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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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Neujahrskörperverletzungen eingestellt, die fast nahtlos an die weihnachtlichen anschlossen. Eigentlich war ich kaum überrascht über die Nachricht aus dem Provinzialgefängnis, Markku Halttunen sei zwei Tage vor Neujahr ausgebrochen. Halttunen war im Herbst wegen drei bewaffneten Banküberfällen und zwei schweren Körperverletzungen verurteilt worden, die er in Espoo begangen hatte, nachdem er gerade erst auf Bewährung entlassen worden war. Palo und ich waren ihm schließlich mithilfe eines psychologischen Profils nach amerikanischem Vorbild auf die Spur gekommen. Bei dieser Methode, die sich zunehmend auch in Finnland durchsetzte, fühlte ich mich zwar manchmal allzu sehr an Filme wie »Das Schweigen der Lämmer« erinnert, in denen Superpolizisten Superkriminelle jagen, doch in diesem Fall hatte sie zum Erfolg geführt.
    Halttunen hatte gedroht, uns beide nach seiner Freilassung zu erledigen; ebendeshalb hatte uns die Vollzugsanstalt gewarnt.
    Ich wusste nicht recht, wie ernst die Drohung zu nehmen war.
    Dass eine Frau maßgeblich an seiner Ergreifung beteiligt war, hatte Halttunen offenbar ganz besonders in Rage gebracht.
    Gewalttätigkeit gegenüber Frauen war ein zentraler Faktor in dem Profil, das wir erstellt hatten. Auch bei seinen rasant durchgezogenen Banküberfällen hatte er jedes Mal mindestens eine Angestellte niedergeschlagen. Einer der beiden Fälle von Körperverletzung hatte eine Vergewaltigung eingeschlossen.

    »Ich trag meine Dienstwaffe bei mir, bis der Kerl wieder hinter Gittern sitzt«, erklärte Palo. »Der ist doch total durchgeknallt!« Ich gab Anweisung, alle Besucher genau zu kontrollieren. Palos Nervosität begann mich anzustecken. Bevor ich mir jedoch weitere Gedanken darüber machen konnte, wurde ich von Tarja Kivimäki unterbrochen, die meiner Bitte um Rückruf nachkam.
    »Mir passt es um zwölf Uhr«, erklärte sie kühl. »Ich werde meine Mittagspause opfern, der Rest des Tages ist lückenlos verplant.«
    Zwölf Uhr war mir gar nicht recht, ich hatte für halb eins einen Termin bei meiner Ärztin. Während ich nach einer Lösung suchte, ging mir plötzlich auf, was von nun an mein Alltag sein würde: stressiges Lavieren, um Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen, ständiges Abwägen, was jeweils das Wichtigste war. Vielleicht war es doch angenehmer, über Halttunen nachzudenken …
    Wir einigten uns schließlich darauf, uns um halb zwölf vor dem Regierungsgebäude zu treffen, von dort würde ich es mit etwas Glück schaffen, rechtzeitig in der Praxis in Helsinki zu sein. Als Nächstes musste ich einen Termin mit Niina Kuusinen vereinbaren. Da sie sich nicht meldete, hinterließ ich eine Nachricht und wollte mich gerade dem Stapel unerledigter Vorgänge zuwenden, als Palo wieder antanzte, gefolgt von Pertsa, der mir Fotos von der Leiche auf der Müllkippe auf den Tisch knallte.
    »Guck dir die mal an, Kallio. Der Arzt kann sich keinen Reim auf die Tatwaffe machen. Was meinst du?«
    Obwohl die Fotos den Gestank nicht wiedergaben, waren sie ekelhaft genug. Gefrorene Eingeweide auf dem strahlend weißen Schnee, ebenso von Vogelschnäbeln zerfetzt wie das Gesicht des Mannes.

    »Mit einem Messer kriegt man so was nicht zustande, es muss eine größere Waffe gewesen sein. Ich würde auf eine Säge tippen«, sinnierte Pertsa.
    Sein Rasierwasser roch süßlich, ein wenig nach Kirschgeist, der zu lange im Warmen gestanden hat. Die Übelkeit kehrte zurück, Schweiß lief mir den Rücken hinunter, mir kam das Frühstück hoch. Ich brachte kein Wort heraus, stürzte nur noch aufs nächste Klo. Dass es das Männerklo war, scherte mich jetzt nicht. Ich erbrach mich so heftig, dass es mich schüttelte, spürte überall Schweißtropfen, unter den Brüsten, an den Oberschenkeln, zwischen den Zehen.
    Als das Schlimmste überstanden war, spülte ich mir den Mund mit Wasser aus und klaute einen Klacks Zahnpasta aus Taskinens Tube.
    »Du scheinst ja einen ziemlichen Kater zu haben«, meinte Palo mitfühlend, als ich wieder in mein Büro schlurfte.
    »Ein paar Whisky zu viel, das wird schon wieder.« Ich gab mir Mühe, die Sache herunterzuspielen.
    »Möchtest du eine Tablette gegen Reisekrankheit?« Palo kramte in seiner Tasche, in der er, wie alle wussten, eine kleine Apotheke mit sich herumschleppte. »Nimm eine von diesen und dazu zwei Vitamin-B-Tabletten, das bringt dich im Nu wieder auf die Beine.«
    »Danke, aber die vertrag ich nicht.« Pertsa sah mich prüfend an, er schien genau

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