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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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gesagt, sie war ebenso wie ich eine professionelle Fragestellerin, das Antworten dagegen schien ihr Schwierigkeiten zu bereiten. Auch jetzt begann sie mit einer Frage, sie wollte wissen, wie Elina gestorben war.
    »Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen«, wich ich aus, doch bevor ich mit einer Gegenfrage parieren konnte, setzte Kivimäki ihren Angriff fort:
    »Ach, kommen Sie, Sie haben doch längst etwas herausgefunden. Aira hat von Erfrieren gesprochen und erzählt, Elina sei im Nachthemd durch den Wald geirrt. Trifft das zu?«
    Ich nickte stumm und hielt ihr die schwere Tür zur Universitätsbibliothek auf. Als Studentin hatte ich oft hier im Café gesessen. Im Porthania-Gebäude der Uni hatte ich mich nie wohl gefühlt, und im Hauptgebäude hockten zu viele Bekannte herum.

    Der hintere Raum war völlig leer. Während ich den Recorder aufbaute, holte Pihko uns beiden eine Tasse Kaffee. Kivimäki versorgte sich mit Tee und Gemüsequiche. Wenn sie den Mund voll hatte, schaffte ich es vielleicht, meine Fragen anzubringen.
    Als Erstes bat ich sie um ihre Personalien und erfuhr zu meiner Überraschung, dass sie aus Tuusniemi stammte, das ganz in der Nähe meiner Heimatstadt lag. Vom Savo-Dialekt, den man dort sprach, war bei ihr absolut nichts mehr zu hören, vermutlich hatte sie ihn bewusst abgelegt. Sie war dreiunddreißig, lebte also sicher schon seit mehr als zehn Jahren in der Hauptstadtregion.
    Ich hätte gern mehr über ihre Herkunft erfahren, um die harte Schale aus Kompetenz und Aggressivität zu durchbrechen, die sie umgab, doch das Vernehmungsprotokoll gestattete mir nur die Frage nach Geburtsort und Anschrift. Anschließend gingen wir Tarja Kivimäkis frühere Aussage noch einmal durch. Einen Selbstmord schien sie nach wie vor für ausgeschlossen zu halten.
    »Ich kann mir allerdings auch nicht erklären, wieso Elina in Nachthemd und Morgenmantel im Wald herumgelaufen ist. Es sei denn …« Sie unterbrach sich und schien nachzudenken, schob sich dann ein Stück Quiche in den Mund, als wollte sie Zeit gewinnen. Mein Kaffee schmeckte bitter und abgestanden, Pihko hatte natürlich keine Milch hineingegossen. »Vielleicht ist es einem ihrer Pfleglinge gelungen, Elina in den Wald zu locken. Aber selbst dann muss sie überzeugt gewesen sein, dass sie nur kurz hinausgehen würde, andernfalls hätte sie doch wenigstens Mantel und Schuhe angezogen.«
    Da ging mir plötzlich auf, dass diese Möglichkeit ja keineswegs auszuschließen war. Vielleicht war Elina tatsächlich in Mantel und Schuhen aus dem Haus gegangen, die ihr später jemand ausgezogen und nach Rosberga zurückgebracht hatte.
    Das eröffnete ganz neue Perspektiven …
    »Sie haben neulich bereits von Elinas Pfleglingen gesprochen.
    Aus welchem Grund haben denn Sie sich von Elina bemuttern lassen?«, fragte ich schroffer als nötig, ich wollte unbedingt eine Bresche in Tarja Kivimäkis Autorität schlagen.
    »Mich hat sie nicht bemuttert!« Ihre Stimme war eisig. »Ich war ihre Freundin, nicht ihr Mündel! Und überhaupt, was hat unsere Beziehung mit der ganzen Sache zu tun?« Ich gab keine Antwort, was sie ganz offensichtlich irritierte, denn sie fuhr fort:
    »Sie werden mir natürlich mit dem alten Klischee kommen, in einem Mordfall wäre alles wichtig. Aber ich habe Elina nun wirklich nicht ermordet. Sie halten mich für gefühllos, weil ich mir nichts anmerken lasse, obwohl meine beste Freundin gestorben ist, aber was wissen Sie denn davon, wie sehr ich um sie trauere, wenn ich allein bin und der Trauer nachgeben kann, ohne mein Berufsleben zu gefährden?«
    »Schön, Sie waren also Elinas beste Freundin. Wissen Sie, ob sie jemals schwanger war? Ob sie eine Abtreibung hatte, eine Fehlgeburt oder einen größeren gynäkologischen Eingriff?«
    »Diese Angaben können Sie doch von ihrer Ärztin bekommen.«
    »Ich frage aber Sie danach.«
    »Warum? Von einer Schwangerschaft habe ich jedenfalls nie etwas gehört. Ich hatte immer den Eindruck, sie wollte keine Kinder. Auch in dieser Hinsicht waren wir uns gleich.«
    »Bei wem war sie in Behandlung?«
    »Ihre langjährige Frauenärztin Eira Lehtovaara ist seit einigen Jahren im Ruhestand, seitdem ging Elina vermutlich zu einer anderen Ärztin in derselben Gemeinschaftspraxis. Aira wird es sicher wissen.«
    Tarja Kivimäki trank ihren Tee aus und sah mich erwartungsvoll an, als hoffte sie, endlich eine intelligente Frage zu hören.
    Sie brachte mich allmählich auf die Palme. Wenn sie jemanden

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