Leidenschaft in den Highlands
denn die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie würde ersticken! Oder schlimmer noch, lebendig verbrennen.
Verzweifelt bäumte sie sich auf, aber die Massen über ihr drückten sie zu Boden. Es wurde immer heißer. Sie hustete. Vor ihren Augen flirrte alles. Dann wurde es dunkel.
Ewan MacCallen nahm einen kräftigen Schluck Ale und blickte über das weite Land, das im Licht der Morgensonne erstrahlte. Er liebte das kräftige Bier und die schier endlosen Gebirgszüge, deren Anblick er nirgends besser genießen konnte als vom Fenster des Westturms aus.
Ein gutes Bier und eine feurige Schlacht, das war so ziemlich alles, woran sich der Hüne noch erfreuen konnte. Dass er ein Krieger mit Leib und Seele war, bestätigten die zahlreichen Narben, die seinen Körper zierten. Sie stammten aus der Zeit, als sein Vater noch gelebt und den Clan gegen die MacDovers in die Schlacht geführt hatte. Es war eine blutige Zeit gewesen.Viele Männer waren gefallen. Viele waren verletzt worden, und Ewan hätte fast sein Auge verloren. Aber Schweiß und Blut hatten sich ausgezahlt. Sie hatten die Insel erobert.
Seitdem zierte eine unschöne sichelförmige Narbe seine linke Wange. Sie bedeckte die gesamte Gesichtshälfte. Mit der Hand zeichnete er die Form der Narbe nach. Sie fühlte sich eigenartig hart an und war heller als die restliche Haut.
Die Weiber fanden ihn trotzdem attraktiv, zumindest jene, die es auf seinen Geldbeutel abgesehen hatten. Es störte sie nicht, dass er seinen Körper kaum pflegte und sich kaum noch daran erinnerte, wie man ein Rasiermesser benutzte.
Eine kühle Brise strich über sein Gesicht und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die grünen Bens und Glens, die sich prachtvoll vor seinen Augen erstreckten.
Er atmete die gute Luft ein und stieß sie mit einem gedehnten Seufzen wieder aus. Nay, es gab kaum etwas, das mit der Schönheit des Hochlandes vergleichbar war.
Sein Blick glitt zum Himmel, wo schwarze Wolken aufzogen. Spätestens am Abend würde das Unwetter das Hochland erreichen, und dann würde es ungemütlich werden. Nicht, dass es ihn kümmerte.
Vereinzelte Sonnenstrahlen drangen durch die dichte Wolkendecke und durchfluteten den Hof von Stonewall Castle. In der Ferne bemerkte er drei Männer, die sich rasch näherten. Es waren Chieftain Borgas’ Leute. In ihrer Mitte machte er eine Gestalt aus, die sie an einer Ketteführten. Er schätzte, dass der Jüngling nicht älter als 18 Jahre alt war.
Ewan spülte das restliche Ale in einem Zug hinunter. Dann stellte er den Krug auf den kleinen Holztisch, der die Mitte des Raumes zierte, und lief gemächlichen Schrittes zur Tür. Er stieß sie nachlässig mit dem Fuß auf, um sogleich die steinerne Wendeltreppe hinabzusteigen.
Vielleicht handelte es sich um einen dieser verfluchten Schafdiebe, die seit geraumer Zeit ihr Unwesen auf seinen Feldern trieben. Das Blut rauschte in seinen Ohren, als er an Geschwindigkeit zulegte, mehrere Stufen gleichzeitig nahm und schließlich durch das offene Tor auf den Hof gelangte.
Seine Hand wanderte zu dem Dolch, der an seinem Gürtel befestigt war. Der Junge konnte dankbar sein, wenn Ewan ihm lediglich ein Ohr abschnitt und es vor seinen Augen den Hunden zum Fraß vorwarf.
Vielleicht ließ er ihn auch auspeitschen. Schließlich sollte er seine Lektion lernen. Er konnte ihn ebenso gut ins Verlies werfen, bei Wasser und schimmeligem Brot, bis er entschied, ihn wieder ziehen zu lassen. Und in seiner jetzigen Stimmung würde das frühestens im nächsten Herbst der Fall sein.
Die Männer traten zur Seite, als sie Ewan bemerkten, und gaben die Sicht auf ihren Gefangenen frei. Ewans Vorfreude auf die Bestrafung schwand mit einem Schlag. Stattdessen blieb ihm der Atem weg, denn er blickte in zwei große blaue Augen, die ihn furchtlos, nay, geradezu trotzig anstarrten.
Sie besaßen die Farbe klaren Wassers in der Frühlingssonne und waren eingebettet in ein schmales Gesicht mit einem unerwartet herben Kinn und einer ebenso strengen Nase. Es war vollkommen verdreckt, genauso wie die dichten Locken, die in einem kräftigen Goldrot schimmerten und bis zu ihren schmalen Hüften reichten. Der muskulöse Körper und die kleinen Brüste ließen an einen Knaben denken, der erst im Begriff war, ein Mann zu werden. Aber dies war kein Knabe.
Ewan kannte diese Frau! MacBaines Tochter. Sie sah schrecklich aus. Offenbar war sie verwundet und arg entkräftet, denn ihre Beine zitterten vor Anstrengung. Ihr Plaid roch nach verbranntem
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