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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Gefahr bringen, wenn sie sich freundlich zeigen würde.
    Ruby stieg ab, band die Stute an einen Baum, hob nach kurzem Zögern den Wasserschlauch vom Sattel und ging zu einemflachen Felsen, der nicht weit vom Versteck des Mädchens entfernt aus dem Boden ragte. Sie nahm den Hut ab, fuhr mit den Fingern durch ihre braunen Locken und ließ sich von der Brise den Staub und den Schweiß vertreiben. »Ich bin Ruby«, sagte sie ruhig. »Wer bist du?«
    In den Farnen raschelte es, aber es kam keine Antwort.
    Ruby wiederholte ihre Frage in der Sprache der Aborigines von Moonrakers. Wahrscheinlich würde das Mädchen sie nicht verstehen, denn es gab Hunderte von Dialekten, und es gehörte wohl eher einem anderen Stamm an, aber Ruby war wichtig, eine Verbindung aufzubauen. »Ich vermute, du sprichst Englisch«, sagte sie nach langem Schweigen aus dem Unterholz. »Ich heiße Ruby, und ich will deine Freundin sein.«
    »Ich bin Kumali«, ertönte die schüchterne Stimme.
    Ruby lächelte. »Hallo, Kumali. Warum kommst du nicht raus und setzt dich zu mir?« Sie rückte beiseite, um Platz zu machen.
    Die Blätter raschelten, und das Mädchen trat in Erscheinung, bereit, bei der geringsten Gefahr zu fliehen.
    Ruby schätzte es auf vierzehn oder fünfzehn. Angst stand in den bernsteinfarbenen Augen, und es war mit einer Schmutzschicht bedeckt. Das Mädchen tat Ruby leid, und sie kramte in ihrer weiten Manteltasche nach dem alten Brot und dem zähen Hammelfleisch, das sie für das Mittagessen aufgehoben hatte. Kumali zuckte und fuhr zurück.
    Ruby zog das Päckchen hervor und öffnete es. »Du hast bestimmt Hunger«, sagte sie leise und legte es auf den Felsen. »Bitte, greif zu!«
    Das Mädchen beäugte das spärliche Angebot und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, hielt jedoch Abstand.
    Ruby schob das Päckchen über den warmen Stein. »Es gehört dir«, sagte sie freundlich. »Nimm und iss!«
    Kumali kam Schritt für Schritt vorsichtig näher, ihr Blick schoss zwischen Ruby und der Nahrung hin und her. Sie kam inReichweite, riss alles an sich und lief zurück in die Schatten, wo sie versuchte, sich alles auf einmal in den Mund zu stopfen.
    »Arme Kumali!«, murmelte Ruby. »Du bist kurz davor, zu verhungern, nicht wahr? Ich wünschte, ich hätte mehr, aber das ist alles bis heute Abend.« Das Mädchen mühte sich zu kauen und zu schlucken, und Ruby war erstaunt, dass es nicht erstickte. »Ich habe auch Wasser«, sagte sie, als Kumali sich mit dem Handrücken den Mund abwischte. Sie zog den Stöpsel aus dem Wasserschlauch, trank daraus und hielt ihn der Eingeborenen hin. »Wasser«, sagte sie. »Trink!«
    Diesmal war Kumali weniger zaghaft. Sie nahm den Wasserschlauch von Ruby entgegen und trat nicht wieder zurück. »Wasser?« Da Ruby nickte, trank sie einen langen Schluck. »Ja, Missus. Kumali hat Durst. Viel gelaufen.«
    Ruby lächelte und forderte sie auf, sich zu setzen. Kumali hockte sich vorsichtig auf den Rand des Felsblocks. »Na bitte«, sagte Ruby nickend. »Das war doch nicht schwer, oder?«
    Die bernsteinfarbenen Augen schauten sie an. Neugierig zupfte Kumali an Rubys grellbuntem Kleid. »Kumali kommen mit euch, Missus?«, murmelte sie. »Ob dem Boss gefallen?«
    »Der Boss wird nichts dagegen haben«, erwiderte Ruby mit einer Sicherheit, die ihre Zweifel Lügen strafte. »Er hat gemerkt, dass ich dich unter meine Fittiche nehmen will.« Als Kumali die Stirn runzelte, musste Ruby lächeln. »Keine Bange! Der Boss ist ein guter Mann. Er tut dir nicht weh.«
    Kumali hatte noch immer Bedenken. »Andere Boss-Männer. Die Kumali nicht schlagen?«
    »Niemand wird dich schlagen. Das verspreche ich dir.«
    Kumali rutschte zur Seite. Dabei glitt ihr Kleid von ihrer knochigen Schulter und legte ein ganzes Netz aus Narben frei. Die Striemen waren ineinander verwoben, manche noch frisch purpurrot und geschwollen, andere blasse Überbleibsel älterer Schläge. Blinde Wut überfiel Ruby. Wie konnte jemand so grausam sein!Sie streckte die Hand aus, und das Mädchen duckte sich. »Wer hat das getan?«, wollte Ruby wissen.
    Kumali zog sich das Kleid wieder über die Schulter und wich zurück, erneut auf der Hut. Eine Träne hing an ihren Wimpern. »Boss von Kumali. Habe ihn wütend gemacht. Viele Schläge. Kumali böse Schwarze.«
    »Du lieber Gott!«, stieß Ruby aus. »Wer ist denn dieser Boss? Wo wohnt er?«
    Kumali schüttelte energisch den Kopf, und Ruby wusste, sie würde den Namen aus Angst vor Vergeltung niemals

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