Leitfaden China
weiterbestehen. Sie gehen nicht auf einen Rückstand des chinesischen Rechts, sondern auf kulturelle Unterschiede im chinesischen und westlichen Rechtsempfinden zurück, die ihrerseits ihre Wurzeln in der Sozialstruktur und -dynamik haben.
In einer Streitfrage dürfte es deshalb in erster Linie einmal wichtig sein, überhaupt bei den Verhandlungen zu bleiben und sie nicht einfach bei Auftreten von Schwierigkeiten aufzugeben. Hier muss allerdings ein wichtiger Unterschied zwischen einer beginnenden Partnerschaft gemacht werden, wo die beste Verhandlungsposition immer noch darin besteht, auch aus dem Geschäft aussteigen zu können. Verhandlungen möglichst nicht abzubrechen gilt vor allem für Verhandlungen in Problemfällen, nachdem eine Partnerschaft schon einige Zeit bestanden hat. Der Schaden, der durch das Begehen des offiziellen Rechtsweges angerichtet wird, ist oft viel grösser, als wenn die sich im Recht befindende Partei eine Konzession an ihre ursprüngliche Forderung gemacht hätte. Zudem beschränkt sich der Schaden oft nicht allein auf materielle Forderungen, sondern schliesst Netzwerkschäden ebenfalls ein. Da meist nicht klar ist, wie gut das Netzwerk ist, können diese Schäden ungeahnte Folgen haben. Oft ist es deshalb in Auseinandersetzungen angeraten, Vernunft vor Recht walten zu lassen – auch dem Geschädigten bringt dies mittel- und längerfristig mehr.
3. Vorbereitungen auf eine Verhandlung mit chinesischen Partnern
Jede Verhandlung sollte im eigenen Interesse gründlich vorbereitet werden. Dies gilt angesichts einer unterschiedlichen kulturellen Ausgangssituation noch viel mehr. Sie legt es beiden Verhandlungspartnern nahe, sich entsprechend gut auf die Verhandlungen vorzubereiten. Während dies auf der chinesischen Seite zu den normalen Gepflogenheiten gehört, scheint dies auf der westlichen Seite weit weniger der Fall zu sein. In manchen Fällen werden bis heute die Hausaufgaben zu Hause nicht oder nur mangelhaft gemacht oder, was noch eher der Fall ist, sie werden in Unkenntnis der Gegenseite vorgenommen.
Auf Grund der Tatsache, dass Asiaten in eine sehr dichte soziale Umgebung hineinwachsen, verfügen sie in einer Verhandlung normalerweise über einen Vorteil. Sie wachsen damit auf, die soziale Umgebung zu beobachten und zu interpretieren, in der Folge dann auch entsprechend zu handeln. Wir verfügen im Westen über weit grössere private Freiräume, dieses Beobachten der Umgebung ist uns nicht gegeben, wir müssen es uns nachträglich erwerben. Wenn wir noch nicht darüber verfügen, gibt es einige Grundregeln, die unbedingt beachtet werden sollten.
Die erste ist die, dass keine Uneinigkeit in der Delegation am Verhandlungstisch nach aussen dringt. Dies bedingt eine saubere Vorbereitung der Verhandlung, mit Instruktionen, welche Positionen zu verteidigen sind und warum. Angesprochen werden sollte auch die chinesische Fähigkeit, Uneinigkeit an kleinsten Details der Körpersprache festzustellen. Jedes Delegationsmitglied muss auf die vorgegebene Verhandlungsposition eingeschworen sein und darf auf keinen Fall abweichende Sichten in irgendeiner Weise zum Ausdruck geben. Dies ist leider sehr viel einfacher gesagt, als in einer Verhandlung dann auch tatsächlich getan.
Auf Grund dieser Vorgabe ist es eigentlich auch angeraten, dass – wie dies auf der chinesischen Seite der Fall sein wird – nur der Verhandlungsleiter selbst das Wort ergreift und Stellung bezieht. Die anderen Delegationsmitglieder hören mit möglichst unbeteiligten Gesichtern mit. Geht es um technische Belange ist es möglich, auch dem Techniker oder Ingenieur zur Erklärung eines besonderen Sachverhaltes einmal das Wort zu erteilen. Er sollte dabei jedoch keine Stellung beziehen, sondern rein neutral einen technischen Sachverhalt erläutern.
Wie bereits im Modell dargestellt ist chinesisches Denken sehr konkret und pragmatisch. Auch dies sollte in Verhandlungen berücksichtigt werden. Die Schilderung von abstrakten Sachverhalten sollte weitgehend vermieden werden. Dafür sollten konkrete Bilder oder Beispiele eine Darstellung möglichst deutlich ausmalen können. In China gilt jemand als gebildet, wenn er möglichst viele klassische Sprichwörter kennt. Diese sind meist aus konkreten Situationen oder klassischen Texten abgeleitet, die viele Leute noch aus der Schulzeit kennen. Sie sind damit für jedermann in ihrer Konkretheit und Bildhaftigkeit sofort verständlich.
4. Auflösung einer Partnerschaft
Die
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