Leidenschaft, die nie vergeht (German Edition)
versuchen, noch ein letztes Mal mit ihr zusammen zu sein, wenn auch nur für ein paar Stunden.
Die Innenstadt von Rocky Creek entlockte ihm ein Staunen. Hier hatte sich nahezu alles verändert! Unzählige neue Geschäfte hatten aufgemacht, überall gab es Straßencafés mit Tischen und Sonnenschirmen. Sogar der Kolonialwarenladen von 1880 hatte ein modernes Outfit bekommen.
Die Metzgerei hingegen war praktisch noch dieselbe, genauso die Bäckerei.
Alles wirkte heller, freundlicher und lebendiger.
Die alte Autowerkstatt am Ende der Hauptstraße war ebenfalls extrem modernisiert worden. Doch das war noch gar nichts gegen die bahnbrechenden Veränderungen, die „Ted Brown’s Lumber Yard“ erfahren hatte.
Sogar umgetauft hatte man die alte Holzhandlung. Auf dem Schild über dem Eingang prangte in kühnen roten Lettern „Brown’s Landscaping and Building Supplies“. Das früher in einem maroden Schuppen untergebrachte Büro befand sich jetzt in einem eleganten neuen Gebäude. Rechts davon lagerten riesige Kies-, Sand- und Mulchhaufen in allen möglichen Variationen. Linkerhand türmten sich Steine in großer Auswahl, Backsteine, Pflastersteine, Bodenplatten, Kacheln, einfach alles, was man sich vorstellen konnte. Und dort, wo man früher bei Regen knöcheltief durch den Schlamm waten musste, gab es heute einen geteerten Platz mit fein säuberlich markierten Parkbuchten. Hinter dem Gebäude lagerte mindestens zweimal so viel Holz wie früher.
Um Nicolas’ Mundwinkel spielte ein trockenes Lächeln, als er den Geländewagen auf dem Parkplatz abstellte. Serina hätte ihn ruhig vorwarnen können. Aber wahrscheinlich freute sie sich diebisch über seine Überraschung.
Plötzlich schoss ihm ein nicht besonders netter Gedanke durch den Kopf.
Womöglich war Rocky Creek ja nicht das einzige, was sich so stark verändert hatte. Immerhin waren seit seinem letzten Besuch hier zehn Jahre ins Land gegangen. Vielleicht gab es ja auch die Serina, an die er sich erinnerte, gar nicht mehr. Vielleicht war sie mollig geworden und hatte ihr schönes Haar der Schere geopfert. Und trug zu allem Überfluss auch noch Jogginganzüge aus Polyester.
„Niemals“, brummte er in sich hinein, während er den Motor abstellte. Serina war nie eine Frau gewesen, die sich gehen ließ, und daran würde sich auch nichts ändern. Sie war eine Perfektionistin, genau wie er selbst. Man brauchte sich nur anzuschauen, was sie aus der alten Holzhandlung gemacht hatte. Eine Frau mit einem so ausgeprägten Geschmackssinn würde immer auf ihre Erscheinung achten.
Erleichtert über diese logische Schlussfolgerung öffnete Nicolas die Fahrertür und prallte fast zurück, als ein Hitzeschwall ins Wageninnere schwappte.
Himmel, was für Temperaturen! Wie hatte er solche Sommer bloß je ertragen können?
Als er die angenehm kühle Eingangshalle betrat, verzog die junge Frau am Empfangstresen das runde Gesicht zu einem freundlichen Lächeln.
„Oh, Sie müssen Mr Dupre sein!“
„Das stimmt, hallo.“
„Hallo! Ich bin Allie. Er ist da, Serina“, rief sie über die Schulter in das offene Büro.
Nicolas trat an den Tresen und schaute in die Richtung, in die Allies Blick wies.
Und da war sie.
Seine Serina. Sie saß an einem großen sonnenüberfluteten Schreibtisch aus Holz.
Ihm blieb fast das Herz stehen, als sie aufstand und quer durch den Raum auf ihn zukam. Ihre Figur hatte sich um keinen Deut verändert. Sie sah noch genauso aus wie bei der Beerdigung seiner Mutter vor zehn Jahren: atemberaubend weiblich und wunderschön.
Heute trug sie kein Schwarz, sondern leuchtende Farben. Ein smaragdgrünes, ärmelloses Kleid mit eckigem Ausschnitt, das am Saum mit großen bunten Blüten bedruckt war. Der breite weiße Gürtel betonte ihre schlanke Taille. Ihr fast schulterlanges Haar schwang bei jeder Bewegung wie ein dunkler glänzender Vorhang über ihren Schultern.
Das einzige, was sich verändert hatte, war ihr Gesicht. Es war das Gesicht einer reifen selbstbewussten Frau, die entschlossen war, sich vom Schicksal nicht unterkriegen zu lassen. Und erst recht, sich von einem Verflossenen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Ihre Augen blickten kühl, während sie auf ihn zukam. Um den Mund herum glaubte Nicolas einen Anflug von Gereiztheit zu entdecken.
„Du bist schneller als ich dachte“, sagte sie.
„Ich konnte es kaum erwarten. Rocky Creek hat sich ja mächtig gemacht. Es ist wirklich wunderschön geworden. Und du bist auch wunderschön“,
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