Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Kind ein Messer entwindet. Eine tiefe Stimme sprach zu ihm, aber Stabener verstand kein Wort. Dann wurde er hochgehoben und davongetragen. Die Schmerzen überwältigten ihn und ihm schwanden die Sinne. Halef Omar hatte den Schrei gehört und war aus der Höhle, die er untersuchte, ins Freie gerannt.
Hatten ihn Vlads Truppen aufgespürt? Doch das war kein Angriffsschrei gewesen, eher ein Schrei der Wut! Der Schakal witterte in der klaren Nachtluft. Ein Hauch von Blut. Stimmen, hoch oben auf der Burg. Aufgeregte Männer riefen durcheinander. Halef konnte nicht unterscheiden, was die einzelnen Stimmen riefen, aber es herrschte Aufregung dort oben, wo sich der Gestank des Todes breitgemacht hatte. Vorsichtig hatte er sich an den Felsen entlang vorwärtsbewegt. Immer wieder blieb er stehen und lauschte. Atemgeräusche. Ein einzelner Mann, ohne Bewusstsein. Was war dort oben los? War eine der Wachen abgestürzt? Dann würde es hier bald von Draculeas Schergen wimmeln, die nach ihrem Kameraden suchten. Halef musste Gewissheit haben.
Der Herzschlag, den Halef hören konnte, wurde schneller. Der Mann war zu sich gekommen. Er bewegte sich nur wenig. Sicher war er von dem tiefen Sturz verletzt, ein Wunder, dass der Mann ihn überlebt hatte! Halef konnte trotz der Dunkelheit den Mann klar erkennen, der sich gerade hochstemmte und mit dem Rücken gegen einen Felsen lehnte. Er kannte den Mann. Er war es gewesen, der mit Leopold von Segescin geritten war und der mit ihm, Hassan-i-Sabbah und dem Freiherrn gegen den Drachen gekämpft hatte. Und er war ein Mensch, keines der widerwärtigen Wesen, die Draculea um sich scharte.
Aber der Mann war schwer verletzt. Halef fragte sich, ob er ihn seinem Schicksal überlassen sollte. Schließlich war der Mann bei dem Vampir geblieben, als die anderen den Wahnsinnigen verlassen hatten. Aber er entschied sich dafür, den Mann von hier fortzubringen. Halef Omar trat aus dem Schatten und zu dem Verletzten. Der Mann blickte zu ihm hoch, blinzelte und tastete mit unsicherer Hand nach dem Dolch, der in seinem Gürtel steckte. Halef drückte die Hand des Mannes nieder und schulterte den Verletzten, als wöge er nur ein paar Pfund. Der Mann verlor das Bewusstsein und Halef trug ihn um die halbe Burg herum zu seinem Versteck tief in einer der Höhlen im Berg.
Dort hatte Halef ein Feuer brennen. Es bestand keine Gefahr, dass das Feuer von außen gesehen werden konnte. Die Höhle führte tief in den Fogarasch hinein. Halef legte den Verletzten am Feuer nieder und untersuchte ihn auf Verletzungen. Ein Bein und ein Arm waren gebrochen, das andere Bein ausgerenkt. Einige Rippen waren gebrochen und wenn der Mann nicht versorgt wurde, würde er in ein paar Tagen tot sein. Was sollte Halef tun? In einem Feldlager hätte er die Brüche schienen und einen Verband um die Rippen legen können, doch hier mangelte es ihm an Möglichkeiten. Das ausgerenkte Hüftgelenk war noch das Geringste. Ein heftiger Ruck und das Gelenk sprang zurück in seine Pfanne, wohin es gehörte. Halef überlegte, was er tun konnte. Was war mit seinem Blut? Konnte das helfen? So, wie Hassan-i-Sabbahs Blut dem verwundeten Assassinen geholfen hatte? Konnte das sein, war das eine Möglichkeit? Und was würde das Blut mit dem Verwundeten machen? Konnte Halef das Risiko eingehen?
Halef Omar starrte lange in das knisternde Feuer und überlegte. Dieser Mann, dieser Stabener, konnte ein nützlicher Verbündeter sein. Er hatte sich offenbar Vlads Willen widersetzt und war im Zuge der Ereignisse von der Burg gestürzt oder geworfen worden. Halef fühlte sich stark genug, um dem Mann Paroli bieten zu können, wenn er sich irrte und er entschloss sich dazu, den Versuch zu wagen. Stabener war noch immer nicht zu sich gekommen. Halef Omar nahm ein Messer, das er einem der Toten abgenommen hatte, die er im Wald verscharrt hatte und einen Becher, den er zum Trinken benutzte. Er hielt seinen Arm über den Becher und öffnete mit einem kleinen Schnitt einen Vene am Unterarm. Schnell sammelte sich eine kleine Menge von seinem Blut in dem Gefäß.
Als es ihm genug erschien, drückte Halef den Daumen auf den Schnitt und die Wunde schloss sich schnell wieder. Er verdünnte das Blut mit etwas Wasser aus seiner Feldflasche und trat zu dem Bewusstlosen. Er schob seine Linke unter den Kopf des Verletzten und hob ihn leicht an. Er setzte den Becher an die Lippen des Ohnmächtigen und flößte ihm den Inhalt langsam ein. Dann hockte er sich neben den Mann auf
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