Leichenfresser - Thriller
ihn gewarnt, dass sie keine andere Wahl habe, als sich Smeltzers eigene Frau sowie die Frauen aus den Häusern in der Nähe zu holen, wenn er es nicht tat. Doch der Friedhofsverwalter hatte sich geweigert. Er hatte in der Flasche Mut gefunden und war streitlustig geworden. Der Mann hatte sich über die Anwesenheit der Polizei und darüber beschwert, dass die Vertreter des Gesetzes zu viele Fragen gestellt hatten.
Der Ghoul hatte davon nichts gewusst, zumal er die Stunden des Tageslichts schlafend tief unter dem Friedhof verbrachte. Es missfiel ihm, zu erfahren, dass sein erstes Opfer – der Jugendliche, dessen Gefährtin er geraubt hatte – entdeckt worden war. Noch wütender wurde er, als er hörte, dass Smeltzer den Leichnam des jungen Mannes nicht ordentlich entsorgt hatte. Wieder knirschte der Ghoul verärgert über das Gebot des Schöpfers die Zähne – kein lebendiges Blut, kein lebendiges Fleisch.
Er grinste, als er an das Kind zurückdachte, dessen Fuß durch das Tunneldach eingebrochen war. Der Ghoul hatte den Jungen nur gekratzt, aber er hatte gehört, wie das Kind an der Erdoberfläche seinen Gefährten zugerufen hatte, es sei gebissen worden. Der Ghoul konnte nicht sicher sein, doch er glaubte, es könnte sich um denselben Jungen handeln, der ihn in dieser Nacht gestört hatte. Der Geruch war ähnlich. Er hätte den Jungen beißen sollen. Aber er hatte bereits gegen das Gebot verstoßen, als die drei jungen Männer in sein unterirdisches Heim eingedrungen waren. Selbst da hatte er ihre Körper nicht sofort verzehrt, sondern lediglich einen kleinen Vorgeschmack genossen. Da dies im Zuge der Verteidigung seines Horts erfolgt war, fühlte sich der Ghoul berechtigt dazu.
Im Nachhinein betrachtet hätte er dasselbe tun sollen, als dieser betrunkene Narr Smeltzer ihn aus seinem Gefängnis befreite. Er hätte das Gesetz des Schöpfers ignorieren sollen, als er über das junge Paar stolperte, das auf dem Friedhof Unzucht trieb. Als er den Mann getötet und sich die Frau als erste Gefährtin geholt hatte, wäre es das Beste gewesen, die Leiche des Jungen zu fressen. Doch das hatte er nicht getan und deshalb, weil er die Beseitigung der Überreste in die Hände eines menschlichen Komplizen gelegt hatte, waren nun seine Behausung und seine Sicherheit bedroht. Und seine Familie – die neue Familie des Ghouls.
Doch möglicherweise geschah all das überhaupt nur, weil der Ghoul gegen das Gebot verstoßen hatte. Vielleicht brachte der Schöpfer auf diese Weise sein Missfallen zum Ausdruck.
Er hatte vorgehabt, seinen menschlichen Handlanger zu töten, Smeltzer den Schädel vom Körper zu reißen und in der warmen, roten Fontäne zu baden ... Doch das Kind hatte diesen Plan vereitelt. Und nun war es auch noch entkommen und konnte andere alarmieren. Bald würden Menschen anrücken, gerüstet mit Fackeln und Magie. Nein, diesmal nicht mit Magie. Aber trotzdem gerüstet. Der Ghoul fürchtete ihre Schusswaffen und ihre Munition nicht – er fürchtete, entdeckt zu werden, bevor er Vater wurde. Ein Ortswechsel würde dieses Bestreben hinauszögern.
Der Ghoul brach seine Überlegungen ab und blieb vor einem schwarzen Marmorgrabmal mit vergoldeter Zierschrift stehen. Ein Kreuz beherrschte die Mitte des Steins. Es war mit offenkundiger Handwerkskunst und Sorgfalt gemeißelt worden. Darunter standen die Worte: Er ist auferstanden .
Knurrend hob die Kreatur ein Bein und urinierte auf das religiöse Symbol. Der beißend riechende Strahl spritzte über den Grabstein und versickerte im Gras, wo er in der Dunkelheit dampfte.
»Das halte ich von deinem Gebot. Er ist auferstanden? Pah! Hätte sich einer meiner Art bei ihm in der Gruft befunden, wäre er nicht auferstanden. Er wäre eine weitere Mahlzeit gewesen. Mehr nicht. Was wäre dann aus deinem großen Plan geworden?«
Frustriert knirschte der Ghoul mit den Zähnen. Das Kind war fort, in die Nacht verschwunden. Aber der Geruch des Jungen kam ihm vertraut vor. Mittlerweile war der Ghoul überzeugt davon – er hatte diesen Geruch schon mehrere Male davor wahrgenommen. Am Tag, als der Fuß des Knaben durch die Tunneldecke eingebrochen war, und am stärksten nahe dem Bau am Rand des Friedhofs – einem von Kinderhänden gebauten Unterschlupf. Von Smeltzers Sohn, von dem Kind aus dieser Nacht und von einem dritten Knaben. Der Ghoul hatte das Loch am Vorabend entdeckt, als er ein Grab in der Nähe plünderte, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er sich nichts weiter dabei
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