Leichentanz
lächelte. »Jetzt wollen Sie von mir nur noch wissen, wie der Kerl heißt.«
»Das wäre super.«
»Es fällt mir nicht ein.«
Ich schwieg, saß da und schaute auf meine Hände. An Aufgabe dachte ich nicht, deshalb fragte ich: »Es fällt Ihnen zunächst nicht ein – oder? Es könnte Ihnen aber einfallen, wenn Sie genauer darüber nachdenken, stelle ich mir vor.«
»Vielleicht.«
»Darf ich Ihnen dabei helfen?«
»Wenn Sie können, gern.«
»Wann glauben Sie denn, diesen Mann zum letzten Mal gesehen zu haben, Mister Taylor?«
Er schaute gegen die helle Decke. »Also sehr lange ist es noch nicht her.«
»Was heißt das?«
»In diesem Jahr.«
»Das ist doch immerhin etwas.«
»Meine ich auch, John.« Er bewegte seinen ausgestreckten Zeigefinger nach oben und unten. »Wenn ich mich recht erinnere, war es bei einer Ausstellung im Frühjahr. Sie fand im Geschäftsgebäude eines Industrieunternehmens statt. Wahrscheinlich hat die Firma den Maler gesponsert.«
»Wie hieß die Firma?«
Er lachte auf. »Den Namen weiß ich. Das war B.C.«
»Kenne ich nicht.«
»Doch oder auch nicht. B.C. heißt Beauty Cosmetics. Dort werden Salben, Parfüm, Wässerchen und all das hergestellt, was die moderne Frau und der moderne Mann brauchen oder nicht brauchen. Jeder Konzern, der in der Öffentlichkeit auf sich hält, sponsert Künstler. Er rechnet zudem mit dem Werbeeffekt.«
Ich dachte nach, hatte allmählich den Durchblick, dennoch gab es für mich eine Diskrepanz, allein vom Gefühl her, weil ich die ekligen, stinkenden Ghouls in einen direkten Vergleich mit dem Duftkonzern stellte. Gegensätzlicher konnte es gar nicht sein.
Auf der anderen Seite machte mir Taylor einen sehr sicheren Eindruck, und unmöglich war gar nichts.
»Sie zweifeln, John?«
»Ein wenig schon.«
»Ich bin überzeugt.«
»Schön, Mister Taylor, gehen wir davon aus, daß es stimmt. Den Namen der Firma wissen wir, jetzt kommt es mir darauf an, zu erfahren, wie der Maler heißt.«
»Da muß ich noch überlegen.«
»Gut, tun Sie das.« Ich stand auf und ging zu einem Telefon. Ich rief Sir James an.
Der Apparat stand ziemlich einsam. Auch wenn ich normal sprach, konnte man nicht hören, was ich sagte. Sir James freute sich über unseren Teilerfolg, und als ich die Firma Beauty Cosmetics erwähnte, da unterbrach mich sein unecht klingendes Räuspern.
»Was ist los, Sir?«
»Ich habe Ihnen nicht alles gesagt, als wir zuletzt miteinander sprachen, John.«
»Das kann ich mir denken.«
»Diese Knochen, man sagte es mir eigentlich im Vertrauen, sind von der Firma Beauty Cosmetics gekauft worden. Die Ladung gehört praktisch ihr. Jetzt wissen Sie Bescheid, und ich habe den Eindruck, als würde sich der Kreis schließen.«
Ich blieb zunächst ruhig, obgleich es mir schwerfiel. Ich ärgerte mich im nachhinein noch darüber, daß Sir James uns so wenig Vertrauen entgegengebracht hatte. Es war ihm vielleicht auch nicht möglich gewesen, wegen des Drucks von oben, und ich murmelte in die Sprechmuschel hinein: »Ja, Sir, der Kreis schließt sich. Und ich meine auch, daß zwei Welten nicht unterschiedlicher sein können.«
»Da gebe ich Ihnen recht, John. Trotzdem sind die beiden zusammengekommen. Es wird Ihre Aufgabe sein, den Schnittpunkt zu finden. Und dann werden Sie weder Rücksicht auf die Politik nehmen, noch auf lobbyistische Interessen der Industrie.«
»Danke, Sir.« Ich wußte, daß ich mich auf das Wort meines Chefs verlassen konnte.
Dazu brauchte nicht erst eine Aktennotiz geschrieben zu werden.
»Sie denken, daß es Ihnen leichtfallen wird, den Namen des Malers herauszufinden.«
»Das wird kein Problem sein.«
»Ich höre wieder von Ihnen, John.«
»Klar, Sir.« Ich legte auf und brauchte erst einmal einige Sekunden, um nachzudenken. Mittlerweile war Suko zurückgekehrt. Er hatte gespürt, daß eine Veränderung eingetreten war und wollte natürlich informiert werden.
Ich gab ihm mit dürren Worten einen ersten Überblick, und mein Freund konnte nur den Kopf schütteln, bevor er ähnlich reagierte wie ich.
»Ghouls und Kosmetik, wenn das nicht verrückt oder schon pervers ist, will ich Smith heißen.«
»Und ich Meyer.«
»He, Suko – John…«
Taylor hatte uns gerufen. Er stand an seinem Schreibtisch und hatte die Schublade weit offen. Die Papiere, die in ihr lagen, waren auf der Schreibtischplatte verstreut. In der rechten Hand hielt er einen Prospekt.
Er wedelte uns damit zu. »Ich wußte doch, daß in einem anständigen
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