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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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hin, wo wir hinmüssen.«
    »Und das soll ich glauben? Ich halte uns doch nur auf.«
    Jake schüttelte den Kopf, auch wenn er wusste, dass Ray es nicht sehen konnte. Es war absolut notwendig, dass Ray bereit war, und Jake musste dafür sorgen. Er wusste noch nicht genau, warum, aber seine Träume ließen keinen Zweifel. Wenn er es nicht schaffte, Ray aus seiner selbstmitleidigen Angststarre herauszureißen und ihn davon zu überzeugen, wie wichtig er war, würden sie alle sterben. So viel wusste er mit Sicherheit. Außerdem hatte er ihm das Leben gerettet, und es war nur fair, wenn er für ihn dasselbe tat.
    »Kopf hoch«, sagte Jake. »Das hat meine Mama immer zu mir gesagt, wenn ich traurig war.«
    »Danke«, erwiderte Ray und streckte seine Hand in die Richtung, aus der die Worte gekommen waren, um dem Jungen die Haare zu zerzausen. »Was hältst du davon, wenn wir zusammen zu den anderen gehen?«
    »Okay.«
    Ray stand auf und drehte sich von den Flammen weg. Er versuchte, seine Umgebung in Neunziggradwinkel einzuteilen. Wenn er von der Feuerstelle direkt auf die Treppe zuging, musste er sich nur nach links wenden, dann war er in der richtigen Richtung unterwegs. Routine war der Schlüssel zu allem. Er ging los und spürte, wie Jake seine Hand ergriff; aber der kleine Junge versuchte nicht, ihn zu führen, er ging einfach nur neben ihm, was Ray aufrichtig freute.
    »Du musst diese Augenbinde nicht tragen«, sagte Jake, als sie an der Treppe waren. Sie gingen ein Stück nach rechts, damit Ray sich an der Felswand entlangtasten konnte. »Deine Augen sehen gar nicht so schlimm aus, wie du denkst.«
    Ray lächelte und drückte Jakes Hand. Zusammen gingen sie die Steinstufen hinauf, bis sie oben auf dem Felssims angelangt waren. Dort konnte Ray den Luftzug des Tunnels spüren, der nach draußen führte, den zarten Atem der Außenwelt hören, und er ging direkt darauf zu. Sechzehn Schritte bis zum Eingang, weitere einundzwanzig bis zur Biegung. Ray fuhr mit seinen Fingerspitzen an der Tunnelwand entlang, ertastete die Unebenheiten, während er die nächsten sechsunddreißig Schritte zählte, die sie bis zur Höhle zurücklegen mussten. Er hörte die Stimmen von draußen, gerade noch so weit weg, dass er die Worte nicht verstehen konnte, fühlte die Kühle der nächtlichen Brise auf seinem Gesicht.
    Ray begann zu laufen, aber seine Füße blieben an etwas hängen, und er schlug der Länge nach hin. Er landete auf etwas Weichem und rollte zur Seite.
    »Verdammt!«, fluchte er und schlug mit den Fäusten auf den Boden.
    »Schon gut«, sagte Jake und versuchte, Ray wieder auf die Beine zu helfen.
    Ray zog seine Hand weg. »Ich kann das allein!«
    Jake zuckte zusammen und ging einen Schritt zurück.
    »Jake …«, flüsterte Ray, als er das Zittern in der Stimme des Jungen hörte. Er rappelte sich wieder hoch und unterdrückte den Drang, nach dem Haufen Decken zu treten, über den er gestolpert war. »Es tut mir leid. Ich … ich wollte dich nicht so anschreien. Ich war nur … wütend auf mich selbst. Ich hätte es nicht an dir auslassen sollen. Aber jedes Mal, wenn ich glaube, ich würde Fortschritte machen, stell ich irgendetwas Bescheuertes an.«
    »Es war nicht deine Schuld«, flüsterte Jake. Das Zittern in seiner Stimme schmerzte Ray unendlich viel mehr, als jeder Sturz es vermocht hätte. »Ich hätte dich warnen sollen.«
    »Komm her«, sagte Ray leise und kniete sich auf die Decken. Er musste sich kurz mit den Händen abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, dann streckte er seine Arme nach beiden Seiten aus.
    Jake warf sich in Rays Umarmung und hätte ihn beinahe wieder umgestoßen.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Ray in das Ohr des kleinen Jungen. Er spürte die Tränen auf Jakes Wangen. Sie brannten wie Säure. »Du weißt, dass es mir leidtut, oder?«
    Jake nickte und rieb seine feuchte Wange an Rays Gesicht.
    »Ich wollte dich nicht anschreien.«
    »Ich weiß«, sagte Jake schniefend, »aber das war es gar nicht, was mir solche Angst gemacht hat.«
    »Was meinst du damit?« Verwirrt zog Ray seinen Kopf zurück. »Was hat dir denn dann Angst gemacht?«
    Er spürte, wie Jake seine Umarmung löste und an Rays Hinterkopf fasste. Die zarten Finger des kleinen Jungen begannen, an dem Knoten seiner Augenbinde herumzufummeln, und Ray senkte seinen Kopf, damit Jake sie ihm abnehmen konnte.
    »Hier«, sagte Jake und hielt Ray die Augenbinde hin.
    »Was soll ich …?«, begann er, verstummte aber abrupt, als

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