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Leidenschaft in den Highlands

Leidenschaft in den Highlands

Titel: Leidenschaft in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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danebengegangen. Avery überlegte, ob sie die Kleine einfach allein lassen sollte. Sie wollte sie nicht ängstigen. Andererseits würde sie sich hier oben gewiss erkälten, da es an allen Ecken und Enden durch das Dach regnete. Es wäre besser, wenn sie das Mädchen nach Hause bringen könnte.
    »He, ich tu dir nichts. Du brauchst keine Angst vormir zu haben. Sieh mal, ich habe dein Kätzchen gefunden.«
    Das Mädchen regte sich nicht.
    »Oder fürchtest du dich vor diesem Haudegen? Der ist vor dem Stalltor. Er wird dir nichts tun.«
    Langsam hob sich die Heudecke an, und ein kleines, blasses Gesicht lugte heraus. Das neuerliche Aufzucken eines Blitzes erlaubte Avery einen kurzen Blick auf das Mädchen. Die dunklen Augen, die sie vorsichtig anblickten, kamen ihr vertraut vor, aber sie konnte sie nicht einordnen. Da fiel es ihr ein: Auch die Mundpartie und die Gesichtsform der Kleinen sahen genauso aus wie die von der Frau auf dem Gemälde in ihrem Zimmer. Es musste sich um die Tochter von Lady Elisabeth handeln. Aber wo war diese Frau? Sie hatte sie bisher noch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Ob sie vielleicht auf Reisen war?
    Avery hielt dem Mädchen das Kätzchen vor die Nase, um zu beweisen, dass sie nicht log. »Siehst du, hier ist es. Möchtest du es haben?«
    Die Kleine nickte zögerlich.
    »Willst du nicht herauskommen? Ich glaube, die Halme piksen ganz schön, oder?«
    Die Kleine nickte erneut und machte einen Satz ins Freie, blickte sich aber misstrauisch im Dunkeln um.
    »Aidan ist wirklich nicht hier?«
    »Wer ist Aidan?«
    »Der Mann mit der bösen Stimme.«
    Avery verstand. Ihr Wachhund hieß also Aidan. Gut, dass das endlich geklärt war. Dieser verbohrte Kerl!
    »Mach dir keine Gedanken wegen ihm. Woher kennst du ihn denn?«
    »Ich seh ihn manchmal im Hof. Und er ist immer schlecht gelaunt und böse.« Sie reckte ihre Unterlippe vor, um den Gesichtsausdruck Aidans nachzuahmen. Avery musste über die Ähnlichkeit grinsen.
    »Ich bin Avery. Und wie heißt du?«
    »Vicky«, sagte das Mädchen leise.
    »Du hast vorhin geweint, nicht wahr? Und heute Nacht auch. Ich habe dich gehört.«
    Vicky drückte die Katze fest an sich und schabte mit dem nackten Fuß verlegen am Boden.
    »Warum denn?«
    »Eigentlich möchte ich nicht weinen. Ich bin doch schon groß. Aber das Gewitter macht mir Angst. Es ist laut und unheimlich. Aidan hat mal gesagt, Gott schimpft mit den Menschen. Deswegen grollt und donnert es so fürchterlich.«
    »Oh.« Was für eine schreckliche Geschichte! Kein Wunder, dass Vicky so große Angst vor diesem Aidan hatte.
    »Man weiß nicht so genau, woher die Blitze kommen. Aber Gott ist es sicherlich nicht. Er hat schon lange keine Sintflut mehr über die Welt gesandt. Doch bei dem Unwetter solltest du nicht im Stall spielen. Sieh nur, du bist ganz durchnässt. Wie bist du denn überhaupt hier hereingekommen?«
    »Ich habe einen Geheimgang.«
    »Einen Geheimgang? Wo ist der denn?« Kurz dachte sie an eine Fluchtmöglichkeit, aber dann erinnerte siesich an das Loch in der Stallwand. Das war also Vickys »Geheimgang«. Sie war ja klein genug.
    »Soll ich dich zu deinen Eltern bringen?«
    Sie nieste leise. Dann nickte sie.

    MacCallen gab seinem Pferd die Sporen, bis es in einem wilden Galopp auf Stonewall Castle zupreschte. Normalerweise genügte ein kleiner Ausritt durch das Hochland, um seine Wut zu bändigen. Aber heute war das anders. Ewan MacCallen kochte immer noch innerlich. Und dass er solch ein Tempo zulegte, lag beileibe nicht daran, dass es regnete. An Regen war er gewohnt.
    Er konnte nicht aufhören, an Borgas zu denken. Der Kerl hatte mehr als eine Grenze überschritten. Ein Dorf in Flammen zu setzen war eine Sache. Soweit er wusste, war dabei niemand ums Leben gekommen; lediglich Häuser und Besitz waren zu Schaden gekommen. Heute aber war er eindeutig zu weit gegangen. Ewan konnte es immer noch nicht fassen. Avery zu bedrohen, mit der Absicht, sie zu entehren! Er war mit Borgas und seinen Mannen hart ins Gericht gegangen.
    Borgas war seines Amtes enthoben worden, und der Nachfolger stand bereits fest. Borgas’ ältester Sohn Patrick würde von nun an der neue Chieftain sein. Patrick war ein guter Junge, der Verantwortungsgefühl besaß und Ewan gewiss nicht enttäuschen würde.
    Borgas hatte den Beschluss erstaunlich gefasst aufgenommen, zumal Ewan um der alten Freundschaft willen auf eine weitere Bestrafung verzichtet hatte. Das galt auch für Allistor und Rowan.
    Trotzdem

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