Leidenschaft der Wüste: Sie suchte seinen Schutz - und fand die Liebe (German Edition)
»Sie haben recht. Ich glaube, da drinnen ist es zu eng für ihn.«
Der Diener starrte sie regungslos an, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge aus dem Zimmer zu gehen. Diese Engländer! Verstanden sie denn überhaupt keinen Spaß? Nun ja, vielleicht war es den Bediensteten verboten, zu lachen.
Sie eilte zurück in den Salon und saß gerade wieder, als Kenneth zurückkam.
»Also? Wollen wir Tee trinken?«, fragte er.
Die Diener servierten den Tee im Salon, mitsamt Spitzendeckchen und steifen Leinenservietten. Es gab hauchdünne Sandwiches mit grünen Blättern darauf, süße Brötchen und viereckige dunkelbraune Kuchenstücke, von denen Kenneth sagte, sie hießen Lebkuchen.
Auf einmal schien er traurig. »Mein Bruder Graham liebte Lebkuchen. Großvater erzählte mir, dass er sie an Weihnachten immer aß, bis ihm schlecht wurde.«
Badra hatte nicht bedacht, wie viel er verloren hatte. Der kürzliche Tod seines Großvaters hatte ihn wahrscheinlich an die Tragödie erinnert, als all seine anderen Familienmitglieder ums Leben gekommen waren. »Habt ihr euch gut verstanden?«, fragte sie vorsichtig und berührt von seiner Traurigkeit.
»Ich war erst vier. Ich erinnere mich nicht an viel, außer dass Graham größer war als ich.« Sein Mund verzog sich zu einem angestrengten Lächeln. »An eines aber erinnere ich mich. Graham nannte mich immer ›Zwerg‹, ich ihn ›Kanarienvogel‹, weil er immerzu pfiff, genau wie unser Vogel zu Hause.«
Sie fragte sich, wie er sich ganz allein in diesem riesigen Haus fühlen mochte, nur von Bediensteten umgeben und von den Gespenstern der Vergangenheit verfolgt. Doch so melancholisch, wie er wirkte, wollte sie lieber das Thema wechseln und bat ihn, ihr mehr über die Geschichte des Hauses zu erzählen. Prompt hellten seine Züge sich auf, und er berichtete mit einem Anflug von Stolz, dass Generationen von Tristans hier Könige und Königinnen zu Gast gehabt hatten. Badras Anspannung ließ ebenfalls ein wenig nach. Sie hasste es, Kenneth niedergeschlagen und verloren zu sehen. Deshalb fragte sie ihn weiter über sein neues Leben in England aus, um ihn aus den traurigen Erinnerungen zu reißen.
Es funktionierte, denn all sein Charme und Witz erwachten von neuem zum Leben, als er ihr und Rashid Anekdoten von Bällen und Gesellschaftsempfängen erzählte. Das allerdings machte sie weniger froh, da gleichzeitig der Khamsin-Krieger wieder verschwand, der sie beschützt und ihr ewige Liebe geschworen hatte.
Sie nahm sich noch ein kleines Brötchen und knabberte daran. Rashid ließ sich Tee nachschenken und aß einen zweiten Lebkuchen. Bald waren alle Süßigkeiten aufgegessen, und die Unterhaltung wurde spürbar schleppender. Rashid sah aus, als wollte er schnellstmöglich aufbrechen. Als Badra ihm einen flehenden Blick zuwarf, mischte Kenneth sich zu ihrem Verdruss ein.
»Ich lasse dich von meinem Kutscher zu Lord Smithfield zurückbringen. Badra, du bleibst hier. Ich möchte dir etwas zeigen. Meine Kutsche kann dich später heimfahren.«
Sie staunte über diesen neuen Kenneth, dem es vollkommen natürlich schien, seinen Bediensteten Befehle zu erteilen. Ihr Blick fiel auf seinen Mund, auf die sinnliche Rundung seiner Unterlippe, die sie magisch anzog. Diese Mischung aus Arroganz und höflicher Aufmerksamkeit faszinierte sie, auch wenn sie innerlich zitterte, weil sie ihn hinterging.
Sie stellte ihre Teetasse ab, die in ihrer unruhigen Hand leise klimperte. Kaum dass Rashid gegangen war, beugte Kenneth sich vor, die Hände auf die Knie gestützt.
»Ich habe euch nicht das ganze Haus gezeigt. Es gibt da noch etwas ganz Besonderes, das dir gewiss gefallen wird.«
Mit diesen Worten stand er auf. Badra nahm all ihren Mut zusammen und lächelte. Wie sollte sie die Halskette verstecken, wenn er die ganze Zeit bei ihr war?
Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, stieg er voraus die geschwungene Haupttreppe hinauf. Der Duft von Zitrone und Bienenwachs vermischte sich mit der dezenten Note seines Eau de Cologne. Verstohlen sah sie ihn an. Er war genauso poliert wie die Treppe, und sein schwarzer Siegelring blinkte im Licht.
Wie konnte sie diesen Mann betrügen?
Kenneth ertappte sie und lüpfte fragend eine Braue. »Macht es dich nervös, mit mir allein zu sein, Badra?«
Als er sie prüfend ansah, kam sie vor lauter Nervosität ins Stolpern. Sie fiel nach vorn. Kenneth streckte die Hände nach ihr aus, und dankbar hielt sie sich an seinen starken
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