Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Er trug nur lederne Hosen und einen breiten Gürtel, der seine Waffen hielt. „Ihr erinnert Euch an den Brunnen im Hof von Burg Poenari?“ Stabener nickte. „Sicher. Es hieß, der Brunnen sei älter als die Festung ...“ Halef reichte Stabener dessen Waffengurt. „Ich habe einen Zugang gefunden. So kommen wir ungesehen in Draculeas Festung.“
Stabener hängte sich den Gurt über die Schulter. „Und wie sieht Euer Plan aus? Wie wollt Ihr vorgehen?“ Halef sah Stabener lange durchdringend mit seinen grünen Augen an. „Ich habe keinen Plan im engeren Sinne. Ich hatte unseren … Ausflug mehr als Aufklärungsmission gedacht.“ Stabener lächelte. Er hatte überlegt, ob er dem Schakal von der Veränderung seiner Haut berichten sollte, aber sie hatten schon genug Probleme. „Draculea befehligt zwölf Dutzend Männer. Ich nehme an, dass sie alle mittlerweile Vampire sind. Auch das Personal wurde verwandelt. Sie alle gehorchen ihrem Herrn bedingungslos und ohne zu fragen. Wir haben es also mit rund einhundertdreißig Gegnern zu tun.“
Stabener kniete sich hin und zeichnete den Grundriss der Burg in den Staub auf dem Boden. Er deutete auf einen Kreis in der Mitte der Zeichnung. „Hier ist der Brunnen, durch den wir in den Burghof gelangen. Hier, hier und hier ...“ Er deutete auf Bereiche an den Seiten. „Sind die Mannschaftsquartiere. Dort halten sich die Vampirsoldaten tagsüber auf. Sie scheuen das helle Sonnenlicht.“ Dann deutete er auf eine Stelle, die die Innenräume darstellte. „Ihr kennt die Treppe. Draculea hat nach Eurem missglückten Attentatsversuch die Fenster vermauern lassen. Dort könnten wir also ohnehin nicht in die Feste eindringen. Unser vordringlichstes Ziel muss sein, die Vampirsoldaten auszuschalten.“
„Wir sollten am Tage angreifen, am besten bei strahlendem Sonnenschein.“, sinnierte Halef Omar und starrte auf Stabeners Zeichnung. „Richtig.“, stimmte Stabener dem Schakal zu. „Aber das ist nur ein kleiner Vorteil. Die Soldaten werden im Inneren, im Schatten bleiben und dort sind sie tags so gefährlich wie nachts. Nur mit Stahl werden wir nichts ausrichten können.“ „Feuer“, sagte Halef Omar und entblößte seine Zähne zu einem Grinsen. „Wir brauchen ein großes Feuer! Ein wirklich heißes, großes Feuer ...“
Stabener hatte den gleichen Gedanken gehabt, aber es würde so einfach nicht werden. „Das sind massive Steinbauten, Freund Halef.“ Er tippte mit dem Zeigefinger auf die Mannschaftsquartiere in seiner Zeichnung. „Die Gebäude sind Teil der Festungsmauer und die Wände sind sicher zehn Fuß dick, wenn nicht mehr. Nur das Dachgebälk ist aus Holz. Sicher, es gibt dort einige Möbel, Schränke und die Pritschen der Soldaten … doch ich bezweifle, dass dies genügen wird, um ein Feuer zu erzeugen, das die Vampire wirklich beschäftigen kann.“ Halef Omar knurrte mit seiner tiefen Stimme und es klang, als ob ein Wolf lachen würde. „In meiner Heimat, in den Wüsten der Nomaden, gibt es Quellen, wo dickflüssiges Steinöl austritt. Wenn man es entzündet, ist es kaum zu löschen ...“
„Aber wir haben kein Steinöl!“, entgegnete Stabener. „Oder wüsstet Ihr, wo solches hier zu finden wäre?“ Halef schüttelte den Kopf. „Nein, zu meinem Leidwesen nicht.“ Schweigend starrten die beiden Männer auf die Zeichnung am Boden. „Pech ...“, murmelte Stabener nach einer Weile. „Ja, wirklich, das ist Pech!“, sagte Halef und nickte zustimmend. Stabener lachte. „Nein, Freund Halef, ich meine Birkenpech. Damit kalfatern Bootsbauer ihre Schiffe. Das Zeug ist sehr klebrig und brennt, dass es kaum zu löschen ist. Genau, was wir brauchen!“ Halefs Augen funkelten. „Und Ihr meint, dass wir an genügend Pech herankommen könnten?“
„Nun, es lagert in den Kellern von Poenari ...“, schmunzelte Stabener. „In den Kellern lagert alles Mögliche und ich sah dort sicherlich ein Dutzend Fässer mit Birkenpech. Ich nehme an, es wurde eingelagert, um in Kriegszeiten , oder wenn die Festung angegriffen würde, das erhitzte Pech auf die Angreifer hinabzugießen. Habt Ihr die Schlitze in den Mauern über dem Eingangstor bemerkt?“ Halef legte den Kopf schief. „Ihr meint die Regenauslässe?“ Stabener lachte laut auf. „Regenrinnen, nein, mein Freund! Das sind Pechnasen, durch die man kochendes Pech gießen kann, das dann auf denjenigen herabregnet, der unten vor dem Tor steht! Und in den Kellern lagert das Pech dafür!“
„Nun“, entgegnete
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