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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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konnte.
    »Worüber möchtest du denn reden?«, fragte Biddy.
    »Ich denke«, sagte Winn, »vielleicht sollte ich Jack Fenn anrufen und ihm von dem Vorfall berichten. Das erscheint mir nur folgerichtig, angesichts der Tatsache, dass er zu denen gehört, die für den Ruf des Clubs verantwortlich sind. Ich denke, er wird wissen wollen, dass seine Caddies durch die Gegend fahren und Leute verkrüppeln, ohne sich hinterher zu entschuldigen, und dass sie sie ohne Erlaubnis auf den Arm nehmen.«
    Biddy schwieg einen Augenblick, um sich zu versichern, dass ihr Ton leicht und freundlich war, wenn sie antwortete. Sie wollte Winn keinen Anlass zu Trotz bieten. »Ich glaube ehrlich gesagt nicht«, meinte sie, »dass Jack sich persönlich verantwortlich fühlen wird.«
    »Mein Bein ist einfach noch ein Punkt auf der Rechnung.«Er fixierte die orangefarbene Krabbe auf dem Foto, als fühlte er sich mit ihr verwandt.
    »Was heißt das denn?«
    »Nun, nach all den Geschichten« – Winn drehte Kreise mit seiner Rechten, um ein etc., etc. anzudeuten – »rund um Livia im Winter stehen die Fenns in unserer Schuld.«
    »Ach, Winn, das ist doch Schwachsinn.«
    »Nein, das ist gewiss kein Schwachsinn. Die Sache mit Livia hat uns fünfhundert Dollar gekostet. Ganz zu schweigen von dem Schaden, den ihr Ruf erlitten hat.«
    »Du kannst doch nicht das Privatleben deiner Tochter verwenden, um dich in einen Golf Club einzuschleichen.«
    »Sie hat es nicht für sich behalten, oder? Und ich sollte es wirklich nicht nötig haben, mich irgendwo anzubiedern. Die ganze Situation ist lächerlich. Unhaltbar. Weißt du, Dicky und Maude scheinen auch davon zu wissen.«
    Nun reichte es Biddy. »Ich glaube nicht an eine Verschwörung gegen dich«, sagte sie. »Und Dicky und Maude meinten, Jack sei nicht das Problem. Um die Wahrheit zu sagen, fällt es mir schwer zu glauben, dass Jack jetzt, so kurz vor Teddys Aufbruch ins Ausbildungslager, überhaupt Zeit hat, viele Gedanken an dich oder den Pequod zu verschwenden.«
    »Noch so eine falsche Entscheidung von dem Jungen. Ich hätte Teddys Aufnahme im Ophidian verhindern können, weißt du. Vielleicht hätte ich das tun sollen. Er wird wirklich immer mehr wie sein Vater. Jack hat sich immer dermaßen auf die eigene Schulter geklopft mit seiner Zeit bei der Army. Jack Fenn der Held, Jack Fenn der Krieger. Anscheinend braucht Teddy auch was, mit dem er sich über alle erheben kann. Man hätte doch meinen sollen, Teddy wäre froh gewesen, in den Ophidian aufgenommen zu werden, nachdemJack es damals nicht geschafft hatte, und damit gut. Aber nein, diese Fenns müssen sich immer wichtig machen. Sie sind eben einfach toll, alle miteinander.«
    Biddy erkannte, dass Winn sich immer mehr in sinnlose Rage steigerte. Das geschah so selten, dass sie nie gelernt hatte, ihn zu bremsen, bevor alles zu spät war. Seine Blicke blitzten böse durch den Raum, er presste die Lippen zusammen, als lauerten überall Feinde, gegen die er sich zur Wehr setzen musste, in den hellen Wänden der Klinik, in der gezackten Silhouette des Ficusbäumchens, im langsam kreiselnden Golfspieler, in den langgezogenen Sturmwolken, die im Wetterbericht über den Bildschirm wirbelten. Biddy konnte schmollende Männer nicht leiden, ihr Mitgefühl für ihn schlich sich still und unsichtbar aus dem Raum. An die Stelle ihres Traums vom Liebesspiel bei Tagesanbruch trat das Bild von ihm als Golfclub-Paria, einem Tobsüchtigen, einem Mann von so wenig Gewicht, dass ein anderer ihn ohne die geringste Anstrengung auf den Arm nehmen und ins Auto setzen konnte.
    »Klausman«, rief die lila Schwester. Der Golfspieler, der inzwischen dazu übergegangen war, seinen Putt zu üben, hob die Hand zum Zeichen, dass er sie gehört hatte, und ging mit ihr davon. Die junge Frau mit dem Magenkatarrh blickte den beiden mit der Verzweiflung einer Schiffbrüchigen nach. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Ihr Freund polierte ihr weiter mit leichten, kreisenden, beruhigenden Bewegungen den Rücken. Eine neue Schwester erschien. »Van Meter«, rief sie.
    »Na endlich«, murmelte Winn und hievte sich hoch. Biddy erhob sich ebenfalls, aber er schüttelte den Kopf. »Warte hier.«
    »Bist du sicher?« Biddy blieb stehen.
    »Absolut.« Er humpelte hinter der Schwester her, an der weinenden jungen Frau und ihrer Plastiktüte vorbei und verschwand in einem langen, hellen Flur mit vielen Türen.
    Livia ging einmal langsam im Kreis um den Wal. Aus der Ferne hatte er schwarz

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