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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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über den »bloßen Überlebensinstinkt« etwa eines Huhns hinausreicht. Aus diesem Grund wäre es absurd, die Interessen einer Frau als gleichrangig mit den »Interessen« eines Fötus oder gar eines Embryos einzustufen. Gerade bei einem frühen Schwangerschaftsabbruch sind die moralischen Einwände der Abtreibungsgegner nichtig: Denn warum sollte man ethische Bedenken haben, eine Zellformation zu eliminieren, die weder Schmerz noch Freude kennt?
    Also ist die Formel »Schwangerschaftsabbruch ist Mord!« unsinnig …
    Absolut! Mord meint, wie ich schon sagte, das absichtliche, von niederen Motiven getragene Töten einer Person gegen ihren Willen. Da aber beim Schwangerschaftsabbruch keine Person zu Schaden kommt, ist es Unsinn, in diesem Zusammenhang von »Mord« zu sprechen.
    Du hast eben angedeutet, dass ein früher Schwangerschaftsabbruch unbedenklicher sei als ein später. Warum?
    Weil mit der Entwicklung des Fötus auch sein Empfindungsreichtum wächst. Zwar ist er in einem späteren Reifezustand noch immer keine Person , aber doch ein empfindungsfähiges Lebewesen , dessen »Interessen« wir berücksichtigen müssen. Wenn also jemand eine Spätabtreibung durchführen will, so müssen dafür schon gewichtige Gründe sprechen, beispielsweise, dass das Leben der Mutter gefährdet ist. In dem Fall steht das Interesse einer Person, die sich ihrer eigenen Existenz bewusst ist, gegen das Interesse eines Lebewesens, das zwar Schmerzen empfinden kann, aber von seiner Erlebnisqualität noch sehr eingeschränkt ist. Von dem Empfindungsreichtum eines gewöhnlichen Hausschweins ist ein Fötus jedenfalls noch sehr weit entfernt.
    Moment mal: Heißt das, dass wir die Interessen eines Schweins stärker gewichten sollten als die Interessen eines ungeborenen Kindes?
    Es würde zumindest nicht schaden, wenn diesen eifrigen christlichen »Lebensschützern« bewusst würde, dass das Schinkenbrot, das sie abends genüsslich verspeisen, den Tod eines Lebewesens erforderte, das weit höhere Bewusstseins- und Empfindungsfähigkeiten besaß als jeder menschliche Fötus! Der entscheidende Punkt ist doch: Wenn wir das »Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleichrangiger Interessen« ernst nehmen, so dürfen wir die Interessen nicht menschlicher Lebensformen nicht allein deshalb übergehen, weil sie einer anderen Spezies angehören! Der australische Philosoph Peter Singer hat, wie ich meine, den » Speziesismus «, das heißt: die unreflektierte Bevorzugung der Mitglieder der eigenen Spezies, in dieser Hinsicht zu Recht mit Sexismus und Rassismus verglichen. Sowenig es rechtmäßig sein kann, die Interessen eines anderen zu missachten, weil er eine andere Hautfarbe oder andere Geschlechtsmerkmale hat, sowenig sollten wir andere Lebewesen aus speziesistischen Gründen diskriminieren.
    Du meinst also, dass wir Menschen und Tiere gleich behandeln sollten?
    Nein, gleich behandeln sollten wir nur gleichrangige Interessen! Das Überlebensinteresse eines Menschen ist natürlich nicht gleichrangig mit dem Überlebensinstinkt einer Stechmücke, die ihn in der Nacht zur Verzweiflung bringt. Wie wir am Beispiel des Embryos oder Fötus gesehen haben, ist es ethisch entscheidend, welche Bewusstseins- und Empfindungsfähigkeit ein Lebewesen besitzt. Zwar sollten wir keinem Lebewesen unnötiges Leid zufügen, aber es macht einen großen Unterschied, ob man ein Insekt tötet oder ein höheres Wirbeltier, das Lust und Schmerz in einer durchaus vergleichbaren Weise empfinden kann wie wir.
    Also müssen insbesondere die Interessen von Tieren, die Lust und Schmerz empfinden, ethisch berücksichtigt werden.
    So ist es. Wir müssen akzeptieren, dass Tiere keine bloßen Dinge sind, über die wir ohne Rücksichtnahme verfügen könnten. Besonders bedeutsam ist das natürlich bei jenen Tieren, die bereits über eine Form von »Ich-Bewusstsein« und somit auch über eine Art »personales Überlebensinteresse« verfügen. Daher sollten Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans unbedingt ein »Recht auf Leben« erhalten, individuelle Freiheiten genießen können und vor Folter geschützt sein, wie es vom »Great Ape Project« in der »Deklaration über die Großen Menschenaffen« gefordert wird.
    Im Falle der Menschenaffen werden das sicherlich viele einsehen. Ganz anders sieht es aber aus, wenn es darum geht, die Interessen eines Schweins oder einer Kuh zu berücksichtigen … Was mir noch nicht ganz klar ist: Läuft das »Prinzip der gleichen

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