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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Schritte zurück, um ihr Werk zu begutachten. Der Marmor verlieh dem Grab etwas Feierliches, eine gewisse Erhabenheit, während das Holzkreuz immer wie ein Provisorium gewirkt hatte.
    »Sollen wir ein paar Worte sagen?«, fragte Mare.
    »Nein«, erwiderte Phoenix. »Alles Wichtige wurde schon gesagt. Diese Grabsteine sind für jene gedacht, die noch kommen werden, damit sie von den Opfern erfahren, die um ihretwillen gebracht wurden, ganz gleich ob sie Kinder von Menschen sind oder nicht.«
    Mare nickte und schüttelte seine Arme aus. »Ich schätze, das heißt, wir sollten gleich den Nächsten holen.«
    Ray wollte gerade fragen, warum Evelyn geschrien hatte, als er sie in einiger Entfernung weinen hörte. Er drehte sich in ihre Richtung und ging los. Jakes Hand glitt in die seine.
    Zusammen hielten sie auf die verkohlte Straßensperre zu, Ray erkannte es am Geruch. Er hörte knirschende Schritte, als Mare und Phoenix sie überholten, dann das hohle Klappern von Stiefeln auf losen Holzbalken und Evelyns ersticktes Schluchzen …
    Ray blieb stehen.
    Der Geruch von verbranntem Holz war eindeutig zu stark. Es hatte eine Weile gedauert, bis er es merkte; eigentlich hätte es ihm gleich auffallen müssen. Das Holzgerüst war bereits vor mehreren Tagen niedergebrannt und in sich zusammengebrochen. Der Wind hatte mittlerweile auch den letzten Rest Asche fortgetragen, nur die verkohlten Balken waren noch übrig. Was er da roch, waren nicht verbrannte Holzlatten, sondern brennende Bäume.
    Er wandte sich wieder in Richtung des Sees, hielt seinen Kopf direkt in den Wind, der gerade gedreht hatte und nun landeinwärts über die Wellen wehte. Der Geruch war nur ganz schwach, als käme er von sehr weit her, aber er war unverkennbar.
    Der Wind änderte seine Meinung, und der Geruch war wieder verschwunden, als wäre er nur für einen kurzen, kostbaren Moment da gewesen, einzig und allein für ihn bestimmt.
    »Was ist?«, fragte Jake.
    »Wenn du hinaus auf den See schaust, was siehst du dann?«
    »Nur Wasser.«
    »Keinen Rauch?«
    »Nein.«
    »Auch nicht ganz weit weg?«
    »Nein … warum?«
    Ray schüttelte den Kopf. »Egal.« Doch das war es nicht, und er wusste es. Unter dem beißenden Gestank von kochendem Harz hatte er noch etwas anderes wahrgenommen, etwas, das ihm mittlerweile nur allzu vertraut war.
    Den Geruch von brennendem Fleisch.
    Und der ängstigte ihn zu Tode.

VI
     
    IN DEN RUINEN VON DENVER, COLORADO
     
    Tod stand ganz oben auf seinem schwarzen Turm und beobachtete, wie die Welt um ihn herum brannte. Hinter ihm standen die sich endlos erstreckenden östlichen Ebenen restlos in Flammen, die Nacht war taghell erleuchtet, nur hier und da waren schwarze Flecken zu sehen, auf denen alles Lebendige bereits verbrannt war und die Erde unter einer dicken Schicht aus Asche und Ruß begraben lag. Es gab niemanden mehr, der versucht hätte, die Flammen zu ersticken, also blieb nur noch Mutter Natur, um die wütenden Brände zu löschen, doch bis jetzt hatte sie noch keine einzige Träne über ihre verlorene Schöpfung vergossen. Die Ruinen der Gebäude im Umkreis des schwarzen Monolithen schwelten vor sich hin und entließen dünne Rauchsäulen in den Himmel, wo sie sich mit dem beißenden Rauch vermischten, der in einem gigantischen Strudel über Tods Haupt wirbelte. Die Flammen drangen nur bis zum Fuß seines Turms vor und erstarben dort, als fürchtete selbst das Feuer sich, in die verfluchte Festung einzudringen. Von hier oben sah es aus, als rage Tods Turm aus einem See flüssigen Feuers. Doch es war weder die Verwüstung, die Hunderte von Metern unter ihm tobte, noch das Schauspiel, wie die Flammen sich immer weiter nach Osten ausbreiteten, was seine Aufmerksamkeit im Bann hielt. Es waren der westliche Horizont und die gezackte Linie der Rocky Mountains, die ihn nicht mehr losließen. Die Gebirgsausläufer leuchteten im Schein der Brände, die sich bis hinauf zur Baumgrenze erstreckten. Er hatte den Weg seiner Untergebenen anhand der Flammenwand verfolgt, die sie vor sich hertrieben, die sich hinter ihnen jetzt auch nach Norden und Süden ausbreitete, genährt von einem scheinbar unerschöpflichen Vorrat an immergrünen Pflanzen. Die Front Range hatten seine Kinder des Chaos bereits überquert, waren weit in die dahinterliegende Wildnis vorgedrungen, wo sie alles auf ihrem Weg einäscherten. Jedes Geschöpf, das sich auf ihrem Weg befand, würde in dem von ihnen entfachten Fegefeuer umkommen oder weiter nach Westen

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