Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
glänzenden Granitoberflächen im Zimmer. »Und das hier ist dein Quartier, oder?«
Razor wirkt ein wenig irritiert über meine Einschätzung seines Dienstrangs (die ich, wie so oft, einfach nur als Tatsache festgestellt und nicht als Beleidigung gemeint habe), dann aber wischt er meine Worte mit einem kleinen Lachen beiseite. »Ich sehe, vor dir kann man keine Geheimnisse haben. Du bist ein ganz besonderes Mädchen. Nun ja, mein offizieller Titel ist Commander Andrew DeSoto und ich leite drei Einheiten der Stadtstreife in der Hauptstadt. Meinen Decknamen haben mir die Patrioten gegeben. Ich organisiere seit etwas mehr als zehn Jahren die meisten Missionen für sie.«
Day und Tess lauschen nun beide gespannt. »Also ein Republikfunktionär«, wiederholt Day unsicher, den Blick fest auf Razor gerichtet. »Ein Commander aus der Hauptstadt. Hm. Warum hilfst du dann den Patrioten?«
Razor nickt, stützt beide Ellbogen auf den Esstisch und presst die Handflächen zusammen. »Wahrscheinlich sollte ich euch als Erstes mal erklären, wie wir genau arbeiten. Die Patrioten gibt es seit ungefähr dreißig Jahren – am Anfang war es nur eine lose Vereinigung von Rebellen. Diese haben sich erst in den vergangenen fünfzehn Jahren fest zusammengeschlossen, um ihre Gruppe zu organisieren und ihre Ziele ernsthafter zu verfolgen.«
»Es heißt, dass sich mit Razor alles verändert hat«, meldet sich Kaede zu Wort. »Vorher haben andauernd die Anführer gewechselt und es gab finanzielle Probleme. Dank Razors Verbindungen in die Kolonien hatten sie dann mehr Geld für ihre Missionen als jemals zuvor.«
Mir fällt ein, dass Metias in den letzten Jahren tatsächlich mehr mit Anschlägen der Patrioten in Los Angeles zu tun hatte.
Razor bestätigt Kaedes Worte mit einem Nicken. »Wir kämpfen für eine Wiedervereinigung von Kolonien und Republik, um den Vereinigten Staaten wieder zu ihrer alten Größe zu verhelfen.« Ein entschlossenes Funkeln tritt in seine Augen. »Und um dieses Ziel zu erreichen, sind wir bereit, alles zu tun.«
Die Vereinigten Staaten, denke ich, während Razor weiterredet. Als Day auf unserer Flucht aus Los Angeles von den alten Vereinigten Staaten gesprochen hat, war ich noch ziemlich skeptisch. Bis jetzt. »Wie ist denn die genaue Arbeitsweise der Organisation?«, frage ich.
»Wir halten die Augen offen nach Leuten mit besonderen Fähigkeiten und Begabungen, die wir gebrauchen können, und dann versuchen wir, sie anzuwerben«, erklärt Razor. »Normalerweise sind wir ziemlich erfolgreich damit, neue Leute an Bord zu holen, obwohl einige länger brauchen als andere.« Er hält kurz inne und hebt das Glas in Richtung Day. »Ich bin sozusagen einer der Anführer der Patrioten – davon gibt es nicht viele. Wir koordinieren die Arbeit der Gruppe und planen die Missionen der Rebellen. Kaede hier zum Beispiel ist eine unserer Pilotinnen.« Kaede winkt ab, während sie weiter ihr Essen inhaliert. »Sie ist zu uns gestoßen, nachdem sie von einer Luftschiff-Akademie in den Kolonien suspendiert wurde. Die Ärztin, die Day behandeln wird, ist Sanitätsoffizierin, und unsere junge Tess hier wird ebenfalls zur Sanitäterin ausgebildet. Außerdem haben wir Kämpfer, Melder, Späher, Hacker, Eskortmädchen und alles Mögliche in unseren Reihen. Dich würde ich gern als Kämpferin einsetzen, June, obwohl du ja sehr vielseitig begabt zu sein scheinst. Und Day wäre natürlich der beste Melder, den man sich nur vorstellen kann.« Razor lächelt leicht und trinkt sein Glas aus. »Ihr zwei müsstet eigentlich eine völlig neue Kategorie bekommen. Volkshelden. Deshalb seid ihr nämlich so nützlich für uns und das ist auch der Grund, warum ich euch nicht zurück auf die Straße geschickt habe.«
»Nett von dir«, bemerkt Day. »Also, wie sieht denn der Plan aus?«
Razor deutet auf mich. »Ich habe dich ja vorhin gefragt, was du über unseren neuen Elektor weißt. Mir sind da heute ein paar Gerüchte zu Ohren gekommen. Es heißt, dass Anden auf dem Ball Gefallen an dir gefunden hat. Irgendjemand will gehört haben, dass er den Antrag gestellt hat, dich in eine Einheit in der Hauptstadt zu versetzen. Es geht sogar das Gerücht, dass er dich zur neuen Princeps des Senats machen will.«
»Zur neuen Princeps?« Automatisch schüttele ich den Kopf, überwältigt von der Vorstellung. »Das ist bestimmt nur ein Gerücht. Um mich auf das Amt vorzubereiten, würden nicht mal die zehn Jahre Ausbildung reichen.«
Razor lacht bloß
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