Legion der Morgenroete
fragen, ob wir nicht einen großen Fehler gemacht haben, als wir uns dir anschlossen."
„Jetzt ist es zu spät, Schwager. Wir dürfen uns nicht streiten, sonst sind wir erledigt."
„Ja, es ist zu spät, da muß ich dir beipflichten. Was auch geschieht, falls Huon siegt, sind wir alle verloren."
„Huon wird nicht siegen."
„Wir brauchen eine Million Mann, wenn wir den Palast angreifen und damit Erfolg haben wollen."
„Wir werden sie finden. Wenn wir nur noch einen kleineren Vorteil errängen, würden viele zu uns überlaufen."
Taragorm ging nicht darauf ein, sondern wandte sich statt dessen an Flana. „Es ist zu schade, Flana. Du hättest eine wunderschöne Königin abgegeben."
„Das wird sie auch noch", brauste Meliadus wütend auf und mußte sich beherrschen, um Taragorm nicht zu schlagen. „Dein Pessimismus kommt schon dem Verrat nah, Schwager."
„Und wirst du mich deshalb hinrichten lassen, Schwager? Mich, mit all meinem Wissen? Nur ich kenne die Geheimnisse der Zeit."
Meliadus schüttelte unwillig den Kopf. „Wie käme ich dazu, deinen Tod zu wünschen? Vergessen wir diese Unstimmigkeiten und konzentrieren wir uns lieber darauf, den Palast einzunehmen."
Gelangweilt verließ Flana den Raum.
„Ich muß zu Kalan", erklärte Meliadus. „Er ist mit seinem Zeitplan ein wenig zurück, weil er seine ganzen Geräte und Maschinen so überstürzt umquartieren mußte. Komm, Taragorm, begleite mich."
Sie befahlen ihre Sänfte herbei, stiegen ein und ließen sich von ihren Sklaven und Sklavinnen durch die düsteren Korridore und die gewundenen Rampen des Turmes hinab zu den Gemächern tragen, die Kalan sich in aller Eile als Labor und Arbeitsräume eingerichtet hatte. Eine Tür öffnete sich, und ein fauliger Gestank schlug ihnen entgegen. Meliadus spürte es sogar durch seine Maske hindurch. Er hustete, als er aus der Sänfte stieg, und trat in das Zimmer, in dem Kalan im Augenblick beschäftigt war. Kalans dürrer Oberkörper war nackt, er trug nur die Maske, während er die Schlangenwissenschaftler beaufsichtigte, die unter seiner Anleitung arbeiteten.
Er begrüßte sie stürmisch. „Was wollt ihr? Ich habe keine Zeit, mich zu unterhalten!"
„Wir interessierten uns nur, welche Fortschritte Ihr macht, Baron", brüllte Meliadus über das laute Brodeln hinweg.
„Gute, wie ich hoffe. Die Räumlichkeiten sind schrecklich primitiv, aber die Waffe ist fast fertig."
Taragorm betrachtete zweifelnd den Wirrwarr von Schläuchen, Röhren und Drähten, von denen das brodelnde Geräusch und der Gestank kamen. „Das ist eine Waffe?"
„Sie wird eine."
„Und wie funktioniert sie?"
„Schickt mir ein paar Männer, um sie auf dem Dach aufzubauen, dann werde ich es euch in ein paar Stunden zeigen können."
Meliadus nickte. „Sehr gut. Es ist Euch klar, Kalan, was von Eurem Erfolg abhängt, nicht wahr?"
„Das kann man wohl sagen. Ich verfluche mich bereits, daß ich mich Euch angeschlossen habe, Meliadus, aber ich habe es nun einmal und werde mein Bestes tun. Bitte geht jetzt, damit wir in Ruhe arbeiten können. Ich werde euch Bescheid sagen, wenn die Waffe einsatzbereit ist."
Meliadus und Taragorm gingen zu Fuß zurück durch die Korridore, die Sklaven folgten ihnen mit den Sänften.
„Ich hoffe nur, Kalan ist nicht ganz dem Wahnsinn verfallen", sagte Taragorm eisig, „sonst könnte es leicht sein, daß dieses merkwürdige Ding uns alle vernichtet."
„Oder überhaupt nichts", erwiderte Meliadus düster.
„Wer ist jetzt der Pessimist, eh, Schwager?" brummte Taragorm.
Als Meliadus seine Gemächer erreichte, stellte er fest, daß er Besuch hatte. Ein fetter Mann, aufgeputzt in grellfarbiger Seide über einer Eisenrüstung, mit einem buntbemalten Helm, der einen wildgrinsenden Hund darstellte, wartete auf ihn.
„Baron Adaz Promp", erklärte Flana, die aus einem anderen Zimmer trat, „kam kurz nachdem du weggegangen warst, Meliadus."
„Baron", Meliadus verbeugte sich förmlich. „Ich fühle mich geehrt."
Adaz Promps glatte Stimme drang aus dem Helm. „Worum geht es, Meliadus? Was ist das Ziel?" kam er sofort zur Sache.
„Es geht - nun, um unsere Eroberungspläne. Und das Ziel? Ein nicht von Senilität beeinflußter Monarch auf Granbretaniens Thron. Ein Herrscher, der den Rat erfahrener Krieger, wie wir es sind, beachtet."
„Euren Rat, meint Ihr wohl." Promp kicherte.
„Nun, ich muß zugeben, daß ich eigentlich Euch für beeinflußt hielt, vorn Wahnsinn, meine ich, mein Lord, nicht
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