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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gedrückt.
    »Oh mein Gott, du bist hier! Ven meinte, du kommst nicht mit!«, kreischte Frankie mit ihrer vertrauten rauchigen Stimme.
    Roz machte ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter.
    »Wie geht es dir, Roz?«, fragte Frankie freundlich und vorsichtig zugleich. »Lange nicht gesehen.«
    »Ich würde am liebsten über die Reling springen«, knurrte Roz. »So geht es mir.« Sie zitterte vor Wut und wagte es nicht, zu Ven rüberzusehen, die sie mit Freuden erwürgt hätte.
    »Ach, komm schon, Roz«, sagte Ven. »Bitte, tu mir den Gefallen und begrab das Kriegsbeil für die nächsten zwei Wochen.«
    Eher stürze mich mit dem Kriegsbeil hinterrücks auf sie , dachte Roz. So wie sie mir in den Rücken gefallen ist. Sie holte tief Luft, nickte Frankie steif zu und brachte mühsam heraus: »Du hast dich verändert.« Was noch milde ausgedrückt war. Aus dem einst pummeligen Mädchen mit winzigen Brüsten war eine spindeldürre Frau mit sehr üppiger Oberweite geworden   – offenbar mit chirurgischer Hilfe. Man musste kein Raketenforscher sein, um zu erkennen, dass ein Großteil des Geldes aus dem Hausverkauf in ihre Körbchengröße gewandert war. Frankies ehedem langes schwarzes Haar war raspelkurz und platinblond. Klein war sie immer noch, und die großen dunklen Augen und die vollen, geschwungenen Lippen waren unverändert geblieben. Sie trug einen beigefarbenen Hosenanzug. Roz musste daran denken, was Frankie früher mal gesagt hatte   – wenn sie irgendwann mit beigefarbenen Hosenanzügen herumlaufen würde, wäre sie richtig steinalt.
    »Tja, ist einige Jahre her.« Frankie stieß mit Ven an. »Prost, Süße. Ich bin so was von reif für diesen Urlaub!«
    Roz schwieg mürrisch, während die anderen drei aufgeregt plauderten und das Schiff gen offene See aufbrach. Ven versuchte nicht, Roz ins Gespräch einzubeziehen. Es war klüger, sie erst mal nicht zu bedrängen. Bisher hatte sie keine Anstalten unternommen, Frankie umzubringen oder sich ins Meer zu stürzen, folglich bestand Grund zur Hoffnung.
    »Wo ist dein Zimmer?«, fragte Olive.
    »C162«, sagte Frankie und leerte ihr Sektglas.
    »Gleich neben meinem«, stellte Olive grinsend fest. »Ich bin in C160.«
    Roz war die Einzige, die nicht lächelte. Sie hätte Ven hartnäckiger ausfragen und ihr das Versprechen abverlangen sollen, dass Frankie nicht kam. Eine für alle und alle für eine , hatten sie früher immer gesagt. Sie hättewissen müssen, dass Ven Frankie niemals einfach zuhause lassen würde. Das hätte sie mit keiner von ihnen gemacht, weil sie dazu viel zu nett war. Und Roz musste sich schwer beherrschen, sie deshalb nicht zu erwürgen.
    Hinter ihnen tranken die Leute Champagner und ließen ihre Jobs, ihre Sorgen und ihre Nöte an den Docks zurück. Roz fühlte sich, als würde sie alles von außen betrachten, abgetrennt von den anderen durch eine dicke, undurchdringliche Glasschicht. Sie wollte nicht hier sein und Smalltalk mit der beigetragenden Schlampe machen, doch was sollte sie tun? Energisch stellte sie ihr Glas auf einen Tisch in der Nähe und sagte: »Na gut, ich sehe euch später. Jetzt gehe ich weiter auspacken.« Und mit diesen Worten drehte sie sich um und lief durch die nächste Tür ins Schiffsinnere.
    »Puh, das lief ja prima«, sagte Frankie angestrengt fröhlich. »Und ich dachte schon, Roz ist vielleicht ein bisschen sauer auf mich.«
    »Ach, Frankie, sie kriegt sich schon wieder ein«, tröstete Ven sie. Eine Versöhnung der beiden war längst überfällig, und Ven war entschlossen, sie auf dieser Reise quasi zu erzwingen. Es grenzte schon an ein Wunder, dass sie es geschafft hatte, sie alle zusammen an Bord zu bekommen, und nun würde es verdammt nochmal schön werden. Ja, dafür würde sie sorgen   – irgendwie! Sie hoffte nur, dass sie nicht den größten Fehler ihres Lebens gemacht hatte, indem sie hier Schicksal spielte. Andererseits konnte es eigentlich nicht schlimmer werden, als es sowieso schon war. Also hatten sie nichts zu verlieren!
    Frankie legte ihre Arme um Ven und Olive und drückte die beiden.
    »Das Schicksal hat uns diesen Urlaub geschenkt«, sprach sie aus, was Ven durch den Kopf ging, »da muss es doch etwas Schönes mit uns vorhaben. Oh Mann, Ven, ich kann gar nicht glauben, dass wir alle hier sind! Du etwa?«
    Ven rang sich ein Lächeln ab. Es wirkte beinahe echt.
    Roz marschierte in ihrer Kabine auf und ab, bis ihr klar wurde, dass sie sich ins eigene Fleisch geschnitten hatte. Sie war allein, während

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