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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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unter der sich ein feuchtkalter Luftzug hindurchschlängelte und sich um ihre Knöchel legte. Desmond hatte keinen Knall! Nach über einem halben Jahr der Stille hatte er vielleicht einfach nur nicht die richtigen Worte gefunden. Noch wollte Ivy die Hoffnung nicht loslassen, einen Menschen getroffen zu haben, der zu ihr passte.
    Auch, wenn es nicht gerade danach aussah, als würde sich Desmond je wieder bei ihr melden. Dann würdesie das eben tun. Nur: wie?
    Ihr Blick wanderte hinüber zur meergrünen Überdecke, auf der Willems Gesäßabdruck noch immer wie eine fossile Versteinerung zu erkennen war. Zwischen zwei Faltenwürfen glänzte etwas. Ivy ging näher heran. Es war sein Schlüsselbund mit dem roten Plastikanhänger von Madame Tussauds. Willem würde durchdrehen, wenn er den Verlust bemerkte. Nach der Verabredung mit Fortier würde sie ihn ihm vorbeibringen, jetzt musste sie sich erst einmal umziehen, wollte sie nicht vollends zu spät kommen. Eilig zerrte sie aus dem Kleiderschrank ihr einziges Kleid hervor, das sie im letzten Sommer im Ausverkauf erstanden hatte, und steckte Willems Schlüsselbund in die kleine Harrods-Plastiktüte. Vermutlich fuhr er in den zu engen Shorts ihres Vaters in Richtung Sheperd’s Bush weiter nach Ealing zum Gourmet Burger Kitchen, um alleine seine geliebten Mighty-Burger zu essen. Nächste Woche würde sie mit Willem ins Globe zum Lunch und ins Kino gehen. Bestimmt. Ivy zog sich ihren Cardigan, der noch immer nach Eves Parfüm duftete, über und die Gummistiefel an, die sie normalerweise nur trug, wenn sie mit Alice raus nach Cornwall fuhr und mit ihr am Strand entlang schlenderte, während ihre Freundin unaufhörlich davon redete, was für einen wunderbar ekligen Thriller sie gerade las. Ihre Ballerinas stopfte Ivy auch noch in die Harrods-Tüte. Die würde sie erst vor Fortiers Haustür anziehen. Wenn sie es schon nicht mehr schaffte, sich das Gesicht zu waschen und die Haare zu bürsten, wollte sie nachher wenigstens trockene Füße haben.
    Draußen peitschte der Regen immer heftiger gegen die Backsteinfassaden, im Schein der Laterne rauschten die dicken Tropfen als dichter, glitzernder Perlenvorhang herunter. Bevor Ivy endlich die Wohnungstür öffnen konnte, gingen zeitgleich auf ihrem Handy und ihrem Laptop, von einem Klingeln und einem Plopp begleitet, Nachrichten ein. Auf dem Display leuchtete eine SMS von Willem: »Und: Chuck! Gib mir Bescheid, wenn ich dich vom Flughafen abholen soll. Und stürz nicht ab!« Dieser Schatz! Musste er sie ausgerechnet auf diese Weise an ihren morgigen Flug erinnern? Oder bezog sich der letzte Teil der SMS auf ihren bevorstehenden Abend bei Fortier. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen, ausgelöst durch die bevorstehenden F. F.-Herausforderungen: »Fortier« und »Flug«, hastete Ivy zum Schreibtisch. Sie musste dringend los! Und auch, wenn sie nicht mehr daran glaubte, wollte sie sich trotzdem vergewissern, ob er ihr schrieb ... Ja, konnte es denn sein? Es befand sich tatsächlich eine neue E-Mail von Desmond Gayle in ihrem Postfach! Ivy riss die Augen auf. Das war mehr, als sie je in ihrem Leben hätte erwarten können. Ihr Finger zitterte über das Mousepad, um die Nachricht zu öffnen. Darin stand nur ein einziger Satz:
    »Sind Sie inzwischen fertig mit Vincent van Gogh?«
    Erfüllt vor Freude starrte Ivy auf diesen einen, endlos bedeutsamen Satz und las ihn wieder und wieder. Ihre Begeisterung hätte nicht größer sein können, hätte Desmond plötzlich direkt vor der Tür gestanden. Jetzt war es klar! Er wollte sie. Und sie wollte ihn. Vorausgesetzt, sie hatte sich nicht in den letzten sechs Monaten in eine irrige Fantasie hineingesteigert, was ihn und seine Vorzüge anbelangte! Und doch war diese Mail endlich mal ein Anfang, um genau das herauszufinden! Gerade als Ivy beschwingt die Wohnungstür aufziehen wollte, um sich schleunigst auf den Weg zu machen – mit einem kleinen Umweg in Woods Buchladen vorbei, hörte sie schon wieder ihre Nachbarin im Hausflur rufen: »Ivy, mach auf! Ich will dich auch nicht lange aufhalten! Wirklich!« Eve klopfte von außen gegen die Tür. »Bitte! Ich wollte dir nur kurz etwas Erfreuliches erzählen und mich mit den Jungs bei dir für deine unglaubliche Ge…«
    Okay. Ivy atmete tief ein. Okay, ab Montag war sie wieder zu sprechen. Nur eben jetzt nicht! Sie griff nach ihrer Regenjacke, die am Haken an der Tür hing, zog sie über und rannte aus der Wohnung, an der perplexen Eve vorbei, die mit

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