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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Blick schickte er sie fort. Sie kehrten zurück in die Schatten neben dem Durchgang, doch jetzt verschmolzen sie nicht mehr mit der Dunkelheit, sondern stachen regelrecht hervor – eine neue Kraft pulsierte in ihnen wie der Pulsschlag in zwei schwarzen Herzen. Bald würde er sie hinausschicken in die Welt, um ihre neuen Kräfte zu erproben: Pest die bösartigen Krankheitserreger, die sich jetzt ungezügelt in ihrem Körper vermehrten, und Hunger den Zellverfall, über den er jetzt gebot.
    Nun war alles bereit.
    Tod zog sich in sich selbst zurück, genoss die Schreie seiner Opfer, die bald ertönen würden, und den endgültigen Sieg, den sie bedeuteten. Gott schrie donnernd seine Wut hinaus und peitschte den großen schwarzen Turm mit Hagelkörnern, doch für Tod bildete das Prasseln lediglich die Gegenstimme zu dem Chor der Schmerzen, der in seinem Geist erklang.

VII
     
    HIGHWAY 40, UTAH
     
    Keiner von ihnen hatte wieder einschlafen können, nachdem Jill sie mit ihrem kreischenden Schrei aufgeweckt hatte. Auf diese Weise aus dem Schlaf gerissen zu werden hatte ihnen allen einen beträchtlichen Adrenalinstoß versetzt, und sie waren hellwach. Sie mussten den unverhofften Energieschub nutzen, solange er anhielt. Sie waren daran gewöhnt, immer nur ein paar Stunden zu schlafen, wenn sich gerade die Gelegenheit bot, denn sie wussten nie, wann die nächste kommen würde. Die Tage, die auf den Angriff des Schwarms gefolgt waren, mochten sie ein wenig verweichlicht haben, aber es war leicht, das alte Muster wieder aufzunehmen; außerdem hatte Adam in der Zeit, in der Jill sich von ihrer Vision erholte, die Motorräder bereit gemacht.
    Ray saß hinter Mare. Das Gefühl, seine Arme um einen anderen Jungen zu schlingen und sich von hinten an ihm festzuhalten, war beunruhigend. Nicht wegen der sexuellen Konnotationen – solche Gedanken waren ihm nie in den Sinn gekommen -, sondern weil er blind war. Wenn er sein Gewicht im falschen Moment verlagerte, wenn sie etwa in eine Kurve einbogen oder gerade einen Schlenker um ein liegengebliebenes Fahrzeug machten, konnte er sie damit beide töten. Er wusste, dass Mare alle Mühe hatte, ihrer beider Gewicht auszubalancieren. Alles, was er tun konnte, war, sich möglichst tief zu ducken und Mares subtilen Bewegungen zu folgen, wenn er sich nach links oder rechts lehnte. Er fühlte sich wie ein Krüppel, auf das Wohlwollen der anderen angewiesen. Er war das Kreuz, das sie alle gemeinsam zu tragen hatten. Solange sie die Motorräder hatten, waren die Auswirkungen nur minimal, aber was, wenn sie zu Fuß weitermussten? Auf einer flachen, ebenen Straße konnte er einfach einen Fuß vor den anderen setzen, ohne hinzufallen, aber selbst dann würde er die Gruppe beträchtlich verlangsamen. Und wenn sie die Straße verlassen mussten oder auch nur auf eine Schotterpiste ausweichen, würde er im Handumdrehen zu einer Last werden. Durch Wiederholung hatte er gelernt, die Wege zwischen der Höhle und dem Strand zurückzulegen, doch selbst dabei war er öfter hingefallen, als er zugeben wollte. Einen unbekannten Weg entlangzuhasten wäre so gut wie unmöglich, wenn er nicht zu beiden Seiten einen Helfer hatte, der ihm sagte, wohin er seinen Fuß setzen musste, damit er nicht über jeden noch so kleinen Stein stolperte oder über eine übereifrige Wurzel, die sich aus dem Boden streckte. Keiner aus ihrer Gruppe würde es jemals aussprechen, aber ohne ihn wären sie dann zweifellos besser dran. Ray konnte nicht mehr sehen, aber er war nicht blind für die unleugbare Wahrheit.
    Seine Augenhöhlen brannten. Das taten sie immer, wenn sein Körper weinen wollte, denn seine Tränen würden nie mehr fließen.
    Er dachte an Tina und daran, wie er mit ihr hätte sterben sollen. Er hätte ihre Hand halten sollen, während sie aus dem Leben schied. Sie hätte nicht allein sein dürfen auf den dreckigen Fliesen dieser Rastplatz-Toilette. Er hätte an ihrer Stelle sein sollen. Es hätte sein Kopf sein sollen, der in einer Fontäne hellroten Blutes vom Rumpf getrennt wurde …
    Genug. Genug Selbstmitleid. Dies war das Schicksal, das ihnen zuteilgeworden war, und er musste damit zurechtkommen, so oder so. Außerdem hatte Mutter Natur so ihre Mittel und Wege, um die Schwachen zur Strecke zu bringen. Wenn er zurückfiel oder stürzte, gab es ohne jeden Zweifel irgendetwas, das nur darauf wartete, kurzen Prozess mit ihm zu machen. Am besten ließ er es gar nicht erst so weit kommen, dachte er mit einem Lächeln

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