Leidenschaft des Augenblicks
Haar kurz trug und aus lebhaften blauen Augen in die Ferne blickte. Eine Metallbrille gab ihm den Anschein seriöser Intelligenz, der sich mit einem kraftvoll und entschieden wirkenden, in gewisser Weise militärischem Äußeren verband. Als er sich endlich der Kamera zuwandte, blickte er unbeirrbar in die Linse. Fast mochte man glauben, er könne über die Zuschauer hinaussehen. Die lebhafte Intensität seines Blicks war unleugbar faszinierend, und Jessie fiel ein, daß David gesagt hatte, der Mann besitze ganz zweifellos Charisma.
»Er sieht aus wie einer dieser Fernsehprediger, die einem ewiges Seelenheil versprechen, wenn man ihnen nur die gesamten Ersparnisse überweist«, murmelte Hatch.
»Pssst. Ich habe dir doch gesagt, daß Rick oder Sherry uns bestimmt zuhören.«
»Dr. Bright stimmt in vielen Punkten mit anderen Wissenschaftlern überein. Doch er hat eigene Berechnungen angestellt, die Zahlen in ein selbst entwickeltes Computerprogramm eingegeben und konnte so die klimatologischen Ereignisse der nächsten fünfzig Jahre simulieren. Es bestehen kaum Zweifel, daß die befürchtete Umweltkatastrophe tatsächlich eintreten wird. Dr. Brights Ergebnisse, was die noch verbleibende Zeit angeht, weichen allerdings stark von denen ab, die wir von anderen Wissenschaftlern hören.
Edwin Brights gewissenhaft ausgearbeiteten Programmen und Berechnungen zufolge wird die Katastrophe wesentlich früher über uns hereinbrechen als allgemein angenommen. Alles deutet darauf hin, daß sie bereits in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren eintreten wird.
Auch in Hinsicht auf die Möglichkeiten, die sich uns bieten, die Katastrophe zu überleben, steht Edwin Bright sowohl im Widerspruch zur gängigen Wissenschaft als auch zu den radikalen Umweltschutzorganisationen.«
Edwin Bright blickte direkt in die Kamera und sprach jetzt zum ersten Mal selbst. Seine Stimme klang voll, bedächtig und war von einer geradezu hypnotischen Intensität:
»Technik und Technologie haben uns in diese katastrophale Lage gebracht«, konstatierte Bright, »aber sie sind es auch, die uns retten werden. Ich fürchte, es ist zu spät, jetzt noch mit Erhaltungsmaßnahmen zu beginnen, obwohl viele Gruppierungen uns gerade das einreden wollen. Von Plastiktüten auf Stoffbeutel auszuweichen ist nichts anderes als der Versuch, einen gebrochenen Damm dadurch zu reparieren, daß man ein Pflaster über die lecke Stelle klebt. Wir können nicht in jene primitiven Zeiten zurückkehren, in denen es noch keine Elektrizität und keine Antibiotika gab. Wollten wir das tun, würde es bedeuten, alles zu verleugnen, was uns menschlich macht und was uns auch retten kann: unsere Intelligenz. Ein solcher Rückzug in die Vergangenheit ist undenkbar. Um es ganz offen zu sagen: Es ist zu spät, um in eine Welt zurückzukehren, wie unsere Vorfahren sie erdulden mußten, eine Welt mit geringer Lebenserwartung und regel-mäßigen Hungersnöten. Und um unsere Wirtschaft umzustrukturieren und unsere Lebensgewohnheiten so radikal zu ändern, daß eine Katastrophe verhindert werden kann, bleibt uns nicht mehr genügend Zeit.«
Jessie blickte auf die Tasse, die sie noch in der Hand hielt. »Ich nehme an, diese Philosophie erklärt den Kunststoff. Warum sich die Mühe machen, Naturprodukte zu sparen, wenn der Schaden bereits angerichtet und sowieso keine Zeit mehr ist, sie zu recyceln?«
»Was für eine bequeme Theorie«, murmelte Hatch. »Dürfte eine Menge Leute ansprechen. Er gibt dem Affen kräftig Zucker.«
»Doch es besteht Hoffnung«, fuhr Edwin Bright mit kräftiger, optimistischer Stimme fort. »Und diese Hoffnung liegt in der Arbeit unserer Stiftung, der Dawn's Early Light Foundation. Hier bei DEL gehen wir das Problem wie richtige Amerikaner an, die noch jedes Problem gemeistert haben: mit Hilfe moderner Wissenschaft und Technik sowie dem altbekannten und altbewährten amerikanischen Know-how. Meine Freunde, wir haben bedeutende Fortschritte erzielt. Mit Ihrer Hilfe wird es uns möglich sein, diese wichtige Arbeit fortzusetzen. Doch die Zeit drängt. Ich bitte Sie dringend: Geben Sie uns heute, was Sie entbehren können. Ohne Ihre Hilfe können wir wenig tun. Wenn Sie uns aber unterstützen, können wir die Welt retten.«
Die Kamera entfernte sich langsam, und schließlich erschien auf der Leinwand ein Luftbild der Insel.
»Es mag Sie überraschen zu hören, daß ein Großteil der Technologie, die zur Rettung unserer Erde nötig ist, bereits existiert. Die Arbeit
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