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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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hochbezahlte Jobs bekamen und auch ihre Kinder auf eine angesehene Schule schicken konnten. Wenn sie ernsthaft nachdachte, waren in den letzten Jahren höchstens zwei Prozent der Studenten in ihren Kursen wirklich an dem interessiert gewesen, was sie unterrichtet hatte.
    Aber Sweeney , ermahnte sie sich, was ist nur in dich gefahren?
    Wurde sie langsam zynisch, was das Unterrichten anbelangte? Sie war im Zweifel. An guten Tagen liebte sie ihre Arbeit, diese Momente, wenn ein Student etwas in einem Kunstwerk entdeckte, das ihr selbst zuvor noch nicht aufgefallen war, oder wenn ihr selbst etwas Neues klar wurde, worauf sie der Unterricht gebracht hatte. Im letzten Jahr hatte es nicht viele solcher Momente gegeben. Sie wusste nicht, warum. Es beschlich sie das Gefühl, dass ihre Karriere an der Uni in einer Sackgasse endete. Mit der Zeit wurde immer offensichtlicher, dass sie keinen Job mit Übernahmegarantie und Aufstiegsmöglichkeit zur Professur bekommen würde, auch wenn solche Stellen in den nächsten Jahren geschaffen werden würden. Dann war da noch der auslaufende Mietvertrag, ein weiterer Grund, sich nach einer neuen Stelle umzusehen. Sie hatte bereits einige Angebote von kleineren Colleges in Vermont und Maine bekommen und fand es durchaus reizvoll, in eine Stadt zu ziehen, wo sie niemand kannte, und dort komplett neu anzufangen. Sie hatte bereits ein Bild von sich im Kopf, wie sie vor einem knisternden Kaminfeuer in einer kleinen Holzhütte irgendwo in den Bergen saß, der General vor ihr auf dem
Boden ausgestreckt. In diesem Augenblick erinnerte sie sich daran, dass Ian niemals damit einverstanden wäre, in die ländliche Gegend von New England zu ziehen, und ihr wurde klar, dass ihre Zukunftsvision ihn nicht mit eingeschlossen hatte. Wenn sie und Ian zusammenbleiben wollten, musste sie nach London gehen.
    Also wie stand sie zu London? Es wäre mit Sicherheit nicht das Schlechteste, dort an einem College oder einer Universität einen Neuanfang zu wagen, einer neuen Gruppe von Studenten gegenüberzustehen. Manches wurde an britischen Universitäten anders gehandhabt, und womöglich hätte sie mehr Freiräume, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Sie setzte sich für ein paar Minuten auf eine Bank und hing ihren Tagträumen nach. Schon seit geraumer Zeit verfolgte sie noch eine weitere Fantasie, nämlich die Vorstellung, ihr eigenes Museum zu eröffnen, ein kleines Privatmuseum, dessen Schwerpunkt auf der Grabkunst liegen würde. Seltsamerweise war ihr bis jetzt noch nicht der Gedanke gekommen, dass sie diesen Traum nun tatsächlich verwirklichen könnte, da sie einige der Gemälde ihres Vaters verkauft hatte. Außerdem könnte sie noch weitere Bilder veräußern, wenn sie wollte. Es war schwierig, sich daran zu gewöhnen, dass Geldmangel nicht länger ein Hindernis war, wenn es darum ging, sich ihre Wünsche zu erfüllen. Die Tatsache, dass sich ihr nun zahllose Möglichkeiten eröffneten, war fast schon lähmend. Aber es war natürlich besser, als überhaupt keine Wahl zu haben.
    Sie träumte noch vor sich hin, während sie auf die Protestkundgebung zusteuerte. Diese fand im hinteren Bereich des Hofes statt, und je näher sie kam, desto deutlicher konnte sie eine Lautsprecherstimme und den Jubel der Zuhörer vernehmen. Sie erblickte eine Gruppe von Menschen - die meisten davon weiblich und im Studentenalter -, die Schilder hochhielten. Eine ältere Frau sprach von einem improvisierten Podium zu ihnen. »Aber ihr alle habt es nicht vergessen«, rief sie laut, »denn ihr
seid hier. Und mit eurer Hilfe werden wir sicherstellen, dass die Frauen eurer Generation es niemals vergessen werden.« Sweeney sah Jeanne mit ein paar weiteren Fakultätsmitgliedern neben der Bühne stehen. Die Sprecherin beendete ihre Rede, und die Menge jubelte ihr zu. Jeanne wirkte bekümmert. Sogar als sie lächelte und die Rednerin mit den Händen über dem Kopf beklatschte, war ihr hübsches Gesicht von Sorge gezeichnet.
    Als der Vortrag beendet war, ging Sweeney in Richtung Podium und winkte Jeanne dabei zu. Jene lächelte, als sie die Kollegin erkannte, und bedeutete ihr mit einer Geste, näher zu treten. »Hi, Sweeney, hier sind ein paar Leute, die du unbedingt kennen lernen musst.« Sie führte Sweeney zu zwei jungen Frauen, die sie als Mitglieder der WAWAs vorstellte. Beide waren außerordentlich hübsch mit ihren schlanken Körpern und dem blonden Haar, das in verwuschelten Pferdeschwänzen zurückgebunden war. Als sie mit

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