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Leichtes Beben

Leichtes Beben

Titel: Leichtes Beben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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Sonne, sag ich dir, von früh bis spät.«
    »Ach, ja«, sagte Küppers. Plötzlich fiel ihm ein, woher er die junge Frau kannte, mit der Kapaun zusammensaß. Sie gehörte zum Restaurantpersonal und mochte allerhöchstens fünfundzwanzig sein.
    »Ja«, fuhr Petzold fort, »und Frauen, sag ich dir, Frauen, oh, Mann. Und alle knackbraun!« Plötzlich erschien Küppers Petzolds Haut wie eine alte, vergilbte Tapete, unter der momentlang das Gesicht seiner Jugend hervorschimmerte.
    Sie redeten noch eine Zeitlang über dies und das. Bis Küppers genug von dem Geschwätz hatte und geradeheraus sagte: »Wir hätten ihn damals beinahe umgebracht!«
    »Ach, Unsinn!«, erwiderte Petzold, der sofort verstand, wovon Küppers sprach. Lässig wischte er sich den Bierschaum von der Oberlippe.
    »Wir müssen wirklich verrückt gewesen sein«, sagte Küppers. »Wir hätten beide im Gefängnis landen können.«
    »Ach, komm«, wiegelte Petzold ab. »Wir haben ihn ein bisschen zu hart rangenommen, okay. Aber er hatte es ja auch nicht anders verdient, dieser Idiot!«
    »Du!
Du
hast ihn vor allem zu hart rangenommen!«, rief Küppers und spürte, dass seine Oberlippe zitterte. An den anderen Tischen war man bereits auf sie aufmerksam geworden.
    »Ach ja?«, erwiderte Petzold mit einem ironischen Unterton. »Und dass du ihm zum Schluss die Latte in |283| den Bauch gerammt hast, das hast du wohl vergessen, wie?«
    »Ja, Scheiße«, sagte Küppers bitter und wäre am liebsten auf der Stelle weggelaufen. Stattdessen griff er nach seinem Bierglas und leerte es auf einen Zug. Und dann sagte er: »Wir hätten es lassen sollen!«
    »Was?«, sagte Petzold und sah ihn fragend an. »Ihm eine Abreibung zu verpassen?«
    »Nein, das hier!«, sagte Küppers und knallte sein leeres Glas auf den Tisch. »Dass wir hier rumsitzen und so tun, als hätten wir uns was zu sagen. Denn das haben wir nicht. Verstehst du? Also was willst du?«
    »Einfach nur ein bisschen plaudern, Küppi, schließlich sind wir alte Freunde«, rief Petzold und griff nach seinem Glas.
    »Nein, das sind wir nicht, und das waren wir auch nie. Kapierst du das nicht?«
    »Küppi, jetzt entspann dich! Wir waren eben nicht solche Schwächlinge wie die anderen«, erwiderte Petzold mit seiner dröhnenden Stimme und lachte.
    »Nein, ich entspanne mich nicht!«, rief Küppers erregt. »Und nenn mich verdammt noch mal nicht Küppi! Ich bin nicht mehr der Gleiche wie damals. Also trink dein Bier aus, und mach, dass du wegkommst!« Küppers starrte Petzold aus schmalen Augen an.
    »He, he!«, rief Petzold, der nun wirklich verärgert war. »Nun mal langsam, ja!«
    Da packte Küppers Petzolds Arm und riss ihn jäh nach oben. An den anderen Tischen wurde es still. Nur die Musik war noch zu hören.
    »Autsch!«, rief Petzold und machte sich los. Dabei |284| stieß er gegen das vor ihm stehende Glas, das klirrend zu Boden fiel und zerbrach. Dann gingen Küppers und Petzold aufeinander los. Sie verkeilten sich ineinander, aber Küppers befreite sich und schüttelte Petzold ab.
    Sekundenlang wünschte sich Küppers, eine Holzlatte zur Hand zu haben, die er Petzold über den Schädel schlagen oder noch besser in den Bauch rammen konnte. Doch im selben Moment spürte er eine Hand auf seiner Schulter, die ihn herumriss. »Schluss jetzt!«, rief Kapaun.
    Küppers rang nach Luft und ließ seinen Blick im Kreis schweifen. Er sah, wie Petzold keuchend zurückwich, sich umdrehte und laut fluchend in Richtung Rolltreppe verschwand.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Kapaun und musterte ihn.
    »Ja«, sagte Küppers und drückte Kapaun die Hand. »Ja, alles okay!« Doch das stimmte nicht.

|285| Siebenundzwanzig
    Seine Hände zitterten nicht mehr. Doch der eklige Geruch der Flüssigseife war immer noch da. Wenn auch nur schwach. Trotz der seither vergangenen Stunden.
    Schulz hatte seine Frau nach Hause gefahren, nachdem sie lange schweigend im Wagen nebeneinander gesessen hatten. Er hatte ihr dabei zugesehen, wie sie ausgestiegen, durch den kleinen Vorgarten gegangen und im Haus verschwunden war.
    Er hatte behauptet, noch etwas in der Stadt erledigen und anschließend kurz einen Freund besuchen zu wollen, war aber auf direktem Weg auf die Autobahn gefahren und nach nicht ganz zwei Kilometern auf die Raststätte »Grünberg« abgebogen. Genau wie damals, als er noch Zwölfklässler war und spätnachts, wenn seine Eltern bereits schliefen, mit seinem Moped durch die Nacht dorthin gefahren war. Es hatte ihm gefallen,

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