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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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ihren beiden kleinen Jungs und einem Topfkuchen in Händen auf ihrem Fußabtreter stand, die Treppe hinunter, durch die Eingangstür, in den sintflutartigen Regen hinein.

12.
    Als Ivy mit klitschnassen Haaren im hinteren Raum von Woods verwinkeltem Buchladen zwischen den windschiefen Bücherregalen nach Luft schnappte, wusste sie plötzlich nicht mehr, was sie hier eigentlich wollte. Mit einem Mal passierte so viel in ihrem Leben. Das war sie gar nicht mehr gew0hnt. Sobald sie in der Nacht wieder zu Hause war, wollte sie eine treffsichere Mail an Desmond verfassen, um weitere Irritationen zu vermeiden. Ärgerlich war nur, dass sie Vincent, bevor er abtransportiert worden war, nicht mehr mit ihrem Handy fotografiert hatte. Aus Bockigkeit. Als Reaktion auf Desmonds unverständliche Mail. Offenbar hatte sie ihn irgendwie missverstanden. Mit dem Handballen wischte sie über die feuchten Augen, sodass sich die Wimperntusche als schwarze Schliere auf ihrer Wange verteilte. Nun hatte sie den Salat. Besäße sie ein Foto von ihrer Arbeit, hätte sie es an ihn verschicken können. Sogar Fortier hatte Vincent, als er am gestrigen Abend in die Werkstatt gekommen war, als außergewöhnlich gut gelungen beschrieben. »Mrs. Ivy, Sie haben van Gogh überraschend neu wahrgenommen und interpretiert und …«, An dieser Stelle hatte er wieder seinen Zeigefinger gehoben: »Sie haben ihn geradezu erschreckend echt zum Leben erweckt.» Vielleicht war ihr Chef feiner, als sie gedacht hatte. Auch, wenn seine künstliche Bräune stetig zunahm. Sogar Chelsy hatte sich schon despektierlich über diese Tatsache geäußert. »Er sieht aus wie ein indisches Curryhähnchen.« Ivy würde sich Mühe mit ihm geben. Sie würde ihre inneren Widerstände gegen diese heikle Abendveranstaltung aufgeben und sich höflich und charmant mit Fortier unterhalten. So, als seien sie gute Freunde. Jetzt fiel ihr auch wieder ein, was sie hier unten wollte: ein harmloses Mitbringsel für Fortier. Sie würde nur ein halbes Glas von seinem kaltgestellten Chardonnay trinken, um zu verhindern, dass sie am Ende – aus purerer Not und fehlender Kontrolle – auf das fruchtbarste aller Themen zu sprechen kam: ihre Flugangst. Das war im Prinzip der einzige Anknüpfungspunkt für eine Unterhaltung, der Fortier zur Verfügung stand. Es musste verhindert werden, dass er exakt an dieser Stelle einhakte, um erst einmal locker drauflos zu plappern. Dass er das gut konnte, hatte er ja unlängst bewiesen. Und dass Ivy es kaum schaffte, nicht wie eine Süchtige immer mehr von dem panikmachenden Stoff abzuzapfen, war auch klar. Ivy würde das Thema im Keim ersticken. Schließlich war sie es, die morgen in den Flieger steigen musste. Sie war es, die mit einem Absturz rechnete, auch, wenn sie zugeben musste, dass ihre Angst lange nicht so heftig war, wie beim letzten Mal. Eigentlich war sie sogar relativ entspannt, dafür, dass sie in gut zwölf Stunden in einem Flugzeug sitzen würde.
    Diese Gelassenheit würde sie sich durch Fortiers persönlich erlebten Zwischenfälle im Luftverkehr nicht zunichte machen lassen. Sie würde endlich mit ihm über ihre nicht eingereichten Quittungen sprechen und darüber, wie die bereits von ihr ausgelegten Kosten irgendwie vom Unternehmen erstattet wurden. Sie würde darauf achten, dass sie am Tisch sitzen blieb. Fortier durfte keine Gelegenheit bekommen, sich hinter sie zu stellen. Neben ihr auf dem Sofa sollte er auch nicht Platz nehmen. Sollte sie ihm in der Küche beim Kochen zuschauen müssen, würde sie die ganze Zeit die Arme vor der Brust verschränken, um zu signalisieren, dass sie definitiv nicht an körperlichem Kontakt interessiert war.
    Nachdem der alte Wood den letzten Kunden im vorderen Raum verabschiedet hatte und die vielen kleinen Messingglöckchen über der Tür schellten, kam der grauhaarige Buchhändler mit einem Stapel Bücher zu ihr nach hinten geschlurft und fing sofort an zu reden. Er fing grundsätzlich an zu sprechen, sobald Ivy in seinem Buchladen stand. Besonders seitdem sie damals bei ihm all die Bildbände über van Gogh gekauft hatte.
    »Ich sage immer zu meiner Frau: Du solltest einen bewegenden Liebesroman schreiben und wir werden auf unsere alten Tage reich! Wenn Sie wüssten, was wir beide alles erlebt haben! Krieg und Frieden ist nichts dagegen. Das Dumme ist nur: sie will nicht. Aber Edith, sage ich, Edith, meine zarte englische Rose, wer könnte schöner über die Liebe und das Leben schreiben als du?«
    »Ich

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