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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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war wohl auf der Suche nach Elina. Hat man sie schon gefunden?«
    Ich schüttelte den Kopf. So schwer mir die Lüge fiel, es war nicht meine Sache, ihr von Elinas Tod zu erzählen. Ein dunkler Schimmer tauchte in ihren Augen auf, und sie schüttelte verwirrt den Kopf, als ich sie fragte, wohin Elina gegangen sein könnte.
    »Ist sie nicht bei Joona … Joona Kirstilä, ihrem Freund? Sie wollte doch mit Joona nach Tallinn fahren. Waren Sie in Rosberga? Vielleicht ist sie schon zurück.«
    Mit Joona nach Tallinn? Das hörte ich zum ersten Mal. Konnte es sein, dass Aira etwas durcheinander brachte, erinnerte sie sich vielleicht an ein früheres Weihnachtsfest? Ich würde Joona fragen müssen. Oder spielte Aira mir etwas vor?
    »Sie ist nicht zurückgekommen«, antwortete ich. »Erinnern Sie sich an Ihren Unfall? Wo sind Sie gefallen?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    »Das Erinnern tut so weh«, klagte sie mit hilfloser Greisen-stimme, die trotz ihres körperlichen Verfalls nicht zu ihr zu passen schien. »Ich bekomme Kopfschmerzen.«
    Im selben Moment klopfte eine Krankenschwester an die Glasscheibe in der Tür, vielleicht hatte sie unser Gespräch mitgehört. Ich musste gehen. Aus Aira war vorläufig nichts herauszubekommen.
    »Bitten Sie Elina, mich zu besuchen, sobald Sie sie gefunden haben«, sagte Aira, als ich bereits an der Tür stand. Ihre Stimme war dünn und brüchig. Ich nickte, mir saß ein Kloß in der Kehle.
    Wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass Elina nie mehr zurückkam? Warum musste sie zweimal trauern?
    Noch am selben Abend versuchte ich, Joona Kirstilä zu erreichen, doch er meldete sich nicht. Womöglich hockte er wieder in einer Kneipe und suchte nach seinen Worten. Den Rest des Abends verbrachte ich damit, mein Abiturkleid auszubessern.
    Da wir bei der Arbeit keine Uniform trugen, hatten wir beschlossen, auch zu Palos Beerdigung in Zivil zu gehen. Das Kleid war unter den Armen gerissen, weil ich irgendwann einmal zu wild darin getanzt hatte. Es war schon mehr als zehn Jahre alt und allmählich reif für den Lumpensammler. Ich hatte die dumme Angewohnheit, an meinen Kleidern zu hängen, sie zu tragen, bis sie sich auflösten, und nur im äußersten Notfall neue zu kaufen. Plötzlich ertappte ich mich bei der Überlegung, welche Kleider mir im Sommer noch passen würden – kein einziges. Der Gedanke an rüschenverzierte Umstandskleider war mir so zuwider, dass ich mir eine Flasche alkoholarmes Bier aus dem Kühlschrank holte, um wenigstens den vertrauten Geschmack im Mund zu haben.
    Am nächsten Morgen erhielt ich die Informationen über die Reifenspuren, die nach dem Anschlag auf Aira am Tor von Rosberga gesichert worden waren. Wir konnten zwar nicht blindlings die Autoreifen unbescholtener Bürger überprüfen, aber unter dem Vorwand, bestimmte Personen ausschließen zu können, bekamen wir vielleicht die Erlaubnis, die Pkws derjenigen zu untersuchen, die sich häufiger in Rosberga aufgehalten hatten. Wie besessen arbeitete ich mich durch Routineangele-genheiten. Am nächsten Tag würde ich nicht viel schaffen, denn ich musste zuerst zur Vorsorgeuntersuchung und dann zu Palos Beerdigung. Nach der Mittagspause wagte ich es, Kirstilä anzurufen, der offenbar einen irrsinnigen Kater hatte. Pentti miaute wütend im Hintergrund, während sein Besitzer, von wüsten Hustenanfällen unterbrochen, versicherte, er habe keine Ahnung von einer Reise nach Tallinn.
    »Ich komm doch nicht ins Gefängnis wegen diesem blöden Haschisch?« Es klang, als ob er beim Telefonieren gleichzeitig eine Dose aufmachte, Katzenfutter vielleicht.
    »Wohl kaum«, sagte ich, obwohl ich auf seine Frage nicht einzugehen brauchte. »Bei einer so kleinen Menge dürfen wir heutzutage auf eine Anzeige verzichten. Aber du solltest dir trotzdem einen Rechtsbeistand besorgen. Ein tätlicher Angriff gegen einen Polizisten in Ausübung seines Amtes ist fast gravierender.«
    »Ihr Scheißtypen dürft also sagen, was ihr wollt, und ich habe kein Recht, mich zu verteidigen?« Nun klang Kirstilä schon munterer, offenbar hatte er außer dem Katzenfutter auch gleich eine Flasche Bier aufgemacht.
    »Kommissar Ström kann zweifellos etwas ausfallend werden«, gab ich zu.
    »Und er hasst Männer mit langen Haaren, vor allem, wenn sie Gedichte schreiben«, sagte Kirstilä und hörte sich an, als wäre er keinen Tag älter als zwanzig. Dennoch, seine Beschreibung war treffend. Ich wunderte mich immer wieder über Pertsas Fähigkeit,

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