Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
die ein Vampir war, nahezu machtlos gegen ihn waren? Sie mochten Vlad selbst überwinden können, wenn sie ihm allein gegenüberstehen würden, aber das würde nicht der Fall sein. Vlad hatte ein Heer von Vampiren geschaffen, die seine sklavischen Diener waren. Gegen uns standen Hunderte von Vampiren!
Wir wussten nicht einmal, wie wir in die Festung kommen sollten, denn von Poenari aus konnte man weit ins Land hineinsehen. Die Wachen, die Vlad ohne Zweifel aufgestellt hatte, würden uns schon auf einige Entfernung entdecken. Rebekka hatte mir von der Höhle im Fels unter Poenari erzählt, die dem Vampir Georgios als Versteck gedient hatte, als der mit Vlads Großvater gegen den steinernen Drachen gekämpft hatte. Sie wollte versuchen, unbemerkt dorthin zu kommen. In der Höhle hatte sie den Kriegshammer und das Schwert gefunden, mit dem Vlad den Drachen erstochen hatte. Oder besser, mit dem er dem Drachen den Schnitt beibrachte, durch den es ihm möglich gewesen war, die Hand des Heiligen Georg in den Drachen zu stecken. Das hatte diesen letztendlich umgebracht und den Geist des Drachens in Vlad fahren lassen. Leider nutzte uns das Schwert nun nichts mehr. Es hatte seine Macht verloren und war nur noch ein gewöhnliches Schwert, wie es viele gab. Das Sternenmetall, aus dem es geschmiedet worden war, hatte seine Kräfte verloren.
Rebekka wusste durch Georgios Erinnerungen von dieser Höhle und dem Versteck an ihrem hinteren Ende. Schließlich hatte der Vampir und Heilige selbst dieses Versteck angelegt. Aber Georgios Wissen war für sie nicht immer greifbar. Es war wie verschüttete Erinnerungen, die nur ab und an verschwommen aus dem Dunkel ihres Gedächtnisses auftauchten. Ich nahm an, dass sie hoffte, dort etwas finden zu können, das ihr helfen würde, gegen Vlad zu siegen. Ich selbst hatte gesehen, dass dort viele Dinge gelagert waren, Waffen und anderes, das in Kisten und Truhen verwahrt war. Ich hoffte inständig, dass Rebekkas Hoffnung sich bewahrheiten würde. Aber ich wusste auch, dass es nur eine vage Hoffnung war.
Um nicht vorzeitig entdeckt zu werden, ritten wir in weitem Bogen um den Faragasch herum und erreichten am späten Nachmittag die Seite, auf der der Eingang zu Georgios Höhle lag. Versteckt im Gebüsch beobachteten wir die Burg und den Burgberg. Erstaunlicherweise waren dort kaum Bewegungen zu erkennen. Ich vermutete, dass die Vampire den hellen Sonnenschein mieden. Sie bevorzugten die Nacht. Sehr vorsichtig bewegten wir uns auf den Hang zu, immer in Deckung bleibend. Zeitweise lagen wir dicht an den Boden gepresst und schoben uns auf unseren Bäuchen weiter. Es gelang uns wirklich, ungesehen zum Eingang der Höhle zu gelangen. Erst als wir im Inneren des Berges waren, atmeten wir auf und fühlten uns halbwegs in Sicherheit, sofern man sich in der Nähe Vlads überhaupt sicher fühlen konnte.
„Jemand war hier!“, flüsterte Rebekka mir zu, als wir uns tiefer in den Gang vorarbeiteten. „Ich kann es spüren!“ „Vampire?“, fragte ich und sah mich unwillkürlich um, ob uns jemand folgte. Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich würde den Gestank der Vampire von Vlad riechen, auch wenn sie vor Monaten hier gewesen wären. Es war jemand … etwas anderes.“ So gewarnt und umso vorsichtiger gingen wir weiter und stellten am Ende des Ganges erleichtert fest, dass das geheime Versteck unangetastet war, seit wir es aufgesucht hatten. Rebekka schob, genau wie damals, den Stein beiseite, der den Eingang zu den Kammern verschloss, die dahinter lagen. Der Stein konnte von normalen Menschen unmöglich bewegt werden, so schwer war er und so wenig Platz war in dem Gang. Man hätte mehrere Männer gebraucht, aber die hätten keinen Raum zum Arbeiten gehabt.
Wir fanden den Raum unberührt. Rebekka, die im Dunkeln so gut sehen konnte wie bei Tageslicht, entzündete mehrere Fackeln und so war ich in der Lage, ihr beim Durchsuchen der Kammern zu helfen. Es gab dort viele Truhen und Kästen und da wir nicht wussten, wonach wir suchten, konnte alles von Nutzen oder unnütz sein. Wir waren also gezwungen, uns jedes auch noch so unwichtig aussehende Teilchen anzusehen. Es war eine Sisyphusarbeit. Rebekka war unermüdlich, aber mich schmerzte mein Knie und ich war mehrmals gezwungen, eine Pause einlegen.
Die Geistesreise war anstrengend gewesen, selbst für den Alten vom Berge. Hassan-i-Sabbah brauchte einige Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen und zu Halef Omar und Stabener zurückzukehren. „Und?“,
Weitere Kostenlose Bücher