ist nur ein Ablenkungsmanöver. Und während alle damit beschäftigt sind, verüben wir den wirklichen Anschlag. Unser Ziel ist nicht nur, Anden zu töten, sondern auch, die Bevölkerung gegen ihn aufzuhetzen, sodass sein Regime zusammenbricht, selbst wenn unser Mordplan nicht funktionieren sollte. Und dafür brauchen wir euch beide. Es heißt, dass der neue Elektor sich binnen der nächsten Wochen auf den Weg an die Front machen wird, um sich dort ein Bild von der Lage zu machen. Die RS Dynasty startet morgen am frühen Nachmittag in Richtung Front. Day wird Kaede, Tess und mich auf dem Flug begleiten. Wir werden den echten Anschlag planen und währenddessen führst du Anden in die Falle.« Mit verschränkten Armen studiert Razor unsere Gesichter und wartet auf unsere Reaktion.
Nach einer Weile findet Day seine Stimme wieder. »Das wird doch unglaublich gefährlich für June«, bemerkt er und stemmt sich ein Stück vom Sofa hoch. »Woher wollt ihr wissen, ob sie überhaupt beim Elektor ankommt, wenn das Militär sie erst mal in die Finger bekommen hat? Wie wollt ihr sicher sein, dass sie sie nicht einfach nur foltern, um Informationen aus ihr herauszubekommen?«
»Keine Sorge, das weiß ich schon zu
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